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Zentralbank veröffentlicht Stresstest-Szenarien

Reicht das Eigenkapital der Banken in Krisenzeiten? Unter anderem diese Frage sollen neue Bankenstresstests bald klären. Mögliche Szenarien dafür haben nun die europäische Bankenaufsichtsbehörde und die EZB bekannt gegeben. Der Test soll deutlich strenger ausfallen als früher.

Von Michael Braun | 29.04.2014
    ILLUSTRATION - Ein Eurozeichen spiegelt sich am 08.01.2014 in Frankfurt am Main (Hessen) im Auge einer Frau (Aufnahme gespiegelt). Foto: Daniel Reinhardt/dpa
    Harte Bedingungen für die 124 wichtigsten Geldhäuser der EU: Simuliert wird ein drei Jahre langer Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Minus 1,9 Prozent im ersten Jahr, 3,2 Prozent im zweiten und minus 1,8 Prozent im dritten Jahr. (dpa/Daniel Reinhardt)
    Mehr Stress war nie. Jedenfalls nicht in den Tests der Bankenaufsicht der Jahre 2009, 2010 und 2011. Den neuerlichen Stresstest, den die Banken jetzt zugestellt bekommen, hat wesentlich die Europäische Zentralbank konzipiert, zusammen mit der in London ansässigen Europäischen Bankenaufsicht. Er gilt vor allem für die 124 wichtigsten Institute aus den 28 EU-Staaten: Die Stressszenarien sind deutlich pessimistischer, also strenger als in den Vorjahren, die Stressfolgen werden über einen längeren Zeitraum als bisher abgeschätzt und der Strahlenkranz der angenommenen Risiken dehnt sich weiter aus als zuvor. Vitor Constancio, der für den Test verantwortliche Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, hat schon vorab klargestellt, die EZB werde die Stressergebnisse schonungslos veröffentlichen:
    "Wir werden finden, was immer es gibt. Und was wir finden, wird enthüllt. Es gab Kommentare, in denen es hieß, die EZB werde Informationen zurückhalten, aus Angst vor den Folgen. Das tun wir nicht. Wir werden den Ruf der EZB aufrechterhalten."
    Simuliert wird ein drei Jahre langer Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Minus 1,9 Prozent im ersten Jahr, 3,2 Prozent im zweiten und minus 1,8 Prozent im dritten Jahr. Das schaukelt sich also im angenommenen Zeitraum auf eine Schrumpfung der gesamtwirtschaftlichen Leistung von 6,6 Prozent auf. Dabei kann die Inflationsrate zu einer Deflationsrate von 1,9 Prozent werden, die Arbeitslosigkeit kann auf 13,5 Prozent hochschnellen und die Hauspreise sollen um 19,2 Prozent fallen. Schrumpfende Wirtschaft, sinkendes Volkseinkommen, verfallende Preise für Immobilien, die der Kreditwirtschaft als Sicherheiten dienten – das würde in der Realität zu massiven Kreditausfällen bei den Banken führen. Zusätzlich nehmen die Aufseher an, dass die Anleihen- und Aktienmärkte einknicken, also auch diese Vermögensgegenstände abgewertet werden müssen.
    Durchgefallene Banken müssen Eigenkapital beschaffen
    Und dennoch müssen die Banken 5,5 Prozent hartes Kernkapital selbst unter härtestem Stress nachweisen. Normal sind mindestens acht Prozent. Banken, die beim Stresstest durchfallen, haben zwischen sechs und neun Monaten Zeit, das Eigenkapital zu beschaffen. Deutsche-Bank-Co-Vorstand Anshu Jain sagte heute trotz allem, was die EZB da mache, sei auf lange Sicht gut für Europas Banken. Dennoch holt sich auch die Deutsche Bank neues haftende Kapital, nicht über Aktien, sondern über sogenannte Coco-Bonds, die sie hoch – mit bis zu sieben Prozent - verzinsen muss.
    "Hohes Risiko und hoher Gewinn – das hängt hier ganz eng zusammen. Das ist ein ganz besonderes Optionsgenussschein-Angebot, was wir hier haben, das so auch bisher im Markt nicht bekannt war, diese sogenannten Coco-Bonds. Denn hier geht der Investor das Risiko ein, dass, wenn die Kernkapitalquote unter bestimmte Grenzen fällt, er einen vollständigen Verlust seines Kapitals erleidet. Deswegen sind das Hochrisiko-Anleihen. Da dürfen auch keine Privatanleger reingehen",
    sagt Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management. Was die Banken auch tun können und zum Teil schon getan haben: Gewinne einbehalten, also Dividenden kürzen, oder auch Geschäfte abstoßen. So könnte der Stresstest dazu beitragen, den europäischen Bankenmarkt, der ja als überbesetzt gilt, schrumpfen zu lassen.