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Fußballer Hakim Al-Araibi
Nagelprobe für Menschenrechte

Der Fußballer Hakim Al-Araibi aus Bahrain sitzt immer noch in Thailand in Haft. Sein Heimatland verlangt die Auslieferung, denn er soll sich während des Arabischen Frühlings an Ausschreitungen beteiligt haben. Jetzt schaffen Thailand und Bahrein Fakten - und die FIFA hält sich bedeckt.

Von Robert Kempe | 03.02.2019
    Der Fußballer Hakeem al-Araibi floh nach Australien und erhielt dort politisches Asyl.
    Der Fußballer Hakeem al-Araibi floh nach Australien und erhielt dort politisches Asyl. (dpa/ picture alliance/ AP)
    Eine Demonstration in Sydney am vergangenen Freitag, der Tag des Finales der Asienmeisterschaften. Man will aufmerksam machen auf das Schicksal von Hakeem Al-Araibi. Der ehemalige bahrainische Nationalspieler sitzt derzeit in einem thailändischen Gefängnis in Auslieferungshaft. Ende November wird er bei einer Urlaubsreise nach Thailand festgenommen. Auf Antrag der bahrainischen Behörden. 2014 floh er aus Angst vor Gefängnis und Folter aus Bahrain nach Australien. Ist dort anerkannter Flüchtling.
    Craig Foster, der ehemalige australische Nationalspieler setzt sich für seine Freilassung ein. Vergangene Woche besuchte er Al-Araibi in der Haft. Es gehe um nicht weniger als sein Leben, erklärt Foster: "Wir nennen Hakeem einen politischen Gefangenen des Fußballs. Er ist in einem unglaublichen komplexen Netz von Fußballpolitik gefangen. Darin geht es einzig um Geld, Einfluss und Macht. Er hat gegen Scheich Salman die Stimme erhoben. Der ist Präsident der asiatischen Fußballkonföderation und gehört zur bahrainischen Königsfamilie. Die wollen ihn nun zurück. Der Fußball muss ihm jetzt beistehen."
    Hakim Al-Araibi bei der Ankunft an einem Gericht in Bangkok im Dezember 2018. 
    Hakim Al-Araibi bei der Ankunft an einem Gericht in Bangkok im Dezember 2018. (imago stock&people)
    Scheich Salman bin Ibrahim Al-Khalifa. Oberster Fußballfunktionär Asiens und FIFA-Vizepräsident. Seine Familie regiert Bahrain - eine kleine Insel im persischen Golf - mit eiserner Hand. Rigoros gehen die Al-Khalifas gegen Andersdenkende vor, in den Gefängnissen wird gefoltert, bestätigen Menschenrechtsorganisationen.
    Al-Araibi wird 2012 in Bahrain kurz nach dem arabischen Frühling inhaftiert. Der Vorwurf: Er soll eine Polizeistation angegriffen haben. Doch: Zum Tatzeitpunkt hatte er mit seinem Team ein Ligaspiel, live zu sehen im bahrainischen Fernsehen. Vor Gericht spielte dies keine Rolle, so Al-Araibi im Jahr 2016. Da berichtete er in einem Interview mit dem WDR-Magazin Sport inside, was er nach der Verhaftung erlebte:
    "Sie haben mir drei Stunden hart auf die Beine geschlagen und gesagt: 'Wir werden Dir die Knochen brechen, wir werden Deine Zukunft zerstören. Mit diesen Beinen wirst Du nie wieder Fußball spielen.' Alle zehn Minuten haben sie eine Pause gemacht, damit ich nicht ohnmächtig werde. Ich musste aufstehen. Dann haben sie wieder angefangen. Ich hatte Angst, ich dachte, ich kann nie wieder laufen, sie schlagen mich tot. Die haben sich wie Monster benommen."
    Späte Rache für verlorene Wahl
    In Abwesenheit wird er zu zehn Jahren Haft verurteilt. Seine Geschichte von Folter gegen Fußballer geht um die Welt. Denn zu dieser Zeit - 2016 - will Scheich Salman FIFA-Präsident werden. Obwohl er Al-Araibis Aussagen bestreitet, wird seine Kampagne schwer beschädigt. Die Verhaftung - viele sehen darin die späte Rache für die verlorene Wahl gegen Gianni Infantino.
    In Thailand ging in dieser Woche das offizielle Auslieferungsersuchen der bahrainischen Behörden ein. Am Montag muss Al-Araibi vor Gericht formal erklären, ob er dem nachkommt. Es droht ein langer Gerichtsprozess, sagt Nadthasiri Bergmann die Anwältin Al-Araibis: "Theoretisch kann sich das Verfahren zwei Jahre, im schlimmsten Fall drei Jahre hinziehen, wenn der Fall vor das Berufungsgericht geht. Und wenn das erste Gericht zustimmt, Hakeem nach Bahrain auszuliefern, werden wir mit Sicherheit in Berufung gehen."
    Scheich Salman bin Ibrahim Al-Khalifa und FIFA-Präsident Gianni Infantino.
    Scheich Salman bin Ibrahim Al-Khalifa und FIFA-Präsident Gianni Infantino. (imago sportfotodienst)
    Thailand und Bahrain schaffen Fakten. Und der Fußball? Die FIFA betonte wiederholt schriftlich, dass Al-Araibi nach Australien zurückkehren soll. Doch in Thailand oder bei ihm im Gefängnis war bisher niemand. Und auch FIFA-Präsident Gianni Infantino, der noch am Freitag mit seinem Vizepräsident Scheich Salman den Asienmeister kürte, hält sich bedeckt, kritisiert Craig Foster:
    "Was ist der Wert von Hakims Leben. Ist es weniger wert als meines? Weniger als das von Gianni Infantino? In Australien glauben wir, dass jedes Leben gleich viel wert ist. Wir sagen, das Leben von Hakeem Al-Araibi ist genauso viel wert, wie das von Gianni Infantino. Und es interessiert uns nicht, wer du bist: Ob der FIFA-Präsident oder ein 25-jähriger Flüchtling der für Pascoe Vale in Melbourne spielt. Wir glauben, dass der Fußball beide beschützen muss und wir werden nicht aufhören bis das geschieht."
    Die Zeit läuft gegen Al-Araibi
    Am Montag sprach Foster persönlich bei der FIFA vor. Er drängte auf ein Treffen und forderte, dass der Verband sich endlich stärker einbringe. Das Ergebnis nach mehr als zwei Stunden: "Wir müssen diese Woche einen Fortschritt sehen. Die FIFA will versuchen, nun die Regierungen von Thailand und Bahrain so schnell wie möglich an einen Tisch zu bekommen. Und ich bin mir sicher, dass Ihnen mitgeteilt wird, das ihre Haltungen konträr zu den Menschenrechten von Hakeem Al-Araibi sind."
    Doch ein Treffen mit den Regierungen ist noch nicht terminiert, so die FIFA auf Anfrage. Hakeem Al-Araibi: Sein Schicksal ist die Nagelprobe, wie ernst es der Weltfußball mit Menschenrechten und Werten nimmt. Und die Zeit läuft gegen gegen Hakeem Al-Araibi.