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Fußball-WM 2014
Entsetzen und Improvisation

In Brasilien hat die Fußball-Weltmeisterschaft begonnen. Auf eine zähe Eröffnungsfeier folgte eine temperamentvolles Eröffnungsspiel zwischen dem Gastgeber und Kroatien. Nach der Aufregung über das erste Tor dieser WM sorgt eine umstrittene Schiedsrichter-Entscheidung für Empörung.

13.06.2014
    Der erste Treffer bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien: Ein Eigentor des brasilanischen Verteidigers Marcelo im Spiel gegen Kroatien (3:1).
    Der erste Treffer bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien: Ein Eigentor des brasilanischen Verteidigers Marcelo im Spiel gegen Kroatien (3:1). (picture alliance / dpa / Maxppp)
    Mit Feuerwerk und Böllern haben die Fans von Gastgeber Brasilien den erfolgreichen Start in die Fußball-Weltmeisterschaft gefeiert. Die Schlüsselszene beim 3:1-Erfolg über Kroatien in São Paulo erboste Gäste-Trainer Niko Kovac heftig: Der gebürtige Berliner und frühere Bundesligaprofi äußerte sich erzürnt über Schiedsrichter Yuichi Nishimura. Der Japaner hatte nach einem harmlosen Zupfer von Dejan Lovren an Fred zum Entsetzen der Kroaten auf den Elfmeterpunkt gezeigt. Neymar verwandelte zur 2:1-Führung in der 71. Minute.
    Dabei hatte alles so gut angefangen für die Kroaten: Sie führten nach einem Eigentor von Marcelo - das erste Tor dieser WM - in der 11. Minute. Die Zuschauer sahen über weite Strecken ebenbürtige Mannschaften: Kroaten entzauberten mit ihren Kontern den Bilderbuchfußball der Brasilianer - für die hochdotierten Stars ist der Titel Pflicht. In der 29. Minute sorgte Stürmer Neymar für den Ausgleich. In der zweiten Hälfte sorgt erst der umstrittene Elfmeter für das nächste Tor. "Wenn jemand in diesem Stadion gesehen hat, dass das ein Elfmeter war, soll er bitte seine Hand heben", sagte der kroatische Trainer Kovac. Das tat Brasiliens Trainer Luiz Felipe Scolari: "Der Schiedsrichter hat das so gesehen, und ich denke auch, dass es ein Elfmeter war." In der Nachspielzeit sorgte Oscar für die endgültige Entscheidung zum 3:1.
    Heute Abend spielen Mexiko gegen Kamerun (18 Uhr), Spanien gegen die Niederlande (21 Uhr) sowie Chile gegen Australien (24 Uhr).
    Bunte Mischung aus Folklore
    Im Fokus des ersten Tages stand auch die vorangegangene 25-minütige Eröffnungsshow - eine bunte Mischung aus Folklore. Das Zentrum des Spektakels bildete ein riesiger bunter Ball aus 90.000 LED-Lichtern. Er öffnete sich zum Schluss als Bühne für die brasilianische Sängerin Claudia Leitte, die US-Popdiva Jennifer Lopez und den Rapper Pitbull, die das WM-Lied "We Are One" sangen - an deutschen Bildschirmen unter dem Stadionlärm kaum zu verstehen. "Das werden die Spiele der Improvisation", sagte ZDF-Kommentator Béla Réthy, der in São Paulo aufwuchs.
    Ein weiterer Höhepunkt der Eröffnungsshow war der kurze Auftritt eines Querschnittsgelähmten. Er trat mit Hilfe eines roboterartigen Exoskeletts, das er allein über Gehirnsignale steuert, gegen den WM-Ball Brazuca und gab so den ersten symbolischen Anstoß für das Turnier.
    Zum Auftakt Tränengas
    Wenige Minuten vor Anpfiff des Spiels stimmten tausende Zuschauer im Stadion vulgäre Sprechchöre an, in denen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff beschimpft wurde. Ihre Regierung wird kritisiert, weil sie die landesweiten Proteste gewaltsam niederschlägt - so auch beim WM-Start. Die Militärpolizei ging in São Paulo gegen Demonstranten vor: Die Polizisten setzten Blendgranaten, Gummigeschosse und Tränengas gegen etwa 60 Protestierende ein. Es gab mehrere Verletzte. Auch in Rio de Janeiro und in Belo Horizonte gab es Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten. Streikendes Bodenpersonal blockierte kurzzeitig einen Zugang von Rios Flughafen Galeão.
    Ausschreitungen in Sao Paulo vor dem Eröffnungsspiel
    Ausschreitungen in Sao Paulo vor dem Eröffnungsspiel (afp / Laurent Thomet)
    Die Demonstranten werfen der Regierung vor, Milliarden in die Weltmeisterschaft gesteckt zu haben, die eigentlich dringend im Gesundheits-, Bildungs- und Verkehrswesen benötigt würden. Im Oktober muss sich Rousseff bei der Präsidentschaftswahl den Wählern stellen.