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Geldpolitik
Altersvorsorge in Zeiten des Nullzinses

Nach der jüngsten Entscheidung der Europäischen Zentralbank ist Geld billig wie nie und die Zinsen werden wohl auf lange Zeit unten bleiben. Niedrige Zinsen heißt aber auch niedrige Erträge für die Sparer. Was bedeutet das für die Altersvorsorge, die doch alle verstärkt privat finanzieren sollen?

Von Michael Braun | 11.03.2016
    Die Euro-Skulptur am Willy-Brandt-Platz vor der EZB-Zentrale in Frankfurt am Main
    Die Euro-Skulptur am Willy-Brandt-Platz vor der ehemaligen EZB-Zentrale in Frankfurt am Main (dpa /picture alliance / Daniel Kalker)
    Privat für das Alter vorsorgen, geht auf vielen Wegen: Alle haben mit Sparen zu tun. Und in der engsten Form, auf Spar- und Tagesgeldkonten, wird das immer weniger interessant.
    Nun sollte auf Tagesgeldkonten nur der Notgroschen liegen, wenn Auto oder Waschmaschine repariert oder gar ersetzt werden sollen. Wirklich mit Altersvorsorge hat eine Lebensversicherung zu tun. Mehr als 90 Millionen Verträge werden in Deutschland geführt, rund 16 Prozent davon in der betrieblichen Altersversorgung. Rechnerisch hat also jeder Deutsche mindestens einen Vertrag. Doch einen neuen abschließen, davon hat heute Hermann-Josef Tenhagen, im Lichte der jüngsten EZB-Beschlüsse abgeraten. Der Chef des Online-Portals Finanztip sagte im Deutschlandfunk:
    "Wenn ich eine alte habe, dann bekomme ich zwar nicht das, was die mir damals mal vorgegaukelt haben mit Überschüssen und so. Aber da sind ja Garantien in den Verträgen drin, und diese Garantien werden bisher auch eingehalten. Verträge werden in Deutschland ja eingehalten und diese Garantiezinsen sind mit vier Prozent oder 3,25 Prozent minus ein paar Kosten immer noch ganz stattlich, jedenfalls deutlich besser als das, was ich im Augenblick sonst wo für sichere Anlagen bekomme. Deswegen alte Verträge festhalten, neue nicht abschließen."
    Regelungen für Lebensversicherungen ändern
    Lebensversicherungen gelten manchem Experten als überreguliert durch die Anlagevorschriften, die der Staat Lebensversicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerken macht. Das ließe sich und sollte man ändern, empfiehlt der Frankfurter Professor für öffentliche Finanzen, Alexander Ludwig:
    "Man kann an der kapitalgedeckten Säule des Systems auch noch ansetzen, indem man zum Beispiel die Restriktionen, die Lebensversicherungen unterliegen über Kapitalanlagevorschriften, etwas aufweicht und hier mehr Freiraum schafft, um höhere Renditen in Bereichen zu erwirtschaften, in denen im Moment halt nur relativ gering investiert werden darf. Dabei, muss man allerdings dann auch sagen, muss man auch bereit sein, höheres Risiko einzugehen."
    Konkret heißt das: Zumindest die langfristige private Altersvorsorge vor dem Niedrigzins zu schützen, in dem Aktien ins Kalkül gezogen werden. Die Dividendenrendite der 30 größten deutschen Aktien liegt derzeit bei 3,5 Prozent – weit entfernt vom Nullzins der EZB oder gar vom Negativzins deutscher Bundesanleihen. Die Kursrisiken wachsen mit Aktien. Aber das gleicht sich über die Jahre mit den Kurschancen mindestens aus.
    Risiken streuen
    Je näher die Zeit kommt, in dem das Depot zum finanziellen Alltagsleben beitragen soll, umso tiefer sollte gleichwohl der Aktienanteil sinken. Kostengünstige Formen, dabei die Risiken zu streuen, gibt es. Die Idee etwa der Riesterrente, Kapitaldeckung mit recht sicheren Staatsanleihen zu stemmen, die sei mittlerweile gestorben, sagt Gisela Färber, Professorin für Wirtschaftliche Staatswissenschaften an der Universität Speyer:
    "Wir haben uns damals, als die Reformen gemacht worden sind, eigentlich viel zu hohe nicht nur Nominal-, sondern auch Realzinsen hochgerechnet. Das heißt: Das, was wir damals an Renditeerwartungen mit den betrieblichen und privaten Altersvorsorgeprodukten erwartet haben, tritt so nicht mehr ein in der Zukunft. Und das ist natürlich ein Resultat dieser Notenbankpolitik."
    Diese Zinspolitik hat deutlich gemacht: Die Methoden der Altersvorsorge müssen gut gemixt sein. Die staatliche Rente aus dem Umlageverfahren bleibt in diesem Mix wichtig. Die kapitalgedeckte private Vorsorge braucht Aktien, Immobilien und Bares. Wer einen Schwerpunkt setzt, handelt sich auch ein Klumpenrisiko ein.