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Gebäudesanierung
So ist Wärmedämmung sinnvoll

Die Wärmedämmung ganzer Gebäude ist in Verruf gekommen. Kritiker sprechen gar von "Volksverdämmung". Sinnvoll und gezielt eingesetzt, kann man mit Dämmung aber Energie und Geld sparen.

So ist Wärmedämmung sinnvoll | 03.12.2014
    Die Fassade eines Wohnhauses - aufgenommen mit einer Wärmebildkamera.
    Hier ist Potenzial zu sparen: Die Fassade eines Wohnhauses - aufgenommen mit einer Wärmebildkamera. (picture-alliance/dpa - Greenpeace)
    Das Heizen von Gebäuden und die Warmwasserversorgung machen zurzeit etwa 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus. Sanierungsmaßnahmen können helfen, Energie einzusparen. Bevor jedoch ein Haus durch Wärmedämmung von außen energetisch saniert wird, sollte vor allem die Heizungsanlage überprüft werden, erklärt Dieter Blümmel vom Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine, Haus und Grund Berlin:
    "Wann immer eine Heizung älter als 20 Jahre ist, sollte man sich das überlegen. Meistens rechnet sich das auch in einem überschaubaren Zeitraum und vor der Heizung gibt es noch ein paar Dinge, die man beherzigen sollte. Also, was sich immer lohnt, ist Dämmung der obersten Geschossdecke, Dämmung der Kellerdecke, Dämmung, das ist schon lange vorgeschrieben, der Rohre für Warmwasser im Keller, dort geht eine Menge an Heizung verloren."
    Fassadendämmung erst am Ende sinnvoll
    Erst nach all diesen Maßnahmen, wenn von der Außenfassade der Putz bröckelt, stellt sich die Frage nach sogenannten Wärmeverbundsystemen. Der preiswerteste und deshalb meist verbaute Dämmstoff Polystyrol, besser bekannt als Styropor, ist unter Experten höchst umstritten. Das Material ist brennbar und wird deshalb in der Regel mit giftigem Flammschutzmittel behandelt. Dazu kommt, dass Chemikalien, die eigentlich verhindern sollen, dass sich auf dem Styropor Algen bilden, mit dem Regen ausgewaschen und ins Grundwasser gespült werden können. Ein weiterer Nachteil ist die aufwendige Entsorgung nach gerade einmal 30 Jahren Einsatz.
    Polystyrol, also ein vor allem billiger Dämmstoff mit vielen Nachteilen. Das bestätigt auch das Umweltbundesamt. Die Umweltexperten dort empfehlen seit Jahren zahlreiche Alternativen. Dämmstoffe aus Mineralwolle, Schaumglas oder Blähton würden genauso gut isolieren wie Dämmplatten aus Holzspänen, Zellulose oder Hanf, meint auch Dieter Blümmel von Haus und Grund.
    "Das gibt es alles. Es gibt eine große Palette an natürlichen Dämmstoffen, die auch ihren Dienst tun."
    Derzeit liegt die jährliche Sanierungsrate in Deutschland bei gerade einmal einem Prozent. Um die politischen Vorgaben beim Klimaschutz zu erfüllen, müsste die Quote bei mindestens zweieinhalb Prozent liegen.
    "Dazu müssen wir also die Fördermittel, in welcher Form auch immer, ob als Zuschüsse oder als steuerliche Erleichterung, mindestens verdoppeln, wenn nicht gar verdreifachen, damit da Bewegung in den Markt kommt. Vor allem jetzt, wo die Preise für Primärenergie im Keller sind und die Leute sich fragen, warum sollen wir jetzt was machen?"
    Oft sind die Mieter die Leidtragenden
    Ob sich mehr Energieeffizienz überhaupt rechnet, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbundes, meint, dass meistens die Mieter die Leidtragenden einer energetischen Gebäudesanierung sind:
    "Der Regelfall ist einfach der, dass Mieter die energetische Gebäudesanierung zahlen müssen. Nach dem Gesetz ist der Vermieter berechtigt, 11 Prozent der Kosten auf die Jahresmiete aufzuschlagen, und das treibt die Mieten in die Höhe und das ist in aller Regel nicht refinanzierbar durch einzusparende Heizkosten."
    Er rechnet fest mit einer Mietrechtsänderung zugunsten der Mieter, so sei es laut Koalitionsvertrag geplant. Demnach soll die Sanierungsumlage auf mindestens 10 Prozent sinken.
    "Bisher wird allein auf die Kosten abgestellt, wenn teuer modernisiert wird, dann wird die Miete hoch steigen, ganz egal, ob die Modernisierung irgendetwas gebracht hat oder nicht. Also eine Verknüpfung zwischen energetischem Erfolg, also tatsächlich eingesparter Energie und damit tatsächlich eingesparten Heizkosten und künftiger Miete ist zwingend erforderlich."
    Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund steht hinter den ehrgeizigen Klimazielen der Bundesregierung. Doch er meint, dass energetische Gebäudesanierung sich künftig an ihrer Effizienz messen lassen müsse:
    "Wie effizient ist eine geplante Maßnahme, was bringt sie wirklich? Und ich denke, dass hier noch mächtig Nachholbedarf ist."