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Ganz auf Merkels Linie

Soviel Harmonie war nie: Vergessen war auf dem CDU-Parteitag in Hannover die parteiinterne Kritik an Angela Merkels Europolitik, am Atomausstieg oder der Abschaffung der Wehrpflicht. Jedem in der CDU ist klar, dass es 2013 auf die Kanzlerin ankommt.

Von Barbara Roth | 05.12.2012
    Bundeskanzlerin Merkel nach der Wiederwahl beim CDU-Bundesparteitag in Hannover.
    Bundeskanzlerin Merkel nach der Wiederwahl beim CDU-Bundesparteitag in Hannover. (picture alliance / dpa / Jochen Lübke)
    "Guten Morgen."
    "Na, wie heißt Du?" -
    "Nina."
    "Wie alt bist Du?"
    "Ich bin drei!"
    "Hmm."
    "Wie heißt Eure Gruppe?"
    "Marienkäfer."
    "Und wie heißen die anderen Gruppen?"
    "Tausendfüssler, Ameisen … "

    Eine Kita in Hannover. David McAllister ist in die Hocke gegangen - auf Augenhöhe mit Nina, Magnus und Johannes. Wie sie heißen, wie alt sie sind, was sie gerade spielen, will der Ministerpräsident von den Drei-, Vier- und Fünfjährigen wissen. Es ist Wahlkampf in Niedersachsen, da machen sich solche Bilder besonders gut. McAllister stellt für Unternehmen einen Leitfaden zur betrieblichen Kinderbetreuung vor. Denn die Betreuungsangebote im Land sind alles andere als üppig.

    "Die Unternehmen beklagen zu Recht, dass der Fachkräftebedarf eine enorme Herausforderung ist. Und die deutsche Politik muss auch vieles in die Wege leiten, um das Problem beherrschbar zu machen. Wir brauchen einen höheren Anteil von Frauen im Erwerbsleben, einen höheren Anteil von Migranten. Und gerade so eine betriebliche Kita ist natürlich auch sehr attraktiv für ein Unternehmen, was hochqualifizierte Eltern möglichst sofort nach der Geburt des Kindes wieder in den Beruf holen will."

    Im Raum nebenan halten Säuglinge ihren Mittagsschlaf. So mancher Konservativer in der CDU mag den Kopf darüber schütteln. Der zweifache Vater aber hat kein Problem damit, dass hier Babys bereits ab der achten Lebenswoche betreut werden. Während die Mütter - in den Unternehmen in der Nachbarschaft arbeiten. Konservativ oder modern, liberal, sozial oder christlich - bei der Frage nach der Identität seiner Partei verdreht der 41-Jährige die Augen. Es ist schwer geworden zu erklären, wofür die CDU heute noch unumstößlich steht.

    "Ich empfehle meiner Christlich-Demokratischen Union immer, in den Politikfeldern, wo wir stark sind, stark zu bleiben: Wirtschaft, Finanzen, Innere Sicherheit. Aber der Modernisierungsprozess muss weitergehen in der Umweltpolitik, in der Familienpolitik und in der Integrationspolitik. Da haben wir in den letzten Jahren viel erreicht und im Regelfall haben wir die wegweisenden Beschlüsse auch durchgesetzt. Aber wir könnten manchmal auch schneller sein, gesellschaftliche Trends auch aufzugreifen und sie zu unserer eigenen Programmatik dann erklären."

    Der Ministerpräsident kämpft. Sieben Wochen bleiben ihm noch bis zur Landtagswahl. Sein Amt hat er von Christian Wulff nur geerbt. Im Januar muss David McAllister zum ersten Mal eine Wahl gewinnen. Seine Umfragewerte sind sehr gut, seine Chancen jedoch mäßig, denn sein Regierungspartner, die FDP, schafft es in den Umfragen nicht einmal auf fünf Prozent. Bleibt es dabei, droht ihm die Abwahl. McAllister steht also unter enormen Druck. Denn er soll auch für Angela Merkel siegen: Nach den Niederlagen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, nach den verpatzten Oberbürgermeister-Wahlen in Frankfurt, Stuttgart oder Karlsruhe darf nun nicht auch noch Niedersachsen für die Christdemokraten verloren gehen. Schließlich wird nur acht Monate nach der Landtagswahl im September auch im Bund gewählt:

    "Natürlich ist mir bewusst, dass so eine Landtagswahl auch immer eine bundespolitische Bedeutung hat. Wir nehmen das mit der uns eigenen niedersächsischen Gelassenheit, und das Schöne ist, ab dem 21. Januar zieht die mediale Karawane weiter."

    "Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir wünschen uns einen erfolgreichen 25. Parteitag der CDU Deutschland …"

    Keine 24 Stunden nach dem Kitabesuch schlüpft McAllister in die Rolle des Tagungspräsidenten. Als Gastgeber leitet der Niedersachse auf dem Bundesparteitag die Sitzungen. Rückenwind für die heiße Wahlkampfphase erhofft er sich. Vor allem aber will er sich im Glanz sonnen, den die Parteivorsitzende nach Hannover trägt.

    "Liebe Angela Merkel, Du bist mit Deiner CDU Deutschland in einem Bundesland, wo die Stimmung von Woche zu Woche besser wird. Und die Gesichter bei den Roten und Grünen immer länger. Wir wollen am 20. Januar gewinnen."

    Seine Fans strecken Plakate in die Höhe. "I am a Mäc", ist darauf zu lesen. Angela Merkel lächelt ihren Musterschüler an – freundlich, huldvoll.

    "Wir sind auch deshalb so gut drauf in Niedersachsen, weil uns der Rückenwind aus Berlin trägt. In alles andere als einfachen Zeiten in Europa sind Deutschland und unsere Volkswirtschaft stark und stabil. Das ist ein Riesenerfolg. Das ist ein Erfolg unserer Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden. Liebe Angela Merkel, wir sagen Danke und wir stehen wie eine Eins hinter Dir."

    Die Bundeskanzlerin trägt schwarz an diesem Tag. Schwarz ist die Farbe der Partei. Ihre Farbe, denn Merkel ist die CDU. Die Quereinsteigerin aus dem Osten - von Koch, Wulff und Müller, den einstigen starken Männern der Partei - als Übergangsphänomen belächelt - stellt sich bereits zum siebten Mal zur Vorsitzenden-Wahl. Ein weiteres, ein drittes Mal wird sie die CDU als Spitzenkandidatin in den Bundestagswahlkampf führen. Wie David McAllister will auch die Regierungschefin 2013 an der Macht bleiben. Wie er hat sie persönlich auch Spitzen-Umfragewerte. Wie bei ihm schwächelt auch bei ihr die FDP.

    "Nun lebe ich auch nicht abgehoben auf einem anderen Stern. Auch mir hat eine Satiresendung schon ein Mal richtig aus der Seele gesprochen als es dort hieß, Gott hat die FDP vielleicht nur erschaffen, um uns zu prüfen."

    Gelächter in der Messehalle. Der Seitenhieb auf den schwächelnden Koalitionspartner sitzt. Ihr Bekenntnis zu Schwarz-Gelb leicht vergiftet. Schwarz-Grün oder Große Koalition? Alternativen nach der Bundestagswahl - für die Kanzlerin kein Thema. Auch der Name ihres SPD-Kontrahenten kommt ihr nicht über die Lippen. Stattdessen zieht sie Bilanz. Glanz- und emotionslos – aber selbstbewusst.

    "Wir leben in turbulenten Zeiten: die europäische Staatsschuldenkrise, die Umsetzung der Energiewende, der demografische Wandel – beinahe jede dieser Herausforderungen für sich allein genommen, reichte eigentlich für eine ganze Legislaturperiode. Ja, liebe Freunde, es sind turbulente Zeiten und manchmal befinden wir uns sogar in schwerer, stürmischer See. Aber es ist die CDU Deutschland, die unser Land durch See und das mit klarem Kompass sicher führt und steuert."

    Es ist eine staatstragende Rede. Die CDU ist für alle da, lautet die Botschaft – von ihr fast leidenschaftslos vorgetragen. Den Nerv der rund tausend Delegierten trifft Merkel trotzdem. Denn jedem in der CDU ist klar: Es kommt auf die Kanzlerin an.

    "Ich glaube, das war eine eindeutige Kanzlerinnenrede.
    Das hat mir sehr gut gefallen."
    "Wir haben, glaube ich, in der CDU eine Tradition, dass wir einen starken Vorsitzenden haben."
    "Und wir haben nächstes Jahr Bundestagwahlen mit einer mit Sicherheit auf Angela Merkel zugeschnittene Kampagne."
    "Und wir wären gut beraten, es zu tun, weil die Bundeskanzlerin beliebt ist und sie in den Augen der Menschen die höchste Kompetenz hat."
    "Sie ist für uns auch, für uns Frauen, ein Aushängeschild."
    "Weil sie sehr gute Arbeit macht und ich denke, wir werden sie auch in den kommenden Jahren brauchen an der Spitze der Union."

    Soviel Harmonie war nie. Vergessen die parteiinterne Kritik an ihrer Euro-Politik, an der milliardenschweren Griechenland-Rettung. Vergessen der Aufschrei ihres Modernisierungskurses wegen – Atomausstieg, Abschaffung der Wehrpflicht, das Hin und Her in der Steuerpolitik. Die Kanzlerin ist 2013 der wichtigste - aus Sicht mancher sogar der einzige - Trumpf der CDU im Wahlkampf. Die Delegierten in Hannover beschädigen ihn nicht. Ortswechsel:

    "Wir freuen uns über den zahlreichen Besuch."

    Stühle rücken in einem Vereinsheim in Waldenburg, eine idyllisch gelegene Kleinstadt im Norden von Baden-Württemberg. Hier ist die Welt noch in Ordnung – jedenfalls aus Sicht der CDU. Während im Ländle Grün-Rot regiert und im rund 70 Kilometer entfernten Stuttgart demnächst ein grüner Oberbürgermeister ins Rathaus zieht, ist der Bundestagswahlkreis Schwäbisch Hall – Hohenlohe seit Jahrzehnten fest in christdemokratischer Hand. Christian von Stetten hat hier seit 2005 ein Direktmandat inne. Der CDU-Bundestagsabgeordnete vor ihm war sein Vater.

    "Die CDU muss sich um die Leute kümmern, wir versuchen das hier in den ländlichen Wahlkreisen. Dort sind auch die Wahlergebnisse noch in Ordnung. Aber auch in meinem Wahlkreis haben wir natürlich mit 20 Prozent eine relativ starke grüne Basis, was aber kein Problem ist, es ist der Wertstreit der demokratischen Parteien."

    Zum dritten Mal tritt der 42-Jährige im kommenden Herbst für den Bundestag an. Seine Wahlergebnisse können sich mit weit über 40 Prozent der Erststimmen sehen lassen, doch auch dem Adelspross macht die grüne Konkurrenz vor Ort zu schaffen. Auch deshalb kümmert er sich intensiv um potenzielle Wähler. An die 50 Zuhörer haben sich an diesem Abend in der Gaststätte versammelt. Es sind Mitglieder von Sport- und Musikvereinen, die sich für sein – Zitat - "Gemeinnützigkeits-Entbürokratisierungs-Gesetz" interessieren.

    "Wer hat diesen saudummen und furchtbaren Namen erfunden?"

    "Wir haben es jetzt im Bundestag eingebracht. Das heißt aber gar nichts. Es heißt im Prinzip nur, da gibt es drei, vier Leute, die haben eine Idee und die haben ein paar Sachen zusammengeschrieben. Aber jetzt geht die eigentliche Arbeit erst los. Und deswegen sind wir auch da. Wir wollen heute mit Ihnen diskutieren über Punkte, die sie noch zusätzlich rein haben wollen. Und das fängt beim Namen an, ja."

    Eigentlich ist es ein Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts, es regelt Übungsleiterpauschalen und die Haftung der Trainer. Im Bundestag ist er dafür Berichterstatter. Handfeste praktische Politik nennt es von Stetten. Er trägt schwarzen Rolli zum schwarzen Anzug und spricht mit den Leuten im örtlichen Dialekt. Obwohl er fürs Betreuungsgeld stimmte und gegen eine starre Frauenquote ist, als einen Konservativen sieht sich der junge Christdemokrat vom Land nicht.

    "Ich halte mich für einen modernen Abgeordneten, der erstens aufgeschlossen ist und auf die Leute zugeht. Und dann entscheidet, was ist in der jetzigen Situation genau das Richtige. Das heißt, das Notwendige für die Bürger tun, aber nicht die Fahne nach dem Wind wehen. Aber ich war der erste, der im Landkreis ein Elektrofahrzeug angemeldet hat, wir werden unsere Ortschaft völlig autark hinkriegen mit erneuerbaren Energien, mit Holzschnitzelanlage. Wir werden uns komplett abnetzen können von den öffentlichen Netzen. Aber deswegen bin ich kein Grüner, sondern ein Vernünftiger."

    Ein Pragmatiker – Generation Merkel eben. Seinen Vater konnte man noch leichter einordnen. Wolfgang von Stetten war ein Bilderbuch-Konservativer vom flachen Land, der im Bundestag beispielsweise gegen den Straftatbestand Vergewaltigung in der Ehe stimmte. Dem Junior gefällt dieses Schubladen-Denken nicht. Deshalb bleibt er auch dem "Berliner Kreis" der Konservativen fern. Er ist Betriebswirt und legt sich als mächtiger Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand auch schon mal mit Bundeskanzlerin und Finanzminister an. Etwa als die Griechenlandhilfen zur Debatte standen, stimmte Christian von Stetten im Bundestag mehrmals dagegen.

    "Weil mir klar war, dass Griechenland, so wie die Zahlen angelegt waren, es einfach nicht hinkriegt. Und auch die Entschuldungsproblematik schlimmer ist, als wir denken. Auch wenn es der Kanzlerin und dem Finanzminister nicht gefällt."

    Karriereförderlich ist es natürlich nicht, in Opposition zur mächtigen Kanzlerin zu gehen. Einen Staatssekretärsposten in der nächsten Regierung kann er jetzt wohl erst einmal vergessen. Und trotzdem bekam die Parteivorsitzende vom Delegierten von Stetten auf dem Bundesparteitag seine Stimme – mangels Alternative.

    "Sie war authentisch. Das, was man von ihr erwartet hat, hat sie auch rübergebracht. Und ich bin mir auch sicher, dass sie ein sehr gutes Wahlergebnis erzielen wird."

    "Ich gebe das Ergebnis zur Wahl der Parteivorsitzenden bekannt. Es wurden abgegeben für Dr. Angela Merkel 903 Stimmen, das sind 97,94 Prozent."

    Ein Raunen geht durch die Reihen. Jubelschreie. Dann Applaus, Blumen, standing ovations – minutenlang. Die 58-Jährige ist auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Nur Helmut Kohl schnitt mit 98,5 Prozent im Jahr der Wiedervereinigung noch besser ab. Nun steht Kohls Mädchen unangefochten an der Spitze – seit zwölf Jahre an der der Partei, seit sieben Jahre im Bundeskanzleramt. Selbst Angela Merkel ist baff.

    "Ich wollte noch sagen, wer mich kennt, weiß: ich bin echt platt und bewegt. Und möchte mich ganz herzlich bedanken für das Vertrauen. Und dann würde ich sagen, jetzt geht es dann zusammen mit denen, die noch gewählt werden, ran an den Speck. Wir haben viel vor. Alles Gute."

    Angela Merkel – die mächtigste Frau in Europa. Die mächtigste Frau in Deutschland. Die mächtigste Frau in der CDU. Kritik an der Krisenkanzlerin? Fehlanzeige. Es gibt natürlich Wortmeldungen nach ihrer gut einstündigen Rede. Es gibt viel Lob, von Geschlossenheit und Wahlkampfstrategien ist die Rede. Doch Kritik am Rednerpult auch offen aussprechen, das trauen sich nur wenige. Georg Milbradt, ehemals sächsischer Ministerpräsident, ist mutig. Er redet über die Eurokrise, eigentlich ein Thema, das viele bewegt. Er redet zehn Minuten lang. Nicht ein einziges Mal wird applaudiert.

    "Ich bin anderer Ansicht, was die Beurteilung der Eurokrise anbelangt. Zu viel ist mir in den letzten drei Jahren angekündigt worden, zu viele rote Linien sind definiert worden, die überschritten worden sind. Wir müssen dem Bürger die Wahrheit sagen, über das was bisher schon an Verlusten in der Eurozone entstanden ist. Ich möchte gern für Europa sein, ich bin auch bereit, dafür zu zahlen. Ich erwarte aber und bitte sie ganz herzlich, auch über den Plan B nachzudenken, was passiert, wenn es nicht funktioniert, damit wir nicht alternativlos dastehen."

    Angela Merkel reagiert mit keinem Wort. Sie hört Milbradt geduldig zu – mehr nicht. Eugen Alber aus Baden-Württemberg ergeht es ähnlich. Dabei spricht der ältere Herr aus, was viele im Saal nach der Serie verlorener Landtags- und Oberbürgermeisterwahlen denken.

    "Warum laufen uns so viele Wähler weg? Wir haben sehr viele verlorene Wahlen hinter uns. Und da fragen sich die Bürger, für welche Politik steht die CDU, das ist nicht mehr klar erkennbar."

    Großstadtpartei oder ländlicher Mief. Trifft die CDU in den Städten überhaupt noch das Lebensgefühl? Oder verprellt sie mit ihrem Modernisierungskurs ihre Stammwähler-Klientel auf dem flachen Land? Antworten werden auf dem Parteitag gesucht. Weniger im Plenarsaal, eher draußen auf den Gängen. Philipp Missfelder, Vorsitzender der Jungen Union, sagt, dass es keine Patentrezepte gebe.

    "Die CDU hat in den Großstädten Probleme. Aber wir sollten mehr darüber nachdenken, wie wir im Hochstift von Paderborn vielleicht von 50 auf 70 Prozent kommen; als dass wir darüber diskutieren wie wir am Prenzlauer Berg am Rosentaler Platz von 4,2 Prozent auf fünf Prozent kommen."

    Horst Seehofer: "Wenn Horst Seehofer in seinem Übermut keine Fehler macht, könnte die CSU der Union am Wahltag den entscheidenden Schub verleihen.
    Und deshalb sind wir fest entschlossen, dass wir in den nächsten Monaten ein schnurrendes Kätzchen sind und kein brüllender Löwe."

    Horst Seehofer macht in Hannover seine Aufwartung. Selbst der CSU-Chef ordnet sich der Kanzlerin unter. Heute jedenfalls. Wer ihn kennt weiß, schon morgen muss das nicht mehr gelten. Doch Angela Merkel kann zufrieden sein. Der Bundesparteitag endet harmonisch. Und alle strittigen Themen sind im Grunde nur Nebengeräusche. Die Rententräume der Frauen-Union – mehr Rente für ältere Mütter - Merkel verspricht, sich zu darum kümmern. Der Mangel an Frauen in Vorstandsetagen - Merkel sagt, sie sei ungeduldig. Will es aber bei der flexiblen Frauen-Quote belassen.

    Derweil in der Vorhalle des Plenums eine Premiere – im Ausstellungsbereich etwas versteckt schräg hinter dem Stand der Weight Watchers und mit Abstand zur Senioren-Union – präsentiert sich der LSU. Die Lesben- und Schwulen-Union der CDU.

    "Klar, es sind Vorurteile da. Aber dafür stehen wir ja auch hier. Wir werden sehen, was dabei rauskommt. Und sind einfach erst mal damit zufrieden, dass das Thema intensiv diskutiert wird."

    Sagt Carsten Sura. Ein junger Mann im dunklen Anzug, schwul und seit Jahren Mitglied der CDU. Eine Lobby für Schwule und Lesben im Zentrum der christdemokratisch-konservativen Partei - das wirft wieder Fragen auf nach der Identität der Union. Homosexuelle Paare steuerlich gleichstellen mit der traditionellen Ehe – ja oder nein. Ein Richtungsstreit. Ein schwieriges Thema vor allem für die Konservativen.

    "Gott hat uns Menschen geschaffen als Frau und Mann. Und glaube daran, dass er sich dabei etwas gedacht hat. Die Ehe ist ein Sakrament. Bleiben wir dabei, dass Ehe und Familie für unsere Gesellschaft und darüber hinaus für den Fortbestand der Menschheit etwas ganz besonderes ist."

    Eine knappe Stunde lang wird ernsthaft diskutiert, aber nicht gestritten. Um es vorwegzunehmen - Am Ende wird die steuerliche Gleichstellung abgeschmettert. Die Unterlegenen nehmen es gelassen, denn im kommenden Jahr urteilt das Bundesverfassungsgericht. Spätestens dann muss die CDU reagieren.

    "Denn dort haben zwei Menschen, die sich lieben und die dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen wollen. Ich finde, dass sind zutiefst konservative Werte, meine Damen und Herren."

    Für Angela Merkel endet ein gelungener Parteitag. Nach Kohls Vorbild hat sie sich die CDU untertan gemacht. Alle Nebenbuhler zur Seite geschoben. Alle Getreuen um sich versammelt. Starkes Deutschland. Chance für alle – lautet am Bühnenhintergrund zwar der Slogan des Treffens in Hannover. Aber in Wirklichkeit hat die CDU nur mit Angela Merkel eine Chance. Und das weiß die Partie. Ein ernstzunehmender Rivale traut sich nicht auf die Bühne. Vielleicht wird eines Tages David McAllister dorthin gedrängt. Doch zuvor muss er im Januar in Niedersachsen erst mal die Landtagswahl gewinnen.

    "Machen wir das Jahr 2013 zum Jahr unserer Christlich Demokratischen Union und ich schließe mit Konrad Adenauer: Wahlkampf macht Spaß, man muss nur gewinnen."