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Gebrauchte Software ist legale Ware

Um den Handel mit Lizenzen für "gebrauchte" Software gibt es immer wieder Reibereien, obwohl er nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs zulässig ist. Das Hamburger Oberlandesgericht entschied jetzt erneut zugunsten eines Gebraucht-Software-Händlers.

Von Wolfgang Noelke | 24.02.2007
    Mit einer einstweiligen Verfügung wollte ein Hamburger Softwarehändler dem Münchner Unternehmen UsedSoft verbieten, für gebrauchte Microsoft-Produkte zu werben.
    Dieses Verbot wurde vom hanseatischen Oberlandesgericht aufgehoben, denn der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass unter bestimmten Bedingungen auch gebrauchte Software verkauft werden kann. Dann dürfe dafür auch geworben werden, stellte das Gericht in Hamburg konsequenterweise fest. Heiko Elmsheuser ist Sprecher der Firma Microsoft, die an diesem Verfahren zwar nicht beteiligt war, deren gebrauchte Software aber in diesem Fall von dem Händler verkauft wird:

    "Also wir werden tätig im Sinne davon, dass wir aufklären, aufgrund der Unsicherheit, die im Markt herrscht. Weil wir davon ausgehen müssen, das gewisse Unternehmen im deutschen Markt zu Raubkopien aufrufen. Und dagegen verwehren wir uns zur Sicherheit des Kunden, denn der Kunde ist letztendlich der, der die Raubkopien einsetzt und wir sind dafür verantwortlich, dass das nicht passiert."

    Nun handelt das Münchner Unternehmen jedoch nicht mit Raubkopien, sondern kauft so genannte Volumen-Lizenzen von Behörden und Unternehmen. Große Unternehmen erwerben normalerweise für ihre Computerarbeitsplätze keine Einzellizenzen, sondern Volumenlizenzen. Verkleinert sich zum Beispiel der Betrieb, dann können überschüssige Lizenzen an Softwarehändler verkauft werden, die diese dann weiterverkaufen. Auch wenn das die Softwarehersteller in ihren Geschäftsbedingungen untersagen - die Softwarehersteller haben bereits nach dem Verkauf der Software nichts mehr zu melden, weil deren Rechte im Augenblick des Verkaufs juristisch" erschöpft" sind, so der Berliner Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- und Markenrecht, Jan Schlüschen:

    "Zu der Frage der Erschöpfung hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich festgestellt, dass der Warenverkehr in unerträglicher Weise behindert würde, wenn der Rechtsinhaber, hier in diesem Falle Microsoft, wenn er das Stück verkauft hat, also die Software - wenn er noch weiter in den Vertrieb dieser Software eingreifen könnte, oder ihn untersagen oder von Bedingungen abhängig machen könnte. Also der Bundesgerichtshof hat klar gesagt: der freie Warenverkehr wird in unerträglicher Weise behindert."

    Software dürfe, so Rechtsanwalt Schlüschen, selbst dann als gebraucht weiterverkauft werden, wenn der Softwarehersteller aktuelle Updates zur Verfügung stellt:

    "Ich gehe davon aus, dass das auch für die Frage der Upgrades oder Updates gilt, denn auch hier handelt es sich um Software, um Erweiterungen und Neuerungen, die ebenfalls wieder urheberrechtliche Werke darstellen oder das ursprüngliche Werk verändern und somit zu einem neuen Werk gelangen. Von daher dürfte auch hier gelten: es ist erschöpft, sobald es mit Zustimmung von Microsoft ordnungsgemäß in den Markt gelangt ist."

    So dürfte die Lizenzbestimmung in den Microsoft-Verträgen, dass Software nicht weiterverkauft werden dürfe, ohne Microsoft darüber zu informieren, zu einem Appell zusammenschnurren. Microsoft-Sprecher Heiko Elmsheuser:

    "Es gibt einige Gebrauchtsoftwarehändler, die sehr oft an uns herangetreten und sagen, wir möchten es gerne übertragen. Dann geben wir dort die entsprechenden Informationen weiter und dann steht eigentlich einer Übertragung nichts im Wege. Wir berechnen nichts für die Übertragung."

    Der Geschäftsführer des beklagten Unternehmens UsedSoft, Peter Schneider, ist über die milden Töne des Redmonder Unternehmens überrascht. Aufgrund der klaren Rechtslage besteht eventuell doch noch die Chance, die harten Fronten aufzuweichen:

    "Dass speziell Softwarehersteller ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran haben, zu wissen, wo ihre Lizenzen gelandet sind, das kann ich auch nachvollziehen. Da wären wir sicherlich auch bereit, dass im gewissen Maße zu unterstützen. Aber da müsste sich natürlich die Gesamtsituation ändern und solange speziell die Firma Microsoft versucht, uns und unsere Kunden zu kriminalisieren, sehe ich nicht eine Veranlassung zur Zusammenarbeit."

    Handel mit gebrauchter Software ist unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise wenn die Software auf einem Datenträger geliefert wird, so problemlos wie der Gebrauchtwagenhandel oder der Handel mit Büchern. Die in vielen Unternehmen und Betrieben schlummernden und bereits abgeschriebenen Volumenlizenzen älterer Software könnte man beispielsweise für gute Zwecke aus ihrem Dornröschenschlaf erwecken, wie sie der Berliner ReUse Computerverein unter anderem verfolgt, Computernetzwerke für sozial schwache Menschen zu installieren. Vereinsvorsitzender Dr. Bernd Gründel:

    "Ich wäre sehr froh, wenn wir als ReUse Computer eV. mit Sicherheit sagen könnten: liebe Firmen, ihr könnt eure Lizenzen noch zu einem Preis X. verkaufen, ihr könnt sie auch verschenken. Es ist völlig legal. Gut ist erstens, ihr tut euch einen Gefallen, indem ihr euch zum Beispiel Liquidität wieder verschafft und zum zweiten ist es gut, dass wir noch mehr Menschen in die Lage bringen können, am Leben der Gesellschaft mehr teilzunehmen. Gerade ein sozial Benachteiligter muss am Computer schreiben, muss seine Bewerbung schreiben, muss mit dem Computer arbeiten können. Und wenn das geschieht, weil zum Beispiel ein Windows 2000 auf seinem Rechner läuft und ihn am Leben teilhaben lässt, dann sollte mich das freuen."