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Gemeinnütziger Journalismus
Spende für gute Recherchen

Der Journalismus ist nicht als gemeinnützig anerkannt. Die Folge: Spenden können so nicht von der Steuer abgesetzt werden. In Nordrhein-Westfalen wollen einige, dass sich dies ändert. Es gibt es zu diesem Thema nun eine Anhörung im Landtag - nicht jeder findet die Idee allerdings gut.

Von Kai Rüsberg | 28.02.2015
    Ein Mann sitzt an einem Computer, daneben eine Kamera.
    In NRW wird debattiert, ob Journalismus gemeinnützig sein sollte. (dpa/Armin Weigel)
    Der FDP Abgeordnete Thomas Nückel war selbst jahrelang freiberuflicher Journalist. Er weiß, dass es dort mit den Einnahmen bergab geht und setzt auf die Anerkennung von Journalismus als gemeinnützige Aufgabe im Steuerrecht.
    "Ich halte Journalismus für wichtig, weil er den Diskurs fördert und die kritische Öffentlichkeit erst herstellt. Damit grundlegende Bedingung von Demokratie."
    Journalismus ist bisher nicht gemeinnützig
    Bislang werden vom Staat Organisationen steuerlich begünstigt, deren Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. In §52 der deutschen Abgabenordnung sind 25 Themenfelder aufgelistet. Von der Wissenschaft über Religion, Jugendhilfe oder Tierschutz bis hin zu exotischen Themen wie Schach, Karneval oder Modellflug. Journalismus muss in die Abgabenordnung hinzu gefügt werden, verlangt David Schraven vom gemeinnützigen Recherchebüro Correctiv.
    "Anders als der propellergetriebene Modellflug ist der Journalismus eine Aufgabe, die für die Menschen da ist und hilft, in der Gesellschaft klar zu kommen. Modellflug tut das nicht."
    Vorläufer für gemeinnützigen Journalismus gibt es bislang vor allem in den USA mit einer Vielzahl von kleinen Recherchebüros. Verglichen mit der Finanzkraft der dortigen Stiftungslandschaft schaffen sie es zusammen auf ein bescheidendes jährliches Spendenaufkommen von circa 100 Millionen US-Dollar, so die Broost-Stiftung, die auch Schraven mit seinem Büro finanziert. Er glaubt, dass sich diese Idee auch in Deutschland verbreiten kann:
    "Ich glaube, dass aus dem Spendenkuchen namhafte Beträge mobilisiert werden können, weil viele Menschen sich lokal engagieren wollen mit ihren Spenden. Und weil Journalismus nah an den Menschen ist. Dass eine Gründungswelle gestartet werden kann im lokalen Journalismus."
    Bisher keine steuerliche Absetzbarkeit
    Journalismus an sich ist bislang steuerlich nicht absetzbar, selbst wenn er ohne Profitinteressen betrieben wird. Diese Erfahrung musste das Netzwerk Recherche machen, als sie mit dem Sitz von Hessen nach Berlin wechselten, erläutert Geschäftsführer Günther Bartsch.
    "Es ist ein generelles Problem, dass die Auslegung in den Bundesländern unterschiedlich ist, was ist Bildung. Manche sehen Bildung schon in dem journalistischen Produkt. Andere sagen, nee hat mit Bildung gar nichts zu tun."
    Die Parteien im Landtag von Nordrhein-Westfalen befürworten grundsätzlich die Gemeinnützigkeit für Journalismus. Thomas Sternberg von der CDU sieht jedoch grundsätzliche Probleme.
    "Wie kann man dafür sorgen, dass nicht Aufgaben von Redaktionen ausgelagert werden und in gemeinnützigen Organisationen durchgeführt werden. Dass nicht eine Konkurrenz entsteht zu Zeitungen, die es ohnehin schwer haben."
    Durch die Finanzierung aus Spenden ergeben sich auch ganz neue Einflussmöglichkeiten auf die Presse. Sehr leicht könnte ein Großspender versuchen, seine Zahlungen an die Erwartung einer bestimmten Berichterstattung koppeln, sorgt sich nicht nur Sternberg.
    "Ich kann mir nur vorstellen, dass es mit Transparenz gehen wird, in dem alle Spender deutlich mit ihrem Namen und Summen genannt werden."
    Am Ende entscheidet das Bundesfinanzministerium über die Änderung der Abgabenordnung. Die Länder könnten eine Bundesratsinitiative dazu starten. In NRW scheint die Mehrheit aus Grünen und SPD nicht abgeneigt, dies zu unterstützen.