Freitag, 19. April 2024

Archiv


Geburt des absolutistischen Herrschers

Er war die Verkörperung des Absolutismus, der Monarch als tatsächliches und einziges Zentrum der Macht: der Sonnenkönig Ludwig XIV. Die prunkvollen Feste in Versailles und seine unzähligen Geliebten trugen zu seiner Berühmtheit genauso bei wie sein absoluter Machtanspruch. Heute vor 345 Jahren beschloss der junge König entgegen der Tradition, die Regierung des Staates selbst in die Hand zu nehmen.

Von Christian Ulmcke | 10.03.2006
    Ludwig XIV.: "Ich weiß nicht, ob ich es zu meinen Fehlern rechnen soll, dass ich nicht gleich von Anbeginn an die Führung der Regierung übernommen habe. Wenn es ein Fehler war, so habe ich versucht, ihn in der Folge wieder gutzumachen."

    Es ist der Morgen des 10. März 1661. Am Tag zuvor ist Kardinal Mazarin gestorben, der während der Kinderjahre Ludwigs XIV. mit dessen Mutter Anna von Österreich zusammen das Land regiert und dem König seit seiner Volljährigkeit als erster Minister und Mentor zur Seite gestanden hatte.

    Die Rolle des Prinzipalministers war seit Mazarins Vorgänger Richelieu entscheidend; er war nicht nur der wichtigste Berater des Königs, sondern vollzog auch das tatsächliche Geschäft des Regierens. Umso verblüffender muss es für die Mitglieder des Königlichen Rates sein, als der junge König an diesem Morgen dem Kanzler gegenüber erklärt, dass er keinen Nachfolger für Mazarins Position bestimmen wird, sondern stattdessen selbst die Regierung zu übernehmen gedenkt.

    Ludwig XIV.: "Ich habe Sie mit meinen Ministern und Staatssekretären hierher kommen lassen, um Ihnen zu sagen, dass ich es bisher zufrieden war, meine Angelegenheiten durch den verewigten Kardinal leiten zu lassen. Es ist nunmehr aber Zeit, dass ich sie selbst in die Hand nehme. Sie werden mir mit ihrem Rat zur Seit stehen, wenn ich darum bitte."

    Ludwig XIV.: "L’état, c’est moi!"

    Obwohl dieses Zitat Ludwig XIV. wohl fälschlicherweise zugeschrieben wird, drückt es doch den charakteristischen Zug seiner Regentschaft aus, während der die Staatsmacht immer weiter zentralisiert und auf den König und seinen Regierungsapparat übertragen wurde.

    Ludwig XIV.: "Nichts ist unwürdiger, als wenn auf der einen Seite ein Mann die ganzen Herrschaftsfunktionen ausübt, während auf der anderen ein König steht, dem nur der Titel geblieben ist."

    Die Konzentration der Macht auf den Monarchen ist die Fortsetzung der absolutistischen Politik, mit der Richelieu bereits zu Zeiten Ludwigs XIII. begonnen hatte. Dass Ludwig XIV. diese Politik so zielstrebig weiter verfolgte und selbst die Regentschaft übernahm, mag mit den Erfahrungen zu tun haben, die er in seiner Kindheit machen musste.

    Während der so genannten Fronde, der Aufstände des Parlaments und des Hochadels, war der königliche Hofstaat sogar gezwungen, aus Paris zu fliehen.

    Ludwig XIV.: "Die Menschen sind von Natur aus ehrgeizig und stolz. Sie alle haben einen Hang für ihren Privatvorteil."

    Im Gegensatz zu der gängigen Vorstellung des vergnügungssüchtigen Sonnenkönigs stand seine eiserne Arbeitsdisziplin. Die persönliche Regentschaft verlangte einen geregelten Arbeitstag sowie ein Talent für politisches Kalkül. So hatten die verschwenderischen höfischen Feste, die der König in Versailles gab, zumindest zu Beginn auch eine politische Dimension.

    Ludwig XIV.: "Auf Fremde machen in einem Staat, den sie in blühendem Zustande und in guter Ordnung antreffen, die Ausgaben für diese Dinge großen Eindruck."

    Dass Versailles auch 200 Jahre später noch diese Wirkung auf Besucher hatte, zeigt beispielsweise der Bericht Mark Twains über seinen Aufenthalt.

    Mark Twain: "Versailles! Es ist wunderschön. Man schaut und starrt und versucht zu begreifen, dass es wirklich ist, dass es auf Erden liegt, dass es nicht der Garten Eden ist. Ich hatte Ludwig XIV. immer geschmäht, weil er 200 Millionen Dollar dafür ausgegeben hat, diesen wunderbaren Park zu schaffen, als bei manchen seiner Untertanen das Brot so knapp war; aber jetzt habe ich ihm verziehen."

    Die Kosten des Hofstaats und der verschwenderischen Feste waren nicht nur finanzieller Art. Die Maßlosigkeit des Königs schadete seinem Ruf, und zudem isolierte er sich in ritualisierten Inszenierungen seiner Person. Diese Eitelkeit Ludwigs XIV. zeigt sich auch in der Wahl der Sonne als Sinnbild seiner selbst.

    Ludwig XIV.: "Sie ist ohne Zweifel das lebendigste und schönste Sinnbild eines großen Fürsten, sowohl deshalb, weil sie einzig in ihrer Art ist, als auch in ihrem Glanz, der sie umgibt, durch das Licht, das sie den anderen Gestirnen spendet, die gleichsam ihren Hofstaat bilden."

    Ludwig XIV. starb im Alter von beinahe 77 Jahren. Während seiner ungewöhnlich langen Regentschaft hatte er Frankreich zu neuen kulturellen Höhepunkten geführt, das Staatsgebiet vergrößert und den Absolutismus als Herrschaftsform durchgesetzt – all dies freilich auf Kosten des Volkes.

    Der Sonnenkönig selbst zog auf dem Totenbett ein durchaus kritisches Fazit seiner Herrschaft.

    Ludwig XIV.: "Ich habe den Krieg zu sehr geliebt. Folge mir nicht darin, oder in der Verschwendung. Lass dich in allem beraten. Erleichtere die Lasten deiner Untertanen so bald wie möglich. Tu das was ich, zu meinem Unglück, nicht getan habe."