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Gerechte Kostenverteilung gefordert

Mehrere Umwelt- und Sozialverbände treten gemeinsam für eine sozial gerechte Energiewende ein. Darin fordern sie Hilfen für einkommensschwache Haushalte, die die steigenden Stromkosten nicht bezahlen können.

25.10.2013
    Auf jeden Fall ist es ein durchaus bemerkenswertes Bündnis, welches da früh vor die Presse trat. Neben dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) sind dies beispielsweise der Diakonie-Verband, die Nationale Armutskonferenz und auch der Paritätische Gesamtverband. Umwelt- und Sozialverbände wollen künftig gemeinsam für eine schnellere Umsetzung der Energiewende kämpfen und gleichzeitig damit eine engagierte Sozialpolitik verbunden wissen. Bislang sei es ja so gewesen, dass ökologische und soziale Interessen gern gegeneinander ausgespielt wurden - die Kosten der Energiewende belasten Einkommensschwache überproportional hoch. Grundsätzlich aber, so Ulrich Schneider, Geschäftsführer des paritätischen Gesamtverbandes, wolle man die Energiewende.

    "Da, wo kurzfristige Politik gemacht wird - aufgrund kurzfristiger Politikinteressen - können wir unsere Bündnispartner nicht finden. Wir setzen hier auf die Umweltverbände, die tatsächlich am Gemeinwohl interessiert sind, die tatsächlich eine nachhaltige Politik machen wollen. Wir sagen, unsere Leitplanken als Wohlfahrtsverbände sind ganz klar: Wir wollen eine konsequente Energiewende mit ebenso konsequenter sozialpolitischer Flankierung - damit fahren alle am besten."

    Natürlich blicken die hier beteiligten Verbände derzeit vorrangig auf die im Bund stattfindenden Koalitionsverhandlungen. Man hofft, dass die politisch gewollte Energiewende wieder besser in die Spur kommt. Hier müssten dann aber auch andere Schwerpunkte gesetzt werden. Hubert Weiger, der Präsident des Naturschutzbundes:

    "Wir fordern - auf nationaler und auch europäischer Ebene - klare politische Vorgaben für Emissionen. Damit nicht Braunkohlekraftwerke maximal durchlaufen und Klimaschutzziele - rein aus Kostengründen - verfehlt werden. Davon profitieren nur einige wenige, während die Haushalte und auch die mittelständische Wirtschaft dafür aber die Zeche zahlen."

    Es wird somit auch der Vorwurf formuliert, dass beispielsweise beim Erneuerbare-Energien-Gesetz die vielen Ausnahmenregelungen, die Kostenbefreiungen für die Industrie, zulasten des Mittelstandes und der ganz gewöhnlichen Haushalte in Deutschland gehen. Eine Fortführung der Energiewende in Deutschland sei unabdingbar, da dürfe jetzt nicht dran gerüttelt werden. BUND-Präsident Hubert Weiger:

    "Wir fordern vor allem, dass der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien beibehalten wird. Das ist das Herzstück, an dem derzeit aber massiv "geknappert" wird. Dies würde letztendlich dazu führen, dass die Investitionen in diesem Bereich künftig ausblieben, die Unsicherheiten zunehmen und damit die Energiewende ein Projekt von gestern wäre."

    Die heute vorgestellte "Charta zur sozial gerechten Energiewende" will eine gerechte Kostenverteilung sicherstellen. Hier gehe es vor allem darum, dass Leistungen wie Arbeitslosengeld II, Wohngeld, Grundsicherung im Alter oder die Sozialhilfe stets parallel zu steigenden Energiekosten wachsen sollten. Der Paritätische Gesamtverband hat hierfür Kosten von 800 Millionen Euro pro Jahr skizziert. Mehrkosten, die aber vertretbar seien. Geschäftsführer Ulrich Schneider:

    "Weil wir sehen müssen, dass allein durch die Erhöhung der EEG-Umlage im nächsten Jahr der Bund noch mal rund 250 Millionen Euro von den privaten Haushalten an Mehrwertsteuer einnehmen wird. Die gesamten Mehrwertsteuereinnahmen im Energiebereich liegen in einem zweistelligen Milliardenbereich. Und wenn der Bund einen Teil davon - 800 Millionen Euro - dafür einsetzt, dass bei der Energiewende auch wirklich alle mitgenommen werden, dass diese sozialverträglich abläuft, ist dies nur eine legitime Forderung. Das ist für uns sehr zentral."

    Künftig sollen also bei der Energiewende mehr soziale Belange berücksichtigt werden, ohne, dass das Tempo der ökologischen Modernisierung Schaden nimmt - das ist das Ziel der heute vorgestellten Charta.