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Gegen die Neugier

In der vergangenen Woche übergab der Bundesbeauftragte für den Datenschutz seinen Tätigkeitsbericht an den Präsidenten des Deutschen Bundestages. In dem Papier kritisiert Schaar die stark zunehmende Leidenschaft zum Sammeln persönlicher Daten heftig.

Von Claudia Sanders | 23.04.2005
    Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, ist ein besonnener Mann und so formuliert er seine Kritik doch eher diplomatisch: Der Schutz der Grundrechte stünde vor "neuen Herausforderungen":

    "Und zwar Grundrechtseingriffe, die sich beziehen auf Personen die sich schon irgendwie verdächtig verhalten haben oder gar schuldig geworden sind, sondern Grundrechtseingriffe die im Prinzip jeden treffen können, also die diskutierte Datenspeicherung auf Vorrat, das Kennzeichenscanning auf Autobahnen und Verkehrsknotenpunkten, das jetzt diskutiert wird, und es gibt noch einige andere entsprechende Maßnahmen die schon in Kraft getreten sind oder diskutiert werden. "

    Sprich: Jeder muss damit rechnen, dass seine Daten plötzlichen in den Focus der Sicherheitsdienste gelangen. Eigentlich wollte die rot-grüne Regierungskoalition das Thema Datenschutz sehr akribisch bearbeiten. Eigentlich.

    "Und selbst kleine Schritte, die der Gesetzgeber sich selbst vorgenommen hatte, wie das Datenschutzaudit, sind bisher nicht gegangen worden, da erhoffe ich mir allerdings, dass das noch in dieser Legislaturperiode geschieht."

    Mit diesem Gesetz sollte ein Prüfsiegel geschaffen werden, was gerade für Internetnutzer Klarheit bringt – ob nämlich ihre Daten auch geschützt sind, wenn sie via Netz einkaufen. Heute gibt es zahlreiche private Siegel, die zeigen, ob bei einem Internetshop ein sicheres Einkaufen möglich ist. Ein einheitliches Gütesiegel fehlt aber, durch das Datenschutzaudit sollte das geschaffen werden. Peter Schaar:

    "Für das Unternehmen ist der Vorteil ganz eindeutig der, dass es sich einerseits sich aus der Masse der Konkurrenz herausheben kann und andererseits die generellen Vorbehalte wie gegen das Internetshopping so nicht greifen. "

    Doch ein Gesetzesbeschluss dazu liegt immer noch nicht auf dem Tisch, moniert der Bundesdatenschutzbeauftragte.

    "Also, das zuständige Ministerium für die Datenschutzgesetzgebung ist das Bundesinnenministerium. Das Bundesinnenministerium hat augenscheinlich sich andere Schwerpunkte gesetzt, etwa bei der Einführung biometrischer Daten in Pässe und auch Personalausweise, also im Grunde bei Maßnahmen, die eher nicht den Datenschutz voranbringen, sondern der Sicherheit dienen und ich würde mir wünschen, wenn hier mit gleicher Ernsthaftigkeit auch der Datenschutz weiter entwickelt würde."

    Für den Bürger sei mittlerweile oft genug auch gar nicht mehr erkennbar, wann von wem welche seiner Daten wie gespeichert werden:

    "Das zentrale Probleme sehe ich darin, dass die Datenverarbeitung als solche gar nicht mehr erkennbar ist häufig, das heißt die Prozessoren werden so klein, dass man sie in jedes Kleidungsstück, in einem Bogen Papier integrieren kann, in Hightech-Geräten befindet sich ohnehin EDV-Technik. Und diese Technik kann sehr viel, was man selbst gar nicht vermutet. Sie kann etwa denjenigen der sie benutzt identifizieren, sie kann ihn ortbar machen, dadurch wird man immer stärker registrierbar in seinem Verhalten, auch wo man sich aufhält wird nachvollziehbar, Bewegungsprofile können aufgezeichnet werden, das halte ich für kritisch. "

    Beispiele dafür seien Handys und die RFID-Funkchips, die auf Waren jeder Art angebracht werden können. Und manches andere, was für PC-Besitzer alltäglich geworden ist, hält Peter Schaar aus datenschutzrechtlicher Sicht für schwierig. So seien USB-Schnittstellen, die heute zur Standardausrüstung eines jeden PCs gehörten, einerseits ja eine bequeme Sache, um Daten austauschen. Andererseits kann so aber jeder mal eben an einem laufenden PC per USB-Stick Daten kopieren. Für den User sei nicht mehr nachvollziehbar, wer sich so auf die Schnelle Zugriff verschafft habe – eine heikle Angelegenheit, besonders bei großen IT-Projekten.

    "Meine Forderung ist hier an die Hersteller, von Software und auch von Hardware, diese differenzierten Sicherheitsanforderungen schon in der Systementwicklung zu berücksichtigen, so dass man einerseits doch einen sehr weitgehend Komfort hat, zum Beispiel durch einfach zu bedienende Schnittstellen, und auf der anderen Seite aber nicht befürchten muss, dass sensibelste Daten aus diesen Systemen auf diese Art und Weise in die Außenwelt gelangen."