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Gabriels Vorstoß
Flexi-Steuer innerhalb der Bundesregierung umstritten

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wirbt mit einem umfangreichen Papier, dem Grünbuch Energieeffizienz, für die sogenannte Flexi-Steuer. Dadurch sollen Preissenkungen bei Öl und Benzin an die Verbraucher weitergegeben werden. Innerhalb der Bundesregierung ist das Grünbuch jedoch umstritten.

Von Nadine Lindner | 16.08.2016
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei einer Pressekonferenz.
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei einer Pressekonferenz. (dpa-Bildfunk / Michael Kappeler)
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, SPD, musste gestern seinen umstrittenen Vorstoß noch mal geraderücken und ging in die Offensive:
    "Wir werden keines der Klimaschutzziele erreichen, wenn wir in der Energie-Effizienz nicht besser werden."
    Vorausgegangen war eine kritische Debatte über einen Vorschlag auf dem sogenannten Grünbuch Energieeffizienz. Die sogenannte Flexi-Steuer, mit der nicht alle Preissenkungen bei Öl an den Verbraucher an den Zapfsäulen weitergegeben werden soll. Kurz, es ist eine Steuer, die immer dann steigt, wenn der Marktpreis fällt.
    "Denn klar ist, dass diese niedrigen Öl- und Gaspreise für fossile Brennstoffe natürlich einen gewissen Gegenwind für Energieeffizienz verursachen", sagt Katharina Dubel, Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Was nicht viel koste, werde mehr verbraucht, das schade der Umwelt.
    "Und wir müssen deshalb sehen, wie wir unseren Energieverbrauch insgesamt verringern und zu einem sparsameren Umgang kommen."
    Dahinter steckt die Haltung des Bundeswirtschaftsministeriums, dass für den Klimaschutz – Zitat – die beste Kilowattstunde diejenige sei, die gar nicht erst verbraucht wird.
    Umweltschädliches Verhalten über den Preis sanktionieren?
    Bislang setzt Deutschland noch sehr auf weiche Lenkungsmechanismen bei der Energieeffizienz wie Information und Förderung von umweltfreundlichen Technologien, sagt Swantje Fiedler vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, dass sich mit einer umweltgerechten Preisbildung befasst. Jetzt sei es Zeit, umweltschädliches Verhalten stärker über den Preis zu sanktionieren, bisher seien die Regelungen unübersichtlich und ineffektiv:
    "Die Steuern sind sehr uneinheitlich ausgestaltet. Die Steuern auf leichtes Heizöl sind sehr niedrig in Deutschland. Und damit haben wir kein richtiges Signal für CO2-Einsparung."
    Das Grünbuch ist ein 36 Seiten langes Papier, das im Bundeswirtschaftsministerium entstanden ist. Kein vorgefertigter Plan, lediglich eine strukturierte Diskussionsgrundlage. Die später Antworten darauf liefern soll, wie Deutschland energieeffizienter werden kann. Das ist notwendig, denn die selbst gesteckten Ziele sind ehrgeizig: Laut Energiekonzept will Deutschland den Verbrauch von Primärenergie bis zum Jahr 2050 halbieren. Um das zu erreichen, das hat das Bundeswirtschaftsministerium selbst in dem Papier festgestellt, reichen die bisherigen Instrumente nicht aus.
    Innerhalb der Bundesregierung ist das Grünbuch jedoch umstritten. Das zeigte sich bei der gestrigen Bundespressekonferenz. Das Umweltministerium signalisierte Zustimmung.
    "Dass wir generell immer über Maßnahmen diskutieren, dass wir offen sind für Maßnahmen, die geeignet sind, den Ressourcenverbrauch zu verringern."
    Schmallippig reagierte dagegen das Finanzministerium, in dessen Zuständigkeit die Steuerpolitik fällt:
    "Wir haben das nur in der Presse gelesen, wir sind in den Diskussionsprozess bisher nicht eingestiegen und haben uns bisher noch nicht daran beteiligt."
    Ablehnung aus dem Bundesverkehrsministerium
    Ein klares Nein kommt aus dem Haus von Alexander Dobrindt:
    "Dazu kann ich vonseiten des Bundesverkehrsministeriums sagen: Wir lehnen das ab, weil es sich um Steuererhöhungen handelt."
    Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag lehnt den Vorschlag der Flexi-Steuer ab. Sie befürchten Wettbewerbsnachteile gegenüber Mitbewerbern aus dem Ausland, die diese Steuern nicht zahlen müssten.
    Der öffentliche Diskussionsprozess, die Konsultation mit Bürgern und Verbänden, läuft seit Freitag noch bis Ende Oktober. Bislang haben sich online – trotz der großen medialen Kritik – nur wenige Bürger daran beteiligt. Unter dem fraglichen Kapitel des Grünbuchs Energieeffizienz befanden sich bis zum Mittag nur zwei Einträge.