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Gamescom
Literatur und Computerspiele nähern sich an

Literatur und Computerspiele? Diese beiden Welten erscheinen auf den ersten Blick vielleicht unvereinbar. Doch dass sich beide Medien einander annähern, war nun auch auf der Gamescom zu spüren, der weltgrößten Spielemesse in Köln.

Von Anja Wölker | 15.08.2014
    Hände spielen an einem Joypad.
    Durch die technischen Entwicklungen des letzten Jahrzehnts können auch Spieleentwickler immer reifere und vielfältigere Geschichten erzählen. (picture alliance / dpa / Foto: Oliver Berg)
    "Die Verbindung zwischen Games und Literatur ist keine zwingende. Es kann aber Begnungen geben und es kann auch ein Profitieren voneinander geschehen. Also Literatur kann Games aufgreifen, strukturell, indem ich meine Kapitel wie Level gestalte oder indem ich über Games erzähle und natürlich können auch literarische Elemente und auch Themen in den Games auftauchen und da eben interaktiv aufgegriffen werden."
    Computerspiele oder "Games", wie Sie Tanja Witting, Pädagogin und Computerspielexpertin, hier nennt, können der Literatur begegnen und sie können voneinander profitieren. Dabei scheinen beide Welten zunächst einmal unvereinbar zu sein. Auf der einen Seite stehen die Computerspiele, fester Bestandteil der Pop- und Jugendkultur und ein populäres Unterhaltungsmedium. Dem gegenüber die Literatur, fest mit Kunst und Bildung verbunden.
    Computerspiele bereichern den Medienkanon
    Doch die beiden Medien nähern sich an. Gerade durch die neuen technischen Entwicklungen des letzten Jahrzehnts können auch die Spieleentwickler immer reifere und vielfältigere Geschichten erzählen. Maximilian Schenk vom Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware erkennt hier das Potenzial von Computerspielen:
    "Computer- und Videospiele bereichern den Medienkanon weil sie das interaktive Moment mit reinbringen, dass eben der Leser plötzlich nicht mehr nur ein passiver Rezipient ist, der gefälligst zu akzeptieren hat, was ihm der Autor präsentiert. Das hat auch seine Berechtigung, ich will das nicht in Frage stellen. Aber es ist eben eine Möglichkeit, in Spielen in Dialog zu treten mit dem Spieler, denn der Spieler schreibt letztlich zusammen mit den Entwicklern des Spiels die Geschichte fort. Der Spieler entscheidet, wann und wie, in welchem Tempo sich die Geschichte entwickelt."
    Die Literatur kann dagegen besonders durch Perspektivwechsel glänzen, auch durch eine erzählerische Vielschichtigkeit. Genau daran fehlt es oft den Computerspielen. Auch wenn es natürlich sowohl in der Literatur, als auch den Computerspielen mal trivialere, mal künstlerischere Produkte gibt.
    Tanja Witting meint, dass der Leser dadurch bereichert werden kann, wenn ein noch intensiveres Erleben ermöglicht wird. Wenn es Computerspiele mit literarischen Mitteln schaffen, beispielsweise Perspektivwechsel interaktiv darzustellen.
    Eine vollkommene Verschmelzung der Medien wird in der nahen Zukunft jedoch nicht stattfinden. Das sagt der Schriftsteller Wladimir Kaminer:
    "Ich möchte nicht sagen, dass Computerspiele in der Zukunft Literatur in irgendeiner Art und Weise ersetzen können. Das ist eine neue Pflanze, auf dem Kulturfeld des menschlichen Verständnis über sich selbst."
    Computerspiele stellen also eine neue Pflanze dar, die zur kulturellen Verwertung benutzt werden kann. Wie sich diese Pflanze in den nächsten Jahrzehnten entwickeln und welche Blüten sie treiben wird, ist unklar. Gewiss ist aber, dass sie weiter wachsen wird und einen neuen Weg des Lesers säumt, sich mit Geschichten und Sachverhalten auseinanderzusetzen.