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Geburtstag eines großen Forschers
Der vergessene indische Astronom

Vor 575 Jahren kam nahe Tirur an der Westküste Indiens Nilakantha Somayaji zur Welt. Er wurde einer der führenden Astronomen und Mathematiker der berühmten Schule von Kerala. Sein Hauptwerk "Tantrasamgraha", veröffentlicht 1501, markiert den Übergang zur modernen Astronomie auf dem Subkontinent.

Von Dirk Lorenzen | 14.06.2019
In 432 Sanskrit-Versen formuliert Nilakantha das damalige Weltbild. Er legt den Verlauf von Sonnen- und Mondfinsternissen dar, beschreibt mit von ihm verbesserten mathematischen Methoden den Lauf der Gestirne am Himmel und erklärt, wie sich Auf- und Untergangszeiten von Sonne, Mond und Sternen bestimmen lassen.
Nilakantha entwickelte eine präzise Theorie der Bewegung von Merkur und Venus. Dabei korrigierte er Fehler des klassischen indischen Astronomen Aryabhata, der gut tausend Jahre zuvor gelebt hat.
Neue Theorie über den Aufbau des Planetensystems
Zudem formuliert Nilakantha eine neue Theorie über den Aufbau des Planetensystems. Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn kreisen auf exzentrischen Bahnen um die Sonne, die ihrerseits um die im Zentrum stehende Erde läuft. Damit hat er das Weltbild formuliert, das knapp hundert Jahre später der Däne Tycho Brahe in Europa bekannt gemacht hat.
Während der totalen Verfinsterung erscheint der Mond stets in blassem Rot
Während der totalen Verfinsterung erscheint der Mond stets in blassem Rot - Nilakantha Somayaji hat viele Mondfinsternisse beobachtet (NASA)
Nach historischen Berichten ist Nilakantha Somayaji, der große Astronom aus Kerala, 1544 im Alter von hundert Jahren gestorben.
Sein Name und sein Hauptwerk Tantrasamgraha sind selbst Fachleuten kaum ein Begriff. Die Astronomen haben ihn völlig vergessen: Es gibt weder einen Asteroiden noch einen Mondkrater namens Nilakantha.