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Geballte Energie

Energie.- Bundespräsident Christian Wulff verleiht am Mittwoch Abend den Deutschen Zukunftspreis für Technik und Innovation. Drei Kandidaten-Teams haben es bis auf die Zielgrade geschafft. Darunter befinden sich auch Ingenieure aus Freiburg, die spezielle Solarzellen konstruiert haben.

Von Ralf Krauter | 12.12.2011
    Solarstrom wirtschaftlich endlich konkurrenzfähig machen – das ist das Ziel des Forscherteams, dessen Sprecher Hansjörg Lerchenmüller von der Firma Soitec Solar in Freiburg ist.

    "Hohe Wirkungsgrade sind ein Schlüssel zur Senkung der Kosten."

    Und genau daran haperte es bislang. Die gängigen schwarz glänzenden Solarmodule verwandeln nur rund 15 Prozent der einfallenden Solarstrahlung in Strom. Die Folge: Trotz massiver Kostensenkung durch Massenproduktion kostet eine Kilowattstunde Solarstrom heute immer noch fast doppelt soviel wie dieselbe Menge Strom aus einem konventionellen Kohle- oder Gaskraftwerk. Um das zu ändern, müssen völlig neue Konzepte her. Und genau so eins haben Hansjörg Lerchenmüller und Co. in den vergangenen sechs Jahren entwickelt und erfolgreich auf den Markt gebracht: Eine Sandwich-Struktur, die mit einer gewöhnlichen Solarzelle rein äußerlich wenig gemein hat. Von oben betrachtet sieht man nur eine Glasplatte, mit einem schachbrettartigen Muster optischer Linsen.

    "Fresnel-Linsen sind flache Linsen. Und diese flachen Linsen sind auf der Rückseite der Glasscheibe in einen Silikonfilm eingeprägt. Und diese flache Fresnel-Linse, die bündelt dann das direkte Sonnenlicht auf die klitzekleine Solarzelle, die auf der Rückseite des Moduls aufgebracht ist, auf einer Glasplatte."

    Gerade einmal drei Millimeter messen die periodisch angeordneten Halbleiterstrukturen, die das konzentrierte Sonnenlicht in Strom verwandeln. Über jeder davon befindet sich eine der zentimetergroßen Flachlinsen. Wie Brenngläser fokussieren sie das einfallende Licht auf die schwarzen Halbleiterpunkte. Der Vorteil: Nur ein 500stel der Modulfläche muss mit teuren Hightech-Bauteilen bestückt werden. Das spart Kosten.

    "Dadurch, dass ich die optische Konzentration einsetze, kann ich das beste Halbleitermaterial verwenden, das es gibt auf dieser Welt. Dann bin ich bei sogenannten Triple-Junction-Solarzellen. Das sind eigentlich drei aufeinander gestapelte Solarzellen. Und diese Triple-Junction-Solarzellen können das Sonnenlicht sehr, sehr viel effizienter verwenden, verglichen mit normalen Siliziumsolarzellen."

    Die hocheffizienten Stapelzellen wurden am Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme entwickelt. Durch die schichtweise Anordnung dreier verschiedener Solarzellen, die jeweils für etwas andere Wellenlängen optimiert sind, können sie einen größeren Teil des Lichtspektrums ausnutzen. Das macht Wirkungsgrade von über 40 Prozent möglich. Die Firma Azur Space Solar Power in Heilbronn fertigt die Rekordzellen inzwischen in Serie und bestückt damit Kommunikationssatelliten. Mit ihren für den Zukunftspreis nominierten Konzentratormodulen holen die Freiburger Solarforscher die Vorzüge der Effizienzwunder zurück auf die Erde.

    "Mit diesen Solarzellen kommen wir auf Modulwirkungsgrade von 25 Prozent. Aber: 25 Prozent unter regulärem Betrieb. Also nicht bei einem kalten Modul, sondern 25 Prozent im regulären Betrieb unter der Sonne Spaniens."

    Ausgiebige Tests in Madrid und Sevilla belegen: Die Konzentratormodule von Soitec Solar ernten fast doppelt soviel Strom wie normale Solarpanele. Ein Fortschritt, der für Investoren, die Sonnenkraftwerke planen, bares Geld wert ist, weil sich ihr finanzieller Einsatz schneller bezahlt macht.

    "Diese Technologie ist bestimmt für die sonnenreichen Regionen. Wir reden also über Standorte südlich Madrid, in Süditalien aber auch in den USA wird diese Technologie zum Einsatz kommen. Dadurch, dass wir nur das direkte Sonnenlicht verwenden und bündeln können, müssen wir an diese Standorte gehen, wo wir viel direktes Licht haben. Dann kommt der Vorteil dieser Technologie voll zum Einsatz."

    Nur wenn das Licht exakt senkrecht durch die Brenngläser fällt, wird es auf die schwarzen Halbleiterpunkte gebündelt. Um ihre Vorzüge auszuspielen, müssen die Konzentratormodule deshalb ständig zweiachsig der Sonne nachgeführt werden. Die Entwicklung der dazu nötigen Präzisions-Mechanik habe seinen Leuten allerhand Kopfzerbrechen bereitet, sagt Hansjörg Lerchenmüller. Und das war nicht das einzige Problem beim Übergang von Labormustern in die industrielle Fertigung.

    "Das Kniffligste letztlich ist es, das Modul so zu verändern, dass es den Witterungsbedingungen eines Fotovoltaikmoduls standhält. Es steht im Regen, auch in Spanien gibt's Tage mit Frost. Im Sommer geht die Temperatur schnell mal auf 60, 70 Grad hoch, da wird das Modul schnell mal 60, 70 Grad warm. Das sind Dinge, die muss man im Labor vorab testen und entsprechend das Design des Moduls anpassen und andere Materialien verwenden. Und da haben wir doch einige Loops gedreht, bis wir da waren."

    2008 lief im Freiburger Industriegebiet die Serienfertigung der innovativen Solarmodule an. Die Nachfrage ist groß. Solarkraftwerksbauer in Kalifornien zum Beispiel haben Module mit einer Gesamtleistung im dreistelligen Megawattbereich bestellt. Und auch in China entsteht demnächst ein Drei-Megawatt-Kraftwerk mit Konzentrator-Technologie von Soitec.