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Generalstabsmäßige Karriereplanung

Mit 13 wusste Kirsten Schubert schon: Ich will da rein. BWL studieren und Business-Frau werden. Das hat sie geschafft. Jetzt ist sie Chefin einer Düsseldorfer Unternehmensgruppe, die unter der Leitung ihres Vaters noch "Putzblitz" hieß.

Von Ursula Mense | 29.04.2011
    "Das ist Rindergulasch mit Champignons, getrockneten Aprikosen und Zwiebeln, lecker. Die Silberzwiebeln kommen da noch dran, dann hat das einen schönen runden Geschmack."

    In der Robert-Janker-Klinik in Bonn kocht Annette Dawid. Sie ist Mitarbeiterin der Düsseldorfer Schubert Unternehmensgruppe. Ein klassischer Dienstleister, der vom Hausmeisterjob über die Wartung von Telefon- und Brandmeldezentralen, der Gebäudereinigung bis zur Grünflächenpflege so ziemlich alles übernimmt.

    "Wir focussieren uns dabei auf zwei Märkte. Einmal den Krankenhausmarkt, das sind Altenheime, Kindertagesstätten und Reha-Zentren. Dort erbringen wir sehr viele nicht-medizinische Dienstleistungen, mit einem großen Zweig die Speisenversorgung. Dann natürlich so Leistungen wie Zimmerreinigung und Bettendesinfizierung, sehr viele Transportdienste und versuchen da das Pflegepersonal von den nicht-medizinischen Leistungen zu entlasten. Und in der Industrie versuchen wir auch uns möglichst stark in den Produktionsprozess zu integrieren."

    Dr. Kirsten Schubert leitet das fast 9000 Mitarbeiter starke Unternehmen als geschäftsführende Gesellschafterin. Seit 15 Jahren ist sie im Geschäft, das ihr Vater Ende der 60er-Jahre gegründet hat. Zunächst als klassische Reinigungsfirma unter dem Namen Putzblitz. Schon bald aber kam das Catering hinzu. Christoph Schubert, der als ausgesprochen kreativer Kopf galt, merkte, dass er sich durch Besonderheiten vom Markt abheben musste. So entwickelte er beispielsweise mit seinem Forschungsteam eine Spezialernährung vor allem für Altenheime und Krebskliniken.

    Kirsten Schubert versteht sich in der Tradition des Vaters, der im vergangenen Jahr unerwartet früh starb. Sie hat ein Team von mehreren Geschäftsführern an ihrer Seite, die mitreden und ihr individuelles Know-how einbringen. Aber die Entscheidungen trifft jetzt sie:

    "Früher konnte man schon mal sagen, Papa hat es entschieden, wenn der sagte, das Großprojekt, das machen wir, ist ja seine Schuld, wenn es nicht hinhaut. Jetzt bin ich verantwortlich."

    Man traut ihr zu, dass sie das kann. Kirsten Schubert ist 1,80 groß, schlank und mit 43 Jahren sehr jugendlich wirkend. Sie spricht klar und offen und wirkt ausgesprochen selbstbewusst. Kein Mensch, der sich was vom Brot nehmen lässt. Man kauft ihr sofort ab, dass sie auch als einzige Frau in verschiedenen Vorständen, denen sie angehört, keine Probleme hat, sich Gehör zu verschaffen.

    Genauso straight wie sie "rüberkommt", so generalstabsmäßig hat sie auch ihre Karriere geplant. Sie war immer stolz auf die Firma, sagt sie, darauf, dass der Vater selbstbestimmt arbeiten konnte. Mit 13 wusste sie schon: ich will da rein. BWL studieren, Business-Frau werden, in Meetings sitzen und dort auch den Ton angeben. Das war die Idee. Fortan liest sie morgens gemeinsam mit dem Vater die Tageszeitung und spricht abends mit ihm übers Geschäft. Sie hilft bei Präsentationen, macht Praktika in verschiedenen Unternehmen und baut nach dem Studium sogar eine neue Firma in Österreich auf. Im Unternehmen anzukommen, war dann aber doch nicht ganz so einfach, sagt Jürgen Dickow. Er ist seit 30 Jahren bei Schubert und war lange neben dem Firmenchef der einzige Geschäftsführer:

    "Sie musste ganz schön kämpfen, und sie hat es nicht immer leicht gehabt, und es hat auch einiges an Nerven gekostet. Aber das lag weniger an ihr, als an Herrn Schubert, der in seiner Allgewalt das Zepter in der Hand behielt und jedem, der es hören wollte, sagte, so wie ich es mache, ist es richtig."

    Im Gegensatz zum Vater sieht sie sich mehr als Teamplayerin und beschäftigt sich viel mit Organisationspsychologie. Nur zufriedene Mitarbeiter sorgen für zufriedene Kunden, sagt sie. Darum organisiert sie Workshops und Mitarbeiterveranstaltungen.

    "Wir haben ein Unternehmensleitbild entwickelt, in dem festgehalten ist, wofür wir als Schubert Gruppe stehen, das haben die Mitarbeiter mit entwickelt. Das hat sehr viel gebracht für die Mitarbeitermotivation und die Zugehörigkeit."

    Mit rund 240 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2009 gehört die Schubert Unternehmensgruppe zu den Top 20 unter den Dienstleistern. Eine starke Leistung für ein Unternehmen, das erst in den 60er-Jahren quasi als Ein-Mann Betrieb begonnen hat, sagt Dr. Elke Kuhlmann vom Deutschen Verband für Facility Management. Allerdings ist Schubert damit in guter Gesellschaft: Piepenbrock, Kötter, Sasse oder Wisag - auch diese Unternehmen sind familiengeführt und haben sich innerhalb weniger Jahre an die Spitze gearbeitet. Sie alle kämpfen um einen Markt, der immer mehr von Konzentrierung geprägt sei, so die Branchenkennerin. Das bereitet auch Dr. Schubert Sorgen:

    "Heute geht so ein Unternehmen hin, kauft in Oberhausen unseren Wettbewerber und hat danach die Sparten, die sie sonst outgesourct haben mit einer ganzen Firma ingesourct. Sodexo hat Zehnacker gekauft, ein sehr starker Player im Reinigungsbereich, und da verschieben sich auf einmal die Größenordnungen von diesen familiengeführten Unternehmen."

    Sie setzt deshalb auf noch mehr Entlastung von nicht-medizinischen Arbeiten. Und macht gerade im Care-Bereich die Erfahrung, dass die Kunden lieber mit ihr Geschäfte abschließen als mit Großkonzernen:

    "Wir platzieren uns deswegen stark auf das Thema Familienunternehmen. Wir bauen auf Zuverlässigkeit, bei uns gibt es noch jemanden, der so heißt wie die Firma, bei uns gibt es kurze Wege und eine hohe Flexibilität und das ist auch etwas, das Kunden schätzen."