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Gedanken über die Zukunft der Automobilbranche

Auf einem gemeinsamen Kongress befassen sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) und die Böll-Stiftung mit der Zukunft der Automobilindustrie. Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft loten aus, was in Sachen Mobilität in Zukunft ökologisch sinnvoll und ökonomisch gewollt ist.

Von Verena Kemna | 01.02.2013
    Wer bei der Heinrich Böll Stiftung über Automobilindustrie und die Zukunft der Mobilität diskutiert, kommt an China nicht vorbei. Das Land gilt neben den USA als wichtigster Absatzmarkt für die Automobilindustrie. Weltweit wird sich die Zahl der Kraftfahrzeuge in den nächsten 30 Jahren verdoppeln. In China ist die Zahl der neu zugelassenen Pkw von etwa einer halben Million im Jahr 2000 auf über zwölf Millionen im vergangenen Jahr gestiegen. Carsharing, also nutzen statt besitzen, sei ein Modell für die Zukunft, meint Ralf Fücks vom Vorstand der grünen Heinrich Böll Stiftung.

    "Ich glaube nicht, dass das Auto verschwinden wird aus unseren Städten, schon gar nicht aus der Fläche. Aber es wird seine Dominanz verlieren und Modelle von carsharing und car2go werden nach und nach die Oberhand gewinnen."

    Ralf Fücks fordert eine Innovationsoffensive. Treibstoff- und Materialverbrauch müssten deutlich reduziert werden, so sein Appell an die Autokonzerne.

    "Wenn wir global die CO2-Emissionen halbieren wollen, um die Temperatur nicht über zwei Grad steigen zu lassen bis Mitte des Jahrhunderts und wir gleichzeitig eine Verdoppelung des Transportvolumens sehen werden, wenn nicht mehr, dann heißt dass, dass Ressourceneffizienz im Transportsektor um den Faktor vier steigen muss."

    Er spricht von einer notwendigen Revolution auf dem Automobilmarkt. In den vergangenen zehn Jahren sei es gelungen, bei neuen Pkw die CO2-Emissionen pro Kilometer von etwa 160 auf 140 Gramm zu senken, erklärt Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, kurz VDA. Bis 2020 sollen die CO2 Emissionen pro Pkw und Kilometer bei weniger als einhundert Gramm liegen. Dieser EU-Grenzwert entspricht einem Spritverbrauch von etwa dreieinhalb Liter Diesel oder vier Liter Benzin pro einhundert Kilometer.

    "Wir müssen diesen Weg weiter gehen weil er natürlich auch Markterfolge verspricht. Ganz klar ist, dass das effizienteste Fahrzeug in Zeiten hoher Kraftstoffpreise auch ein interessantes Angebot ist."

    Etwa 20 Milliarden Euro investiert die deutsche Automobilindustrie jedes Jahr in Forschung und Entwicklung. Qualität, so VDA -Präsident Wissmann, sei weltweit das Markenzeichen der deutschen Automobilindustrie. Trotz der ökologischen Herausforderungen sei gerade in der Premium Klasse die PS-Zahl noch immer ein wichtiges Verkaufsargument.

    "Ich gebe zu bei dem Thema Premium zu dem Punkt zu kommen, wo der Käufer nicht in erster Linie PS sieht, sondern Qualität und Innenausstattung und optimale Effizienz, das ist in der Verkaufsstrategie kein leichter Weg. Das ist ein durchaus längerer Weg."

    Laut Prognose der Internationalen Energieagentur wird sich der Fahrzeugmarkt weltweit bis 2035 auf ungefähr 1,7 Milliarden Fahrzeuge verdoppeln. Bei weiter ansteigenden Ölpreisen steigt der Innovationsdruck für spritsparende Fahrzeuge. VDA- Präsident Matthias Wissmann fordert von der EU eindeutige Anreize für alternative Antriebe. Schätzungen zufolge könnten 2020 etwa 600.000 Elektrofahrzeuge auf dem Markt sein. Das entspricht einem Anteil von gerade einmal fünf Prozent.