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Gelbfieber
Die unterschätzte Viruskrankheit

Dank einer massiven Impfkampagne ist die Gelbfieber-Epidemie im Kongo und in Angola laut WHO beendet. Das in Zentralafrika grassierende Virus hatte sich weltweit auszubreiten gedroht. Tropenmediziner warnen davor, die häufig tödlich verlaufende Krankheit weiterhin zu unterschätzen.

Von Justin Westhoff | 14.03.2017
    Ein gelbes Schild mit der Aufschrift "Gelbfieber Impfstelle"
    Eine Dosis des Impfstoffs gegen Gelbfieber kostet einen Dollar, sie schützt lebenslänglich. (dpa / Frank Rumpenhorst)
    "Die Weltgesundheitsorganisation hatte eine der größten Impfaktionen in der Geschichte Afrikas gestartet. Innerhalb weniger Wochen sollten bis zu 14 Millionen Menschen gegen Gelbfieber geimpft werden."
    2016 wurde Gelbfieber wieder einmal Nachrichtenstoff. Es kommt in tropischen Gebieten Afrikas und Südamerikas vor. Weltweit erkranken jährlich etwa 200.000 Menschen an dieser Infektionskrankheit. Ausbrüche wird es wohl immer wieder geben.
    "Es existiert ein dauerhafter Zyklus zwischen Affen, Mücken und wieder Affen, und von dort kommt es gelegentlich zu einem Überschwappen in die menschliche Bevölkerung. Und das hat es immer gegeben, früher mit viel mehr Fällen, als eben die Impfung in Afrika auch noch nicht so sehr verbreitet war, und dieses Jahr ist es halt zu einem großen Ausbruch vor allem in Angola gekommen, der sich dann wieder auf die Demokratische Republik Kongo ausgebreitet hat," erläutert Dr. Christina Frank von der Bundesbehörde Robert-Koch-Institut. Das Virus gehört zur selben "Familie" wie etwa Dengue[*] und Zika. Menschen übertragen den Erreger untereinander nicht direkt. Aber Gefahr kann von infizierten Insekten ausgehen.

    "Gelegentlich wird dann auch ein Mensch, der sich im Wald aufhält, von diesen Mücken gestochen, bekommt Gelbfieber, und wenn er dann nach Hause in sein Dorf zum Beispiel geht, da kann es dann zu einer begrenzten Mensch-zu-Mensch-Übertragung mit der zwischengeschalteten Mücke kommen."
    Und wenn ein solcher Gelbfieber-Kranker dann aus seinem ländlichen Gebiet in eine Großstadt geht, lauern dort andere Mücken, die sein Blut saugen und das Virus mit größerer Effektivität auf andere Menschen übertragen.
    Eine weibliche Gelbfiebermücke saugt menschliches Blut.
    Überträgt haufenweise Krankheiten: die Gelbfiebermücke. (picture alliance / dpa / James Gathany / CDC)
    Früher ging man von völliger Harmlosigkeit aus
    "Die Tropeninfektion breitet sich vor allem in Großstädten und schwer erreichbaren Grenzregionen aus."
    Professor Joachim Richter vom Berliner Institut für Tropenmedizin warnt davor, Gelbfieber auf die leichte Schulter zu nehmen.
    "Das ist eine ausgesprochen schwere Erkrankung, sehr häufig tödlich, also jeder Dritte, der daran stirbt, das ist natürlich schon erheblich."
    Pro Jahr sind es in Afrika und Südamerika 30.000 Menschen, die daran sterben. Um so wichtiger für alle, die einen Aufenthalt in Gebieten mit Gelbfiebergefahr planen, ist es, sich vorher impfen zu lassen, betont Dr. Christina Frank.
    "Die Impfung gilt als gut verträglich, und insbesondere in der Abwägung einer möglicherweise lebensbedrohlichen Erkrankung und den sehr geringen Risiken der Impfung, da entscheidet man sich bei Gelbfieber eigentlich sehr leicht für die Impfung."
    Auch wenn inzwischen Nebenwirkungen beobachtet wurden, die schwer, aber äußerst selten sind, sagt der Tropenmediziner. Früher ging man von völliger Harmlosigkeit aus.
    "Bis man dann sehr seltene Fälle entdeckt hat, die von einer Gelbfieberimpfung sowohl eine Hirnhautentzündung bekommen haben oder auch ein richtiges Impf-Gelbfieber. Man weiß inzwischen, dass ganz, ganz kleine Kinder oder ältere Menschen ein höheres Risiko haben oder natürlich immungeschwächte Menschen, wenn man sich aber alle Aspekte anguckt, ist diese Zahl dieser Gelbfieberfälle durch Impfung wahrscheinlich zu vergleichen mit der Zahl der Verstorbenen auf dem Weg zur Impfung mit dem Auto."
    Gegen die sehr seltenen Zwischenfälle bei der Immunisierung stehen die schweren Symptome der Erkrankung selbst. Prof. Joachim Richter zählt sie auf.
    Nach Reisen in Tropengebiete bei geringsten Krankheitsanzeichen zum Arzt
    "Das Fieber, und das zweite der so genante Ikterus, das heißt, dass man durch Leberversagen gelb wird, dann gibt es noch ein weiteres Phänomen, eher bei der fortgeschrittenen Krankheit, beim schweren Krankheitsverlauf, das schwarze Erbrechen, und das wäre der Hinweis darauf, dass man spontan innerlich blutet. Aber es ist natürlich so wie bei vielen dieser Erkrankungen, dass sie am Anfang keine wirklich spezifischen Symptome haben."

    Eine Impfpflicht besteht übrigens nicht für Deutsche, da hierzulande ja im Prinzip kein Gelbfieber vorkommt. Das heißt, aber nicht, dass die Infektion ungefährlich sei. Und wenn man von einem "befallenen" Land in ein anderes mit Gelbfieber weiterreisen will, kann an der Grenze nach einem Impfnachweis gefragt werden.
    In Zeiten der Globalisierung wird die Sorge geäußert, dass Touristen oder Arbeitsmigranten die Seuche mitbringen. Bisher sei das äußerst selten, sagt Professor Richter, schildert aber einen Fall aus seinem Haus:
    "Der Patient meinte, er sei gegen Gelbfieber geimpft, er war aber gegen Gelbsucht geimpft, was eine andere Krankheit ist, nämlich die Hepatitis, die virale Leberentzündung, und fast alle gelbfieberendemische Länder sind auch Malarialänder. Das heißt, wenn man Fieber hat, sollte man sich immer in einer entsprechend ausgerüsteten, bestenfalls tropenmedizinischen Institution sofort vorstellen."
    Es ist also wirklich wichtig, nach Rückkehr aus Tropengebieten bei den geringsten Krankheitsanzeichen – wie etwa Kopfschmerzen, Übelkeit, niedriger Herzschlag oder plötzliches hohes Fieber – spezialisierte Ärzte aufzusuchen, am besten Tropenmediziner. Es gibt zwar keine ursächliche Behandlung gegen Gelbfieber, aber wichtige Methoden, rechtzeitig etwas zu unternehmen. Denn meist – mindestens in 85 Prozent der Fälle – bessert sich die Erkrankung danach und heilt vollständig aus. Was unternehmen die Spezialisten?
    "Unter intensivmedizinischen Bedingungen die möglichen Komplikationen auszugleichen, also Spontanblutungen, Bluttransfusionen, den Organismus so lange sozusagen über Wasser zu halten, bis dann die Infektion von unserem Immunsystem letztendlich in Schach gehalten wird."
    Impfstoff ist rar
    Wie kommt es immer wieder zu größeren Epidemien, obwohl die Weltgesundheitsorganisation die betreffenden Länder kräftig bei Impfaktionen unterstützt? Dr. Frank vom Robert Koch-Institut:
    "Es hapert ein bisschen an der Zurverfügungstellung von ausreichen Impfstoff, so dass manche von den größeren Ländern in Afrika tatsächlich Probleme haben, ausreichend Impfstoff für ihre Bevölkerung zu bekommen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass nach den großen Ausbrüchen das ganze eine neue Priorität gewinnt, und dass auch die Impfstoffherstellung auf breitere Schultern gestellt wird, sodass sich das möglicherweise in Zukunft löst."
    Damit alle Einwohner in den betroffenen Gebieten geschützt sind, müssten mindestens 85 Prozent von ihnen geimpft sein. Das ist derzeit nicht überall der Fall. Zum Beispiel, weil neugeborene Kinder nicht mehr geimpft werden oder werden können.
    "Dann hat das Gelbfieber eine größere Chance, aus diesen eigentlich erst mal isolierten Waldgebieten über kleinere Städte, größere Städte, über Leute, die Handel treiben zum Beispiel, auch in Großstädte zu gelangen. Und wenn dann die Bevölkerung eben zu einem größeren Anteil nicht immun ist, dann kann es sehr, sehr viele Fälle geben."
    Für unsere Breitengrade aber gilt: Risiken bestehen nur, wenn man ohne Impfschutz in Gelbfieber-Gebiete reist.

    [*] Anm. d. Red.: An dieser Stelle war in der Sendefassung irrtümlich von Ebola die Rede.