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Gedenken an Terroropfer
Proteste gegen Koons "Tulpenstrauß"

Der "Tulpenstrauß" von Jeff Koons soll an die Terroranschläge von Paris und Saint Denis gedenken. Kritiker sehen in der monströsen Figur jedoch eher einen Werbeeffekt für den Künstler. Streit gibt es auch um den Standort am "Palais de Tokyo" in Paris. Der soll nun nochmal überprüft werden.

Von Jürgen König | 24.01.2018
    Jeff Koons vor seinem Kunstwerk "Ballerina" in New York
    Eher Anziehungspunkt für Touristen? Koons Skulptur, die im Frühjahr gefertigt wird, wird ihrer Funktion nicht ausreichend gerecht, sagen Kritiker. (imago /E-Press photo.com)
    Was für eine Geschichte! Nach den Terroranschlägen von Paris und Saint-Denis im November 2015 braucht der amerikanische Künstler Jeff Koons ein Jahr, um der Stadt Paris zum Gedenken an die Opfer eine Skulptur zu schenken. Französische Künstler, Galeristen, Museumsleute, Politiker wiederum brauchen ein weiteres Jahr, um gegen dieses Geschenk zu protestieren!
    Elf Meter hoch, 35 Tonnen schwer
    Dabei sind ihre Argumente, jetzt veröffentlicht in der Tageszeitung "Libération", vollkommen stichhaltig: Etwa, dass das monumentale Kunstwerk, eine Faust, die einen elf Meter hohen und 35 Tonnen schweren "Tulpenstrauß" aus Bronze, Edelstahl und Aluminium hochhält, eher dazu angetan ist, Werbung für den mit sehr ähnlichen Werken international auftretenden Großkünstler Jeff Koons zu machen, als stilles Gedenken an die Opfer des Terrorismus zu fördern.
    Zumal der vorgesehene Ort der monumentalen Skulptur sehr gut zum internationalen Kunstbetrieb passt, in gar nichts aber etwas mit den Anschlägen vom November 2015 zu tun hat: Vor dem "Palais de Tokyo" soll sie errichtet werden. Wer sie fotografiert, bekommt sehr gut auch den Eiffelturm mit aufs Bild, malerisch steht er genau im richtigen Abstand von einigen hundert Metern auf der anderen Seite der Seine. In der Tat: Eine bessere Werbung lässt sich für Jeff Koons, der für seine Skulpturen schon Preise von über 50 Millionen Dollar erzielen konnte, gar nicht denken!
    Rechtlich problematischer Standort
    Aber warum lässt sich die Stadt darauf ein? Nun - zur Geschichte gehört auch, dass gar nicht sicher ist, ob die Stadt sich darauf eingelassen hat. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat das Geschenk im November 2016 zwar mit Freuden angenommen - allerdings vorbehaltlich der Einholung weiterer Genehmigungen. Denn der vorgesehene Standort ist auch rechtlich ein problematischer: Das Palais de Tokyo besteht aus zwei Teilen, der Ostflügel gehört der Stadt Paris, die dort ihr Museum für moderne Kunst untergebracht hat.
    Deren Direktor, oh Wunder, findet die Idee der Koons-Skulptur vor seiner Haustür ganz im Sinne seines Arbeitgebers sehr gut. Der Westflügel aber gehört dem französischen Staat, welcher dort unter dem Namen "Palais de Tokyo" ein eigenes Kunstzentrum unterhält. Dessen Direktor findet die Idee schon nicht mehr so gut; längst hat die für ihn zuständige Kulturministerin Françoise Nyssen "ergänzende Studien" in Auftrag gegeben - alles soll noch einmal geprüft werden.
    Dabei wird die Skulptur längst angefertigt, in Deutschland übrigens, im Frühling soll sie in Paris aufgestellt werden. Aber wo? Keiner weiß es. Alle reden durcheinander. Nur mit den Terroranschlägen von Paris und Saint-Denis hat die Debatte gar nichts zu tun. Das ist das Schlimmste an der Geschichte.