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Gazastreifen
Keine Verhandlungen, kein Flughafen

Er sollte ein Symbol der palästinensischen Souveränität sein: Der Flughafen in Rafah, der im Dezember 1998 eröffnet wurde. Nach mehreren Kriegen mit Israel ist der Gaza International Airport nur noch ein Gerippe, die Rollbahnen sind völlig zerbombt. Ein Wiederaufbau scheint kaum wahrscheinlich.

Von Torsten Teichmann | 24.11.2014
    Eine palästinensischer Junge läuft durch die Trümmer des ehemaligen internationalen Flughafens im Gazastreifen.
    Nach mehreren Kriegen zwischen Palästinensern und Israelis liegt der internationale Flughafen im Gazastreifen in Trümmern. (AFP / Thomas Coex)
    Als Pilot konnte er abheben. Doch seit Ende des Flugbetriebs in Gaza bleibt auch der Chef der Luftfahrtbehörde am Boden. Immerhin: Salman Abu Halib wohnt im sechsten Stock eines Wohnturms hoch über Gaza-Stadt. Der Lift nach oben fährt zu jeder vollen Stunde – sonst nicht. Es fehlt der Strom.
    Im Wohnzimmer der Familie hängt ein besonderes Foto. Abu Halib bei der Eröffnung des einzigen palästinensischen Flughafens - in Rafah, im Dezember 1998. Er trägt einen dunklen Anzug:
    "Das Gefühl lässt sich kaum beschreiben. Als Palästinenser, auf palästinensischem Boden einen eigenen Flughafen zu haben, eigene Flugzeuge, eigene Piloten, eigenes Bodenpersonal. Das ist ein Symbol der palästinensischen Souveränität."
    In dieser Woche wollten Israelis und Palästinenser die Gespräche über einen Waffenstillstand für den Gazastreifen wieder aufnehmen. Also auch die Beratungen über die palästinensische Forderung nach einem Wiederaufbau des Flughafens. Doch nicht einmal der Vermittler, Ägypten, zeigt derzeit Interesse.
    "Zu den entlegensten Orten der Welt reisen"
    Ganz anders war die Stimmung vor 16 Jahren. Zur Eröffnungsfeier landet US-Präsident Bill Clinton mit seiner Frau Hillary in Rafah. Der Präsident umreißt eine rosige Zukunft:
    "Eine Zukunft, in der Palästinenser direkt zu den entlegensten Orten der Welt reisen können. Eine Zukunft, in der es einfach wird, Material, Technologie und Fachwissen nach Gaza zu bringen und aus Gaza heraus."
    Von dem Versprechen ist in Rafah nichts mehr zu sehen. Während bei früheren Besuchen immerhin noch die Landebahn und das Vorfeld zu erkennen waren, ist der schwarze Belag nach mehreren Kriegen mit Israel völlig zerbombt. Das Flughafengebäude ist nur noch ein Gerippe.
    Dabei hatte Israel den Palästinensern die zivile Luftfahrt bereits im Gaza-Jericho-Abkommen 1994 zugestanden, sagt Behördenchef Abu Halib.
    "Im Abkommen gibt es einen Paragrafen, der besagt, dass die Palästinensische Autonomie das Recht hat, Flughäfen zu bauen. Für Flüge ins Ausland und innerhalb des palästinensischen Gebiets."
    Die Flotte besteht aus zwei Fokker 50 und einer Boeing 727
    Deutsche, Spanier und Ägypter geben Geld für den ersten Airport. Eine Fluglinie wird gegründet, Palestinian Airlines. Die Flotte besteht aus zwei Fokker 50 – ein Geschenk der Niederlande und einer Boeing 727 - ein Geschenk des saudischen Investors Prince Walid.
    Die ersten Flugziele sind die Türkei, Griechenland und Russland. Palestine fliegt an jedem Tag im Jahr - mit Ausnahme des jüdischen Feiertags Yom Kippur. Denn Israel ist für die Flugsicherung verantwortlich.
    Zwei Jahre später ist Schluss - mit Ausbruch der zweiten Intifada, des Aufstands der Palästinenser gegen die israelische Besatzung. Seitdem ist in Rafah niemand mehr bereit für Take-off und Landing.
    Der Flughafen trägt bis heute das internationale Kürzel GZA. Und Salman Abu Halib will nicht aufgeben, von einem kleinen Neuanfang mit neuen Flugzeugen zu träumen.
    "Die Dash 8, die reicht auch für Europa. Türkei, Ägypten. Ein Airbus 320 ist auch komfortabel für den Transport von Pilgern."
    Es wäre ein Neuanfang für die Palästinenser, aber auch für Ägypter und Israelis. Und so wird der Flughafen zu einem Gradmesser. Ist es möglich, den Gazastreifen wieder aufzubauen? Derzeit ist die Antwort darauf eindeutig: Es ist nicht möglich.