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Gefährlicher Verdacht mit unabsehbaren Folgen

Eine ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit und das Leben der Bürger fürchten Opposition und Medien in Bulgarien: als Vergeltung, weil die bulgarische Regierung die Hisbollah für den Anschlag in Burgas 2012 öffentlich verantwortlich gemacht hat.

Von Karla Engelhard | 08.02.2013
    Sofia am Morgen. In der bulgarischen Hauptstadt geht alles seinen gewohnten Gang. Doch in den Medien ist von wachsender Terrorgefahr die Rede. Der bulgarische Innenminister Zwetanov hat Mitte der Woche die radikalislamistische Hisbollah für den Terrorakt in Burgas im vergangenen Sommer verantwortlich gemacht - öffentlich.

    Angst vor Vergeltung macht sich seitdem breit. Bei dem Bombenanschlag auf einen Reisebus sind fünf israelische Touristen, der bulgarische Busfahrer und ein Attentäter getötet worden, 30 Menschen wurden verletzt. Der Innenminister spricht von "begründeten Vermutungen", dass zwei Verdächtige dem bewaffneten Arm der Hisbollah angehören. Eine gefährliche Beschuldigung, die mit dem Leben und der Sicherheit der Bulgaren spiele, schreiben bulgarische Zeitungen.

    Und wie sehen es die Bulgaren auf der Straße?

    "Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Natürlich fühle ich mich gefährdet. Das ist doch 'Hisbollah', 'Hisbollah', organisiert Attentate in der ganzen Welt."

    "Oh, mein Gott! Ich fühle mich sicher, wie alle anderen Menschen. Denn erstens ist die Beschuldigung nicht 100-prozentig. Zweitens passieren Terroranschläge in der ganzen Welt. Vorläufig mache ich mir keine Sorgen. Aber im Leben ist alles möglich."

    "Es besteht eine Gefahr. Realistisch gesehen, besteht immer eine Gefahr, denn man weiß nie... Solche Terrorakte gibt es. Wenn ich heute in die U-Bahn gehe. In Moskau gab es solche Anschläge in der U-Bahn. Das geht mir durch den Kopf. Aber dass es konkret hier passiert, kann glaube ich nicht glauben."

    Die bulgarische Opposition, die Rechte, wie die Linke werfen der konservativen Regierung vor, zu früh mit den gefährlichen Beschuldigungen an die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Zu vage seien die Beweise.

    Außenminister Nikolaj Mladenov hält dagegen:

    "Wenn wir das verheimlicht hätten, was im Abschlussbericht unserer Untersuchungskommission steht, wenn wir der Versuchung erlegen wären zu schweigen, die Wahrheit zu verschleiern, dann würde die Gefahr für unsere nationale Sicherheit viel größer sein. Denn dann würde die Botschaft an die ganze Welt sein: Hier könnt Ihr alles machen. Das ist nicht die Botschaft, die Bulgarien senden darf."

    Die israelische Regierung hatte bereits kurz nach dem Attentat auf israelische Schwarzmeer-Touristen behauptet, dass die libanesische schiitische Miliz dahinter stecke. Mit gutem Grund: Mehrere Terrorakte der radikalislamistischen Hisbollah hatten israelische Ziele. Deren gemäßigter Teil sitzt mittlerweile in der libanesischen Regierung.

    Die Hisbollah hat jegliche Beteiligung am Attentat in Burgas weit von sich gewiesen. Die Untersuchungen sollen weitergehen. Die libanesische Regierung hat den bulgarischen Behörden Hilfe bei der Aufklärung des Anschlags angeboten.

    Die USA und Israel fordern derweil die Europäische Union auf, aus diesem Anschlag die Konsequenzen zu ziehen und die Hisbollah endlich als Terrororganisation einzustufen.

    In der bulgarischen Hauptstadt Sofia sind mehr Polizisten zu sehen als sonst, doch ansonsten ist alles wie immer.