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Gerichtsurteil
Blutpass verliert im Anti-Doping-Kampf wohl an Bedeutung

Ein spanischen Berufungsgericht hat die Sperre eines Radsportlers aufgehoben, die auf Werten aus dessen Blutpass beruhte. Für den Anti-Doping-Kampf ist das ein herber Rückschlag. Seit seiner Einführung im Jahr 2009 waren alleine schon bis 2018 über 150 Sportler auf Grund von anomalen Werten im Blutpass gesperrt worden.

Von Heinz Peter Kreuzer | 26.10.2020
Der spanische Radprofi Ibai Salas
Der spanische Radprofi Ibai Salas (imago sportfotodienst)
Es ist ein Hin und Her im Fall Ibai Salas. Im vierten Gerichtsverfahren dieser Causa wurde der Blutpass als Nachweisverfahren verworfen. Salas Anwalt überzeugte das Berufungsgericht in Madrid, dass der Blutpass des Radsport-Weltverbands UCI keine zulässige Methode zur Feststellung eines Dopingvergehens sei. Denn es sei keine Substanz nachgewiesen worden. Nach dem Urteil dürfen die Werte im Blutpass nur für die Einleitung weiterer Untersuchungen genutzt werden.
Damit verliere der Blutpass enorm an Bedeutung, auch über Spanien hinaus, ist der Sportrechtler Paul Lambertz überzeugt: "Die WADA muss jetzt auf das Verfahren reagieren, das ist schon Zündstoff, was da entschieden wurde. Die Argumentation, die die Anwälte des Radsportler geführt haben, kann ja in jedem Verfahren, das auf Grund des Passes geführt wird, so geführt werden."
Höhepunkt eines jahrelangen Rechtsstreits
Das Urteil von Madrid ist der vorläufige Höhepunkt eines jahrelangen Rechtsstreits. 2018 hatte die spanische Anti-Doping-Agentur den Straßenrad-Profi wegen anomaler Werte im Blutpass zwischen Januar und August 2017 für vier Jahre gesperrt. Ein Jahr später gewann Salas vor dem spanischen Sportgerichtshof. Dieser entschied, dass der biologische Pass nicht ausreiche, um die Begehung eines Verstoßes gegen Anti-Doping-Bestimmungen zu beweisen. Der Internationale Sportgerichtshof gab wenige Monate später einer Klage der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA statt und hob die Entscheidung des nationalen Sportgerichts wieder auf.
Im CAS-Urteil heißt es: "Die sechs Blutproben von Salas wurden von dem von der WADA akkreditierten Labor in Barcelona untersucht. Einstimmig wurde beschlossen, dass die Werte "höchst anormal" seien und "auf eine hohe Wahrscheinlichkeit von Doping hindeuteten". Salas könne auch "keinen glaubwürdigen, physiologischen oder pathologischen Grund zur Erklärung der Anomalie" geben."
WADA führte den BLutpass als indirekten Beweis ein
Jetzt ist die Welt-Anti-Doping-Agentur wieder am Zug. Denn 2009 hatte sie den Blutpass als indirekten Beweis eingeführt, um Sportler bei verdächtigen Werten über einen längeren Zeitraum sperren zu können. Für Rechtsanwalt Paul Lambertz ist das aktuelle Urteil eine Gefährdung des Anti-Dopingkampfes.
"Die WADA ist angewiesen darauf, dass die Schiedssprüche des CAS in den jeweiligen Ländern des Dopingsünders vollstreckt werden können. Denn Regeln müssen nicht nur in Deutschland und der Schweiz, sondern weltweit Akzeptanz finden. Und genau diese Einheitlichkeit ist mit dem Urteil aus Spanien gerade nicht mehr gewährleistet.
Die WADA wartet noch auf die Urteilsbegründung, ehe sie über eine Berufung entscheidet. Bis dahin ist Radprofi Ibai Salas nicht mehr gesperrt.