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Geräuschgrenzwerte
Laute Motoren stören viele, sind aber oft legal

Der Lärm mancher Autos und Motorräder entspricht zwar den europäischen Grenzwerten - ist aber dennoch zu laut für den Straßenverkehr. Die Umweltminister der Länder fordern deswegen, etwas gegen den Krach zu unternehmen. Zuständig sind jedoch die Verkehrsminister.

Von Tonia Koch | 11.12.2018
    Ein Motorradfahrer auf einer Honda CTX 700
    In vielen Fahrzeugen - etwa Motorrädern - steuert Software den Motorsound (picture alliance / dpa / Marcus Simaitis)
    Bei der Firma Bastuck im saarländischen Lebach werden Auspuffanlagen nach Maß gefertigt, pro Jahr über 40.000 Stück. Die Kleinserien gehen in die Industrie und an Kfz-Werkstätten und dienen nur einem einzigen Zweck: Sie bedienen den Wunsch der Autokäufer nach Individualität, sagt Firmeninhaber Rainer Bastuck.
    "Jeder will was Eigenes haben, was zu ihm passt. Wenn Sie hinter einem Auto herfahren und es ist optisch anders als normal, ist es was Individuelles. Genauso ist es mit dem Ton. Wenn der Ton etwas kräftiger und dunkler klingt, hört es sich anders an als normal, obwohl die Lautstärke und die Geräuschwerte identisch sind. Das ist das, was die Leute haben wollen."
    Dass Emotionen beim Kauf eines Autos bedient werden wollen, das wissen auch die Hersteller. Und Autos mit sportlicher Anmutung oder Motorräder sind daher in aller Regel serienmäßig so ausgestattet, dass sich der Klang des Motors variieren lässt. Möglich wird dies durch sogenannte Klappenauspuffanlagen oder Soundgeneratoren. Und es funktioniert im Grunde recht einfach. Je weiter die Klappe im Auspuff geöffnet wird, desto mehr Motorenlärm dringt nach außen.
    Software steuert Motorsound
    In welchem Modus der Nutzer sein Fahrzeug steuern möchte, kann er über eine eingebaute Software wählen. Die einzelnen Fahrmodi reichen von umweltschonend über sportlich bis hin zu supersportlich. Der Einbau solcher Systeme ist legal, und sie müssen die auf europäischer Ebene erlassenen Geräuschgrenzwerte einhalten. Aber diese Werte seien in Zusammenarbeit mit der Automobilindustrie festgelegt worden, wendet das Umweltbundesamt ein. Umweltaspekte seien dabei zu kurz gekommen sagt Lars Schade, zuständig für Lärmminderung im Verkehr.
    "Um das noch einmal klar zu stellen, die Fahrzeuge können völlig legal und regelkonform sein und trotzdem im Straßenverkehr sehr laut sein."
    Auspuffanlagenbauer Bastuck sieht hingegen im Missbrauch der eingesetzten Technologie die Ursache für die zunehmende Lärmbelästigung.
    "Es gibt schwarze Schafe, die die Klappen für andere Dinge nutzen, um einfach per Kopfdruck in irgendeinem Fahrzyklus einen Weg frei zu machen, die Schalldämpfer zu umgehen. Das sind die Probleme, die wir haben."
    Mehr Kontrolle und veränderte Prüfzyklen
    Beide sind sich einig, dass mehr kontrolliert werden muss, um dem bewusst herbeigeführten Motorenlärm zu begegnen. Lars Schade:
    "Man muss die Kontrollmöglichkeiten bei einer Straßenverkehrskontrolle mitdenken und mit lösen, und man muss auch entsprechend sanktionieren, also die Bußgeld-, die Sanktionierungsmöglichkeiten müssen erheblich verschärft werden, damit eine Drohgebärde da ist und die Nutzer abgeschreckt werden."
    Das Umweltbundesamt wirbt darüber hinaus für veränderte Prüfzyklen, denn im Moment werde die Geräuschkulisse normalerweise bei etwa 50 Stundenkilometern nachgeprüft. Bei maximal 80 Stundenkilometern sei Schluss, und das sei zu wenig. Aber da die Grenzwerte über den Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen erst vor wenigen Jahren auf europäischer Ebene neu festgelegt worden sind, sieht das Umweltbundesamt kaum Chancen, dass sich daran etwas ändern wird. Überdies seien die Verkehrsminister, die sich auf Wunsch der Umweltminister mit der Angelegenheit befassen sollen zwar die richtigen, aber nicht notwendigerweise die bestmöglichen Ansprechpartner, glaubt Schade.
    "Solange die Gesundheits- und Umweltfrage des Verkehrslärms im Verkehrsressort verankert ist, denke ich, können wir keine grundsätzliche Verbesserung erwarten."