Freitag, 19. April 2024

Archiv


Gegen das Sterben der Korallenriffe

Nach Ansicht der meisten Meeresbiologen sind inzwischen bereits ein Drittel aller Korallenriffe weltweit vom Absterben bedroht. Daher werden Riffe derzeit künstlich restauriert, so vor der Ostküste der US-Bundesstaates Florida.

Von Guido Meyer | 23.03.2010
    Die Reise hinaus ans Riff beginnt in Key Largo. Hier macht Ken Nedimyer sein Tauchboot startklar: Mit der Amoray Diver soll es etwa fünf Kilometer in Richtung Nordwesten auf das Meer hinaus gehen, zu einer Art Korallen-Gärtnerei auf offener See.

    "Diese Gärtnerei erlaubt uns, Korallen für unser Restaurierungsprojekt zu züchten, ohne sie der freien Natur entnehmen zu müssen. Wir entwenden also nichts von intakten Riffen. Sämtliche Korallen, die wir später irgendwo anders anpflanzen, stammen aus unserem Anbau."

    Ken Nedimyer ist der Präsident der Coral Restoration Foundation, einer Stiftung also, die sich dem Schutz von Floridas Korallen-Riffen verschrieben hat:

    "Bis vor einiger Zeit brauchten die Korallen so etwas wie eine Gärtnerei noch nicht. In den letzten 25 Jahren haben ihnen jedoch einige natürliche Katastrophen schwer zu schaffen gemacht, darunter vier schwere Hurricans. Addiert man menschengemachte Belastungen hinzu wie die Wasserverschmutzung und die Erwärmung der Ozeane, haben wir es jetzt mit einer Situation zu tun, von der sich die Korallen aus eigener Kraft nicht mehr erholen können. Sie sind so sehr unter Stress, dass sie sich nicht mehr von selbst vermehren. Wir wollen erreichen, dass sie dazu wieder aus eigenem Antrieb heraus in der Lage sind und sie ihre Saat wieder über die Riffe verbreiten, so wie früher."

    Temperatur, Licht, Wasser und Sedimentation - dies sind die vier Faktoren, von denen abhängt, ob und wie gut Riffe wachsen. Stimmen die Bedingungen, können sie vom Meeresboden bis knapp unter die Wasseroberfläche reichen. Die Baumeister der Riffe sind die Korallen, die wiederum Polypen enthalten, deren Art und Wachstum auch den Korallentyp bestimmen. Dies funktioniert allerdings nicht in jedem Meer der Welt, sondern nur zwischen den Wendekreisen auf beiden Seiten des Äquators, wo für das Wachstum ideale Wassertemperaturen erreicht werden. Denn nur in diesen Längengraden erreichen die Meeresströmungen rund 25 Grad Celsius.

    Unterdessen hat das Tauchboot Amoray Diver sein Ziel erreicht. Von Bord aus eine beliebige Stelle irgendwo im Ozean. Doch unter Wasser zeigt sich Tauchern, dass hier Korallen gezüchtet werden. An dieser Stelle im Atlantik ist der Ozean nur etwa zehn Meter tief. Die Taucher sinken langsam zu Boden, wobei sie aufpassen, mit ihren Flossen nicht an die Korallensprösslinge zu stoßen. Sie sind mittlerweile etwa so groß wie ein Bonsai:

    "Wir schneiden jetzt etwa drei Zentimeter lange Stücke von den größeren Korallen ab. Diese Äste züchten wir wieder heran und lassen sie etwa ein Jahr lang wachsen. Danach haben sie eine Länge von bis zu 40 Zentimetern erreicht. Das ist ein Wachstum von rund 1000 Prozent in nur zwölf Monaten. Wenn sie diese Größe erreicht haben, verpflanzen wir sie auf das Riff."

    Für Ken Nedimyer und sein Team der Coral Restoration Foundation ist der erste Teil der Arbeit getan. Die Taucher haben der Gärtnerei unter Wasser einige Korallen entnommen. Die Nacht verbringen sie im Wasser-Eimer; morgen werden sie auf das Riff verpflanzt.