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Gesetzentwurf
Spahn will Masern-Impfpflicht einführen

Bußgelder und ein Verbot in die Kita zu gehen - das sind zwei Punkte, mit denen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Schutz vor Masern verbessern will. Rückendeckung für seine Pläne gibt es aus der SPD und der Bundesärztekammer.

Von Nadine Lindner | 05.05.2019
Bundesgesundheitminister Jens Spahn spricht im Deutschen Bundestag (9.11.2018).
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn möchte, dass Eltern bis Ende Juli 2020 nachweisen müssen, dass ihre Kinder geimpft sind, sonst könnten ihnen Bußgelder von bis zu 2.500 Euro drohen. (dpa-news, Wolfgang Kumm)
Konkret geht es um die Erhöhung der Impfquote, die derzeit nur bei 93 Prozent liegt, aber dringend auf 95 Prozent steigen müsste, um wirksam zu sein.
Spahn möchte, dass Eltern bis Ende Juli 2020 nachweisen müssen, dass ihre Kinder geimpft sind, sonst könnten ihnen Bußgelder von bis zu 2.500 Euro drohen oder der Ausschluss vom Kita-Besuch. Schulbesuche von ungeimpften Kindern können wegen der Schulpflicht nicht untersagt werden. Das kündigte Spahn heute im Interview mit der Bild-Zeitung an.
Kritik aus der Opposition
Rückendeckung bekommt der CDU-Gesundheitsminister umgehend vom Koalitionspartner. SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach äußerte sich am Morgen auf Twitter positiv zum Vorhaben des Gesundheitsministers: Die Richtung stimmt, schreibt Lauterbach. Ohne die Impfpflicht seien die Masern nicht zu besiegen. Der Vorschlag könne eine gemeinsame Grundlage für ein Gesetz sein.
Aus der Opposition kam Kritik – nicht am Ziel, aber am eingeschlagenen Weg.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer findet es zwar notwendig, die Impfquote zu erhöhen, sieht eine Impfpflicht aber nur als allerletztes Mittel: "Kritik äußern wir daran, dass vor einer Impfpflicht und drakonischen Strafen von 2500 Euro eine Offensive zur Aufklärung stattfinden sollte."
Kordula Schulz-Asche, Gesundheitspolitikerin der Grünen, ist grundsätzlich auch dafür, die Impfquoten zu erhöhen. Denn das sei auch ein Zeichen der gesellschaftlichen Solidarität. Die Sanktionen wie Kita-Ausschluss hält sie aber für falsch, denn die Ursachen für zu wenige Zweitimpfungen sieht sie bei Mängeln im Gesundheitssystem: Wir haben ja bei den Kindern, wenn sie in die Schule kommen bei über 97 Prozent der Kinder die Erstimpfung und es fehlt die Zweitimpfung bei, also da haben wir nur eine Impfrate von 93 Prozent. Was wenig ist. Und von daher ist die Frage zu stellen, da es sich offensichtlich nicht um Impfgegner oder Impfskeptiker handelt, woher eigentlich der Unterschied bei den Zweitimpfungen kommt. Ich vermute, dass es eher an der kinderärztlichen Versorgung liegt als an der mangelnden Bereitschaft der Eltern, sich ums Impfen zu kümmern.
Laut Robert-Koch-Institut sind 97 Prozent der deutschen Schüler einmal gegen Masern geimpft. Für einen wirksamen Schutz ist aber auch die zweite Impfung nötig, die nur noch 93 Prozent der Kinder bekommen.
Rückendeckung von Ärzte-Verbänden
Der öffentliche Gesundheitssektor sei kaputtgespart worden, das räche sich jetzt, so Schulz-Asche. Grünen-Politikerinnen hatten die Impfpflicht im März noch als Eingriff in die Grundrechte bezeichnet.
Auch auf die Unterstützung der Ärzte-Verbände wird Spahn offenbar bauen können. Ärztepräsident Ulrich Montgomery hatte sich am 20. April in der ARD bereits für eine Impfplicht ausgesprochen – nicht nur für Masern, sondern auch andere ansteckende Krankheiten wie Mumps. Nur durch die Immunität von allen könnten Ansteckungen verhindert werden. Das Risiko einer Impfung sei geringer als das der Krankheit.
"Die klassischen Kinderkrankheiten, die wir heute durch Impfung besiegen könnten, Masern, Mumps, Röteln und Windpocken. Wenn alle Kinder dagegen geimpft würden, das wäre ein großer Fortschritt."
Fallzahlen steigen international
Auch international gibt es große Sorgen um Masern: in Ländern wie Brasilien, Frankreich, USA oder der Ukraine steigen die Fallzahlen. Masern sind eine hochansteckende Infektionskrankheit, die Viren bleiben noch zwei Stunden lang in der Atemluft aktiv. Für eine Ansteckung muss eine Person also gar nicht mehr im Raum sein. In einem von 1.000 Fällen kommt es zu einer Gehirnentzündung, die Krankheit kann tödlich verlaufen. Spahns Entwurf wird zurzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Er soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden.