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Fußball
Wettskandal in England weitet sich aus

In England beschränkt sich der Wettskandal keinesfalls nur auf die unteren Spielklassen - wie bisher angenommen wurde. Es wurden in die Manipulation verstrickte Spieler verhaftet, die zum Teil in der zweiten Liga kicken.

Von Jochen Spengler | 09.12.2013
    Bislang glaubte man, dass sich der globale Wettbetrug, hinter dem Paten in Malaysia und Singapur stecken, in England auf die unteren Spielklassen beschränke. Doch diese fromme Hoffnung ist gestern zerstoben, als ein Undercover-Reporter des Boulevardblatts "SUN" Manipulationen aufdeckte. Er hatte sich vor Wochen gegenüber dem Spieler Sam Sodje als Beauftragter der asiatischen Wettmafia ausgegeben und von den Treffen heimlich Videoaufnahmen gemacht. Während eines Drittligasmatchs im Februar war Sodje, der für den FC Portmouth spielte, wegen eines Boxschlags mit Rot vom Platz gestellt worden. Sechs Monate Sperre – 10.000 Pfund Geldstrafe. Es habe sich dennoch gelohnt, sagt Sam Sodje im Video zu dem Reporter: er habe 70.000 Pfund kassiert
    Dann sieht man, wie Sodje 12.500 weitere Pfund abzählt; dafür soll er arrangieren, dass ein Spieler von Oldham Athletic in den letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit eine gelbe Karte bekomme.
    Das aber hat offenbar nicht geklappt. Der mutmaßlich bestochene Christian Montano von Oldham erhielt trotz etlicher Fouls keine gelbe Karte. Einen zweiten Versuch startet der SUN-Reporter sechs Tage später. Er verspricht 30.000 Pfund:
    "Wirst Du in der ersten Hälfte gelb kriegen können?
    Ja. Sollen wir es in der ersten Hälfte machen oder im ganzen Spiel?"
    "Das liegt an Dir, sagt der Reporter. Wenn es im ganzen Spiel sein soll, muss ich mit meinen Jungs reden, dann gibt es andere Tarife. Die erste Hälfte ist für uns besser."
    Der Reporter übergab die Videoaufnahmen an die Nationale Verbrechensagentur NCA. Die Polizei nahm gestern sechs Personen fest. Heute wurde bestätigt, dass einer davon der 32-jährige Stürmer DJ Campbell vom Zweitligaverein Blackburn Rovers ist. Campbell hat früher auch für Clubs der Premier League gekickt, was den Wettskandalen eine neue Dimension gibt. Gegenüber Sky forderte Mark Palios, der frühere Geschäftsführer des Fußballdachverbands FA, die Verantwortlichen auf:
    "Es muss wie in vielen Industrien Informanten leichter gemacht werden, vorzutreten und zu sagen: Hier hat jemand versucht mich zu bestechen, damit ich eine gelbe oder rote Karte kassiere. Darauf müssen sie sich stärker konzentrieren."
    Die Integrität des englischen Fußballs steht auf dem Spiel. Erst letzte Woche waren zwei Fußballer des Sechstligisten FC Whitehawk wegen Manipulation angeklagt worden