Dienstag, 16. April 2024

Archiv

G36-Affäre
Ministerium widerspricht Manipulationsvorwürfen

Einem Medienbericht zufolge hat das Verteidigungsministerium ein Dokument zum umstrittenen Sturmgewehr G36 manipuliert und einen Textteil mit Lob für das Gewehr unter den Tisch fallen lassen. Doch das Ministerium widerspricht vehement - und hat die entsprechende Passage nun veröffentlicht.

Von Klaus Remme, Hauptstadtstudio | 13.05.2015
    Soldaten bei einer Übung mit dem Gewehr G36.
    Soldaten bei einer Übung mit dem Gewehr G36. (Imago / Stefan M. Prager)
    Wenn sich die Sprecher der Ministerien in Berlin drei Mal in der Woche den Hauptstadtjournalisten stellen, dann warten sie meistens, bis sie gefragt werden. Bei Jens Flosdorff, dem Sprecher von Ursula von der Leyen war das heute anders: "Ich möchte heute Presseberichterstattung in der Bild-Zeitung nicht unkommentiert lassen, in der schwere Vorwürfe gegen die Ministerin und gegen das Ministerium erhoben werden."
    Von der Leyen will das Gewehr bekanntlich ausmustern, politisch entwickelt sich das G36 zum Evergreen. In der Tat klingen die Vorwürfe ernst: "Von der Leyen manipulierte G36-Bericht", so lautet die Schlagzeile. Das Blatt zitiert aus einem Vorwort zum G36-Abschlussbericht. Der Bericht wurde ans Parlament geschickt. Allerdings, so der Vorwurf, ohne das Vorwort. Dies enthalte aber für die Untersuchung wesentliche Einzelheiten, etwa ausdrückliches Lob für das G36, außerdem sei dort die Methodik kritisiert worden, etwa Leistungstests im technischen Grenzbereich.
    Das Verteidigungsministerium kontert
    Das Ministerium hat die Vorwürfe scharf zurückgewiesen. Zunächst formal: Zusammenfassung und Anlagen seien unter den beteiligten Instituten abgestimmt worden, das Vorwort nicht, insofern sei es auch nicht Teil des Berichts und wurde deshalb auch nicht weitergeleitet, so wurde argumentiert. Auch inhaltlich sei die Kritik haltlos. Tatsächlich beschränkt sich das vermeintliche Lob für das Gewehr auf die Aussage, das G36 sei funktions- und betriebssicher.
    Eine Banalität, so Flosdorff heute: "Das sind alles Grundvoraussetzungen für eine Standardwaffe. Und wenn es an diesen Grundvoraussetzungen fehlen würde, müsste man das Gewehr sofort aus dem Betrieb ziehen. Dann könnte man die Soldaten gar nicht mehr damit schießen lassen. Diese Grundvoraussetzungen standen auch nie in Frage, die waren gar nicht Gegenstand der Untersuchung. Da ging es um die Treffsicherheit des G36 in besonderen Situationen."
    Vorgeschmack auf möglichen Untersuchungsausschuss
    Und eben weil es um besondere Situationen geht, Dauerfeuer etwa und hohe Außentemperaturen, wurde das Gewehr im Grenzbereich getestet, wird argumentiert. Das umstrittene Vorwort enthalte keine Aussage, die über den öffentlich bekannten Sachstand hinausgehe, so der Ministeriumssprecher, man habe es inzwischen für alle sichtbar ins Netz gestellt. Die Kontroverse bietet einen kleinen Vorgeschmack auf den möglichen Untersuchungsausschuss zum Thema G36. Aktenberge, widersprüchliche Gutachten, eine über viele Jahre zurückreichende Beschaffungsphase und mitten drin zwei prominente CDU-Minister, denn neben Ursula von der Leyen muss sich auch Amtsvorgänger Thomas de Maizière seit Wochen unangenehme Fragen stellen lassen.
    Die Grünen wollen einen solchen Ausschuss, die SPD auch, die Linkspartei zögert. Sie hat kein Interesse daran, dass die Sozialdemokraten mit dem Ausschuss eine Bühne bekommen, auf der sie sich vom Koalitionspartner absetzen können. Noch bekommen wir alle Unterlagen auch ohne U-Ausschuss, erklärt der Abgeordnete Jan van Aken und sein Parteifreund Alexander Neu sagt dpa, als anti-militaristische Partei habe die Linke begrenztes Interesse an einem Gewehr, dass wegen mangelnder Treffsicherheit ausgemustert werden soll.