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Gefangenenaustausch in der Ostukraine
Zeichen der Deeskalation

Während der Waffenruhe über die Feiertage haben die Regierung in der Ost-Ukraine und prorussische Separatisten einen Gefangenenaustausch vereinbart. Ein Erfolg - nach langwierig und komplizierten Verhandlungen.

Von Markus Sambale | 27.12.2017
    Ukrainische Soldaten marschieren am 24.08.2017 entlang der Hauptstraße Chreschtschatyk in Kiew (Ukraine), während einer Militärparade zum Unabhängigkeitstag in der Ukraine.
    Ukrainische Soldaten während einer Militärparade (dpa-Bildfunk / AP / Efrem Lukatsky)
    Dass eine Entspannung möglich ist, wenn es die Konfliktparteien nur wollen - das zeigt sich auch in diesem vierten Kriegswinter in der Ost-Ukraine. Eine Waffenruhe, die für die Feiertage neu vereinbart wurde, hält einigermaßen. Und es gibt ein weiteres Zeichen der Deeskalation: Zum ersten Mal seit mehr als einem Jahr sollen wieder Gefangene ausgetauscht werden.
    306 gegen 74 Gefangene
    Als Vertreterin der ukrainischen Regierung hat Iryna Heraschtschenko, die Vizeparlamentssprecherin, mitverhandelt.
    "Die ukrainische Seite ist bereit, 306 Personen zu übergeben, die Straftaten zum Schaden der Ukraine begangen haben. Sie können laut Gesetz ausgetauscht werden, um 74 unserer Helden zu befreien, die sich in den vorübergehend besetzten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk befinden."
    306 Gefangene, die die Ukraine freilässt. Gegenüber 74 Gefangenen, die von den Separatisten freigelassen werden. Eine deutliche Differenz. Doch in Kiew hieß es, nicht die Zahl sei entscheidend, sondern die Tatsache, dass die Leute überhaupt frei kämen. Es geht auf beiden Seiten um Personen, denen Spionage oder eine andere Unterstützung des Gegners vorgeworfen wird. Die Verhandlungen, die von der OSZE koordiniert wurden, waren langwierig und kompliziert.
    Kreml bezeichnet sich als Vermittler
    Auch der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill, hatte sich in die Gespräche eingeschaltet.
    "Ich möchte mich bei allen Teilnehmern bedanken, dass sie verstehen, wie wichtig es ist, dass die Gefangenen noch vor Neujahr und dem Weihnachtsfest ausgetauscht werden."
    Gemeint ist der orthodoxe Weihnachtstermin Anfang Januar. Dass die Separatisten-Vertreter wichtige Entscheidungen nur in Absprache mit Russland treffen, ist offensichtlich. Im November hatte der Kreml sogar erstmals von einem direkten Telefonat zwischen Wladimir Putin und Separatistenführern berichtet, in dem es um den Gefangenenaustausch gegangen sei. Der Kreml leugnet allerdings nach wie vor, Konfliktpartei zu sein, bezeichnet sich stattdessen als Vermittler, der Einfluss auf die Separatisten habe.
    Gefangene als Verhandlungsmasse
    Für die Luhansker Separatisten saß dessen Anführer, Leonid Passetschnik, am Verhandlungstisch.
    "Wir sind zum Gefangenenaustausch unter den vereinbarten Bedingungen bereit. Ich halte das für ein wichtiges Ereignis."
    Für die Konfliktparteien in der Ost-Ukraine sind die Gefangenen zur Verhandlungsmasse geworden. Doch dahinter stecken Schicksale von Menschen, die hoffen, zum Jahreswechsel wieder in Freiheit zu sein.