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Genmanipulation gegen Rebstockkrankheit

Am Pfaffenberg in Würzburg begann 1999 ein Genexperiment mit Rieslingreben. Zwei Gene aus der Gerste sollten die Weinstöcke widerstandsfähig gegen Pilzerkrankungen machen. Naturschützer protestierten von Anfang an gegen den Freilandversuch. Vor einem halben Jahr hat die Bayerische Landesanstalt für Wein und Gartenbau das Experiment abgebrochen. Es war gescheitert. Der gewünschte Schutzeffekt ist nicht eingetreten. Jetzt hat der Landwirtschaftsminister in Frankreich den ersten Genversuch im Nachbarland genehmigt.

von Siegfried Forster | 25.07.2005
    Anschlag auf die französische Weinkultur oder Avantgarde-Projekt für Winzer des 21. Jahrhunderts ? Das Französische Agrar-Forschungs-Institut INRA in Colmar ist ab September Schauplatz eines Freilandversuches mit 70 gentechnisch veränderten Weinstöcken. Colmar kann auf diesem Gebiet eine weltweite Spitzenstellung für sich beanspruchen, bemerkt der Präsident des dortigen INRA-Labors, Jean Masson:

    "Wir sind ohne Zweifel führend im Bereich der Virus-Krankheiten, also auch, was die so genannte Reisigkrankheit für den Wein angeht. Wir sind auch mit führend, was den Gen-Transfer anbetrifft, um zu sehen, wie man den Weinstock gegen diese Krankheit schützen kann."

    Jeder zehnte Weinberg in Frankreich ist von der Reisigkrankheit betroffen. Aber auch viele Weinanbaugebiete in anderen Ländern leiden unter dieser Virus-Erkrankung, die von Fadenwürmern im Boden übertragen wird und zum Absterben der Weinstöcke führt. Das einzige Gegenmittel bis heute besteht darin, die erkrankten Weinberge fünf bis zehn Jahre lang brachliegen zu lassen. Vom Gen-Transfer erhoffen sich die Forscher vollkommen resistente Weinstöcke. Trotzdem sind viele Weinbauern gegen den Freiland-Versuch mit transgenen Reben, der nur zwei Kilometer von den traditionellen Weinbergen entfernt stattfinden wird, so der elsässische Winzer Christoph Hartmann vom Alternativen Bauernverband Confédération Paysanne:

    "Es ist für uns keine gute Nachricht. Diese Forschung ist heute nicht mehr notwendig. Wir haben andere Möglichkeiten, gegen diese Krankheit zu kämpfen. Warum versuchen sie das nicht weiter, warum muss man Genetik-Technologie nehmen, wo niemand will."

    Mit anderen Möglichkeiten meint Christoph Hartmann unter anderem klassische Kreuzungen von Weinreben. Eine Methode, mit der bei anderen Krankheiten bereits bemerkenswerte Erfolge erzielt worden sind. Außerdem sei der erhoffte Produktivitätsgewinn nicht mehr zeitgemäß, gibt Christoph Hartmann zu bedenken. Schließlich werde immer mehr Wein angebaut, aber gleichzeitig immer weniger Wein getrunken. Insofern sei es leicht möglich, ein gegenseitiges Hilfs-System mit Ersatz-Anbau-Flächen einzurichten. Jeder Winzer, dessen Weinberg erkrankt ist, bekommt einfach einen Ersatzweinberg zur Verfügung gestellt. INRA-Präsident Masson gesteht ein, dass es verkehrt wäre, alles auf die Gentechnik zu setzen:

    "Das ist in keinem Fall die einzige Lösung. Was die INRA anbetrifft, so arbeiten wir parallel an drei unterschiedlichen Lösungs-Ansätzen. Erstens ein Schutz gegen die Reisig-Krankheit mit Hilfe gentechnisch-veränderter Organismen. Zweitens: die Entwicklung neuer Rebsorten mit Hilfe herkömmlicher Kreuzungen, um sie gegen Fadenwürmer resistent zu machen. Drittens versuchen wir den biologischen Aufbau von Fadenwürmern zu verstehen, um Mikro-Organismen ausfindig zu machen, die Fadenwürmer angreifen und dadurch verhindern, dass die Fadenwürmer die Weinstöcke angreifen."

    Erstmals haben die Forscher auch eine Art Nachbarschafts-Komitee ins Leben gerufen, bei dem Lokal-Politiker, Winzer und Verbände gleichermaßen ihren Ängsten und Sorgen Ausdruck verleihen können. Die Winzer stehen dem Unternehmen trotzdem weiterhin äußerst skeptisch gegenüber. Sie befürchten einen Imageverlust ihrer jahrhundertealten Weinkultur. Kein Wunder: bis heute hat sich das Elsass erfolgreich gegen jeglichen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen gewehrt. Und auch wenn aus den nun angebauten transgenen Weinreben sämtliche Blüten und Weinreben entfernt werden und kein einziger Tropfen Wein produziert werden wird, die Gefahr, dass profitorientierte Großkonzerne letztlich staatliche Forschungen für Genwein missbrauchen, bleibt, warnt Christoph Hartmann:
    "Diese großen Laboratorien möchten gerne, dass man diese Genetikpilze nimmt oder Bakterien, um diesen Wein zu machen, das ist ein großes Risiko. Denn der Markt ist international. Das heißt, sie verkaufen dir als Winzer eine Tasche mit 20 Gramm oder pro Hekto oder 30 Gramm mit dieser Hefe drin, mit diesen Bakterien, machst Du das in den Most, in den Traubensaft und hopp, dein Wein ist perfekt. Das ist das Ende von den europäischen Weinen."

    Anders als bei Freilandversuchen mit genmanipuliertem Mais haben die Alternativen Bauernverbände bisher zu keiner Zerstörungs-Aktion des Versuchsgeländes aufgerufen. Das kann sich natürlich bis zum Start im September noch ändern. Frühestens 2007 werden die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse erwartet. Im Jahr 2009 läuft die Genehmigung dann wieder aus.