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Gesetzesentwurf der Grünen
Einwanderung erwünscht

Talentkarten für ausländische Fachkräfte, mehr Doppelpässe und ein schnellerer Wechsel vom Asylverfahren zur Erwerbstätigkeit - die Grünen haben ihren Entwurf eines Einwanderungsgesetzes vorgelegt. Ähnlich wie die SPD setzen sie dabei auf ein Punktesystem für Migranten.

Von Nadine Lindner | 04.04.2017
    Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen,l), der wissenschaftliche Berater Thomas Groß und Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt stellen am 04.04.2017 in Berlin ihren Entwurf zum Einwanderungsgesetz vor.
    Der Gründe Volker Beck, der wissenschaftliche Berater Thomas Groß und Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt stellen in Berlin ihren Entwurf zum Einwanderungsgesetz vor. (picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Nein, dieser Entwurf sollte nicht untergehen. Und so hatte die grüne Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt in den großen Saal der Bundespressekonferenz eingeladen.
    "Liebe Kolleginnen, liege Kollegen, herzlich willkommen in der Bundespressekonferenz. Unser Thema heute Morgen ist der grüne Entwurf eines Einwanderungsgesetzes."
    Es ist eher selten, dass ein Gesetzesentwurf der Opposition einen solchen Rahmen bekommt.
    Aber – das Thema ist wichtig, sagt Göring-Eckardt: "Das ist an der Zeit, die alternde Gesellschaft und der Fachkräftemangel lassen keinen Zweifel mehr. Nein, wir werden die demografische Entwicklung mit Einwanderung nicht umkehren können, aber wir können sie dämpfen."
    Grüne setzen auf Punktesystem für mehr Flexibilität
    In ihrem Entwurf gehen die Grünen auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ein, demnach verringere sich die Zahl der Erwerbspersonen bis zum Jahr 2030 um 3,6 Millionen Menschen.
    Die 82.000 Arbeitserlaubnisse, die im Jahr 2015 ausgestellt wurden, seien deutlich zu wenig. Wie viele Menschen ihren Vorstellungen nach neu nach Deutschland kommen sollen, sagen die Grünen nicht.
    Im Zentrum der Vorstellungen steht ein Punktesystem erklärt Volker Beck, migrationspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion:
    "Der große Vorteil des Punktesystems, so wie wir es vorschlagen, ist, dass wir flexibel auf Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt sowie bei Migrationsbewegungen reagieren können."
    Orientierung an Einwanderungsländern wie Kanada
    Die Entscheidung über die Anforderungen bei Punkt-Zahlen soll die Bundesregierung auf Vorschlag einer neu zu schaffenden Kommission festlegen und jedes Jahr neu justieren.
    Einwanderung ist erwünscht. Dieses Signal soll von dem Gesetzesentwurf ausgehen, der sich an Einwanderungsländern wie Kanada orientiere.
    Zusätzlich zum Punkte-System soll es sogenannte Talentkarten geben – die Berechtigung, ein Jahr lang in Deutschland einen Job zu suchen, sagt Katrin Göring-Eckardt:
    "Eine Karte, mit der gut qualifizierte Fachkräfte mit ihren Familien ohne Nachweis eines Arbeitsplatzes kommen können. Sie können dann ein Jahr lang ausprobieren, ob sie in Deutschland einen Arbeitsplatz finden. Für dieses eine Jahr bekommen sie keine Unterstützung sozialer oder einer Art."
    Die Vorrangprüfung durch die Arbeitsagentur – also ob ein deutscher Arbeitnehmer zur Verfügung stehe – soll wegfallen.
    Wechsel zwischen Asyl-System und Einwanderungssystem ist möglich
    Ein Wechsel zwischen dem Asyl-System und dem Einwanderungssystem ist laut Gesetzesentwurf ausdrücklich möglich, erklärt Professor Thomas Groß. Der Jurist der Uni Osnabrück ist wissenschaftlicher Berater:
    "Es soll erleichtert werden, der Wechsel aus dem Asylverfahren in den Aufenthalt zur Erwerbstätigkeit, wenn ein Arbeitsplatz vorliegt, um das Potenzial von bereits im Land lebenden Personen zu nutzen."
    Zudem fordern die Grünen mehr Migration ins deutsche Bildungssystem.
    Angestrebt sind auch Erleichterungen beim Staatsbürgerschaftsrecht, so solle es mehr Doppel-Pässe geben. Hier geborene Kinder sollen automatisch Deutsche werden.
    Angebot im Hinblick auf Koalitionsoptionen
    Auch andere Fraktionen im Bundestag haben bereits ihre Vorstellungen aufgeschrieben, so die SPD im November. Auch die Sozialdemokraten setzen auf das Punktesystem. Trotzdem gebe es Unterschiede, so Volker Beck, vor allem bei einem möglichen Übergang zwischen Asyl- und Einwanderungsystem:
    "Insofern sind wir da moderner, weltoffener aufgeschlossener, wenn sie sich das Punktesystem anschauen, dann ist die SPD da sehr starr."
    Im Hinblick auf mögliche Koalitionsoptionen nach der Bundestagswahl sagte die Fraktionsvorsitzende, der Entwurf sei ein Angebot zur sachlichen Diskussion.