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Gauck-Äußerungen
Linkspartei empört über Kritik

Bundespräsident Joachim Gauck steht nach seinen Äußerungen zur Linkspartei in der Kritik. Die Chefin der Bundespartei, Kipping, und Fraktionschef Gysi mahnten ihn, sich nicht in die Parteipolitik einzumischen. Doch von anderer Seite bekommt Gauck auch Unterstützung.

02.11.2014
    Bundespräsident Joachim Gauck im März 2012 zusammen mit Linken-Fraktionschef Gregor Gysi.
    Im März 2012 hatte sich Bundespräsident Joachim Gauck vor seiner Wahl zum Staatsoberhaupt auch bei der Linkspartei vorgestellt. (picture alliance / dpa / Soeren Stache)
    Nach dem Interview mit den kritischen Äußerungen des Bundespräsidenten ist die Debatte über die Linkspartei und ihren Bezug zur DDR-Vergangenheit erneut entbrannt. Gauck hatte in dem ARD-Interview erklärt, die mögliche Wahl des Linken-Politikers Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten in Thüringen veranlasse ihn zum Nachdenken. "Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren", so der Bundespräsident. Ihm stelle sich die Frage, ob die Linke sich schon ausreichend von der SED distanziert habe, dass man ihr voll vertrauen könne. Es gebe Teile in der Partei, mit denen er Probleme habe, "dieses Vertrauen zu entwickeln", sagte Gauck. Gleichzeitig sei das Wahlergebnis in Thüringen aber zu respektieren.
    Kipping: "Das gehört sich nicht"
    Scharfe Kritik kam nun von Linken-Bundeschefin Katja Kipping. "Ein Präsident muss seine Worte sehr wägen", sagte sie der "Bild am Sonntag". Aus ihrer Sicht hat sich Gauck mit seinen Äußerungen keinen Gefallen getan. Sie warnte ihn davor, Parteipolitik zu betreiben, sonst würde seine Autorität beschädigt. "So etwas gehört sich für einen Präsidenten nicht", sagte Kipping weiter. Und bekam in diesem Punkt auch prominente SPD-Unterstützung von Parteivize Ralf Stegner, der sich gegenüber dem "Tagesspiegel" ähnlich äußerte.
    Linken-Fraktionschef Gregor Gysi kann außerdem die Äußerungen Gaucks nicht nachvollziehen. Wenn der Bundespräsident kein Vertrauen in die Partei habe, wieso habe er dann vor seiner Wahl zum Staatsoberhaupt bei der Linksfraktion um deren Unterstützung gebeten, schrieb er auf Twitter.
    Der mögliche neue thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow reagierte zurückhaltend. Er werde die Äußerungen des Bundespräsidenten nicht kommentieren, allerdings wundere er sich, dass ein Pastor und Seelsorger wie Gauck solche Aussagen über einen anderen Christen mache. Die Linken-Landeschefin in Thüringen, Susanne Hennig-Wellsow, sagte zu der Diskussion, dass Gauck Meinungsfreiheit genieße, wie alle anderen auch.
    Özdemir äußert Verständnis
    Unterstützung bekommt Gauck dagegen aus den Reihen der Grünen. Parteichef Cem Özdemir sagte "süddeutsche.de", dass der Bundespräsident nur das gesagt habe, was viele dächten, die das Unrecht in der DDR noch am eigenen Leib erfahren hätten. Nach Özdemirs Einschätzung hat das nichts mit Parteipolitik zu tun, sondern diese Bedenken "sollte man ernst nehmen".
    Schon gestern hatte Gauck Rückendeckung vom Beauftragten für Stasiunterlagen, Roland Jahn, bekommen. Er teilte in der "Lausitzer Rundschau" Özdemirs Auffassung, dass sich Opfer der SED-Diktatur verletzt fühlten, wenn ein Linkenpolitiker Thüringen regiere.
    (pr/bor)