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Gesetzlicher Mindestlohn
Neue Tarife und mehr Kontrollen

Der gesetzliche Mindestlohn schreibt 8,50 Euro pro Stunde als Bezahlung vor. Viele Branchen müssen sich dadurch stark umstellen. Andere sind zunächst ausgenommen. Ein Blick auf die Zeitungszusteller und das Taxi-Gewerbe - und auf die Arbeit des Zolls als kontrollierende Behörde.

Von Tonia Koch, Thielko Grieß und Mirko Smiljanic | 04.01.2015
    Acht Euro und fünfzig Cent liegen auf einer Werkbank.
    Ein Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde gilt seit 1.1.2015 in vielen Branchen. (dpa / picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand)
    "Der Mindestlohn kommt. So haben wir es im Koalitionsvertrag verabredet und so setzen wir es jetzt auch um."
    Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat ihre Pläne in die Tat umgesetzt. Seit Beginn des Jahres steht jedem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro zu. Jedem? Jedem dann doch nicht. Ausgenommen sind etwa Minderjährige ohne Berufsabschluss, Auszubildende und Praktikanten. Aber auch viele reguläre Arbeitnehmer müssen sich weiterhin mit weniger Geld zufriedengeben.
    "Manche Branchen sehen noch Probleme beim Übergang. Die Beispiele sind bekannt von Zeitungsboten bis hin zu den Taxifahrern. Ich bin sicher, bis Ende 2016 können das auch alle schaffen."
    Konkret heißt das: Für bestimmte Branchen gilt noch keinen Mindestlohn von 8,50 Euro, etwa für die Fleischwirtschaft. Hier hatten die Tarifparteien gerade einen Mindestlohn von 7,75 Euro ausgehandelt, der bis Ende 2016 stufenweise auf 8,75 steigen soll.
    Für Saisonarbeiter in Gastronomie und Landwirtschaft gilt der Mindestlohn. Aber der Arbeitgeber kann Kost und Logis damit zu einem Teil verrechnen. Für Zeitungszusteller gibt es eine weitere Sonderregelung. In diesem Jahr muss ihnen der Arbeitgeber nur 75 Prozent des Mindestlohns, also etwa 6,40 Euro zahlen, im Jahr darauf dann 7,20 Euro. Hinzu kommt, dass die veranschlagte Arbeitszeit oft nicht reicht und der effektive Lohn dadurch weiter sinkt.
    Das erste Zeitungsbündel kommt nach links auf den Stapel, das nächste bugsiert Reiner Ludwig nach rechts, zweiter Stapel. Und das dritte Bündel lädt er in sein Auto.
    "Jetzt brauch' ich das Spekuliereisen ... Moment."
    Reiner Ludwig greift an seine Brusttasche, in die er seine Brille gesteckt hat. Darüber trägt er eine gelbe Warnweste, auf deren Rücken Zeitungsgruppe Köln/ Leverkusen steht. Zeitungsausträger ist er in Leverkusen seit zwölf Jahren. Er nimmt noch einige Exemplare der Boulevardzeitung und eine "Frankfurter Allgemeine".
    "Jetzt muss ich aber doch mal meine Lampe anmachen."
    Es ist drei Uhr morgens, die Nacht ist stockduster, schwach erhellt von einer Leuchtstoffröhre an dieser Bushaltestelle. In ihrem Schutz liegen, jetzt stapelweise sortiert, ungefähr 600 Zeitungen. Zehn Minuten später steht Reiner Ludwig vor der ersten Haustür seiner Tour in Leverkusen.
    "So, jetzt haben wir hier Schlüssel ... "
    Ein mehrgeschossiges Hochhaus: 20, 30 Briefkästen reihen sich im Erdgeschoss über- und nebeneinander. Aber nur eine Handvoll Zeitungen verteilt er hier. Dann geht es zum nächsten Haus. Im Schnitt benötigt der Zusteller eindreiviertel Stunden für fast 80 Zeitungen, er ist an sechs Tagen in der Woche unterwegs. Im vergangenen Jahr wurde er nach Anzahl der ausgetragenen Zeitungen bezahlt. Unter dem Strich stand monatlich dieser Verdienst:
    "Ja, ich sag mal, über den Daumen 250 Euro."
    Zeitungszusteller sind zunächst ausgenommen
    Der Mindestlohn, der ihm seit wenigen Tagen gezahlt wird, hat diese Summe nicht wesentlich geändert. Grund dafür ist eine gesetzliche Ausnahme: Zeitungszusteller verdienen in diesem Jahr nicht die sonst üblichen 8,50 Euro, sondern zwei Euro weniger. Im nächsten Jahr steigt der Lohn etwas an und erreicht erst 2017 das in anderen Branchen schon jetzt übliche Niveau.
    "Also sind wir bis 2017 Menschen zweiter Klasse, oder was weiß ich?"
    Unfair behandelt fühlen sich allerdings auch die Zeitungsverleger. Helmut Heinen ist Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger – und Herausgeber der Kölnischen Rundschau. Er sagt, schon das Stücklohnsystem auf einen Mindestlohn pro Stunde umzustellen, habe den Verlagen viel Arbeit gemacht. In jedem Bezirk war die Frage zu beantworten: Wie lange braucht ein durchschnittlicher Zusteller für seine Arbeit?
    "Es geht so, dass jeder Bezirk nach gewissen Kriterien bewertet wird. Das ist die Zahl der Einsteckvorgänge, das ist die Struktur des Bezirks, das ist die Länge des Weges. Das sind besondere Bedingungen. Beispielsweise sieht es in hügeligen Gebieten anders aus als im rein städtischen Flachland."
    Grundsätzlich klagen die Verleger, der Mindestlohn koste sie schon bald Millionen – und das in einer Zeit, in der Auflagen und Werbeeinnahmen beständig sänken. Außerdem würden gerade Verlage in ländlichen Regionen hart getroffen. Damit sich dort die oft weiten Wege rentieren, haben etliche Unternehmen schon lange begonnen, mehr als nur Zeitungen zu verteilen, etwa Anzeigenblätter oder auch Post. Wer seine Zusteller allerdings mit solchen Hybrid-Tätigkeiten beauftragt, muss nun schon seit Jahresbeginn den vollen Mindestlohn von 8,50 Euro zahlen – ohne Übergangsfrist, ohne Übergangsstufen.
    Tageszeitungen stecken an einem Zeitungsstand in Drehständern.
    Zeitungszusteller erhalten noch nicht 8,50 Euro pro Stunde. (picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    "Das Thema Hybrid-Zustellung wird umso gravierender, je weiter man ins flache Land hineingeht oder auch ins hügelige Land hinein. In den Ballungsräumen, in den großstädtisch geprägten Räumen ist es in der Regel ein kleineres Problem."
    Im Mindestlohn sehen die Zeitungsverleger also mehrere Fehlkonstruktionen. Helmut Heinen hofft, die Politik lasse noch einmal mit sich reden. Er will darauf drängen, für Zusteller weniger Sozialabgaben zu zahlen. Das komme beiden Seiten zugute, Verlegern und Beschäftigten; allerdings hätten dann die Sozialkassen weniger Einnahmen. Bleibt alles, wie es jetzt ist, sieht Heinen die Pressefreiheit in Gefahr. Er kann sich vorstellen, notfalls vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
    Taxigewerbe musste sich stark umstellen - und erhöht Tarife
    Eine weitere Branche, die Probleme mit dem Mindestlohn hat, ist das Taxigewerbe, schlicht aus dem Grund, dass die Umsätze meist zu niedrig sind.
    Vorweihnachtszeit in Saarbrücken. Das Geschäft brummt. Das hebt die Stimmung bei Taxifahrern. Im Januar aber, wenn das Geschäft abflacht und der Mindestlohn greift, dann werde es ein böses Erwachen geben, erwartet dieser Fahrer.
    "Mindestlohn ist OK, aber nicht für uns, wir können die Fahrer nicht bezahlen, ab Januar schicke ich meine zwei Fahrer nach Hause, ich fahre alleine. Viele Kollegen haben die Kündigung schon bekommen. Darauf vorbereiten konnte ich mich ja lang genug, die ersten Kündigungen. Weil ich ja Mitarbeiter hatte, die 25 Jahre bei mir waren, habe ich im Frühjahr ausgesprochen. Ich habe neun Mitarbeiter und sechs sind gegangen. Bevor ich draufzahle, lasse ich lieber mein Auto stehen und damit basta."
    Ein Trend lasse sich aus diesen Momentaufnahmen noch nicht ablesen. Dafür sei es zu früh, meint Hartwig Schmidt, Geschäftsführer des Verbandes des saarländischen Verkehrsgewerbes.
    "Ich würde es nicht so schwarzsehen. Klar, es ist ein Kostensprung, der ist gewaltig, 30 Prozent, das muss man zunächst auffangen. Aber auf der anderen Seite gibt es aber auch höhere Tarife."
    Bereits im November sind die Taxitarife in Saarbrücken und Umgebung um zehn Prozent angehoben worden, was die Kunden klaglos hingenommen hätten.
    "Da haben wir nichts gemerkt. Die richtige Erhöhung kommt erst im Februar."
    Die zweite Tariferhöhung für die Stadt wird dann zeitlich an die Tariferhöhung für die ländlichen Gebiete gekoppelt. Beide sind für Februar vorgesehen und haben es in sich.
    "Es ist ein Staffeltarif. Der Tagtarif liegt bei 20 Prozent mehr und beim Nachttarif, der wird erstmals neu eingeführt, der liegt dann bei etwa 30 Prozent mehr."
    Erst dann werde sich zeigen, wie die Kundschaft darauf reagiere. Darüber hinaus seien auch mit den Krankenkassen neue Tarifstrukturen ausgehandelt worden, erläutert der Verbandsgeschäftsführer. Das sei vor allem für die Taxibetreiber auf dem Land wichtig, weil der überwiegende Teil ihrer Umsätze über Patiententransporte generiert werde.
    Preiserhöhungen allein werden nicht ausreichen, um die Einführung des Mindestlohnes von 8,50 Euro zu kompensieren, ist Fred Schildgen, Spross des ältesten Taxi-Unternehmens in Saarbrücken, überzeugt.
    "Es sind intelligente Lösungen gefragt, auch was die Fahrzeugsteuerung anbelangt, um damit die Effizienz zu erhöhen."
    Mindestlohn verändert Strukturen
    Die Branche ist durch kleinteilige Unternehmensstrukturen geprägt. In der Regel hat ein Betreiber lediglich ein oder zwei Taxis rund um die Uhr im Einsatz. Das Gewerbe müsse stärker untereinander kooperieren, und Städte und Landkreise müssten ihre Hausaufgaben machen. Überall da, wo die sogenannten Pflichtfahrgebiete kleinräumig ausfielen, sollten sie größer geschnitten werden, um unnötige Leerfahrten zu vermeiden. Denn verlässt ein Taxi zum Beispiel das Stadtgebiet, dann darf es zwar einen Gast in einem anderen Bezirk absetzen. Neue Kunden darf es dort aber nicht aufnehmen, sondern es muss leer zurückfahren. Der Mindestlohn rücke diese Strukturen in den Blickpunkt, betont Fred Schildgen.
    "Durch diesen Zwang kommen Dinge in Bewegung, die dringend nötig sind und die das Gewerbe aus sich heraus nicht in Bewegung gebracht hätte. Dafür sind die Innovationskräfte zu gering oder das Interesse oder was auch immer."
    Das Taxi-Gewerbe muss die Lücke schließen zwischen einem durchschnittlichen Stundenverdienst von aktuell plus/minus 6 Euro auf 8,50 Euro. Und es muss sein Entlohnungssystem grundlegend ändern, erläutert Hartwig Schmidt.
    "In den städtischen Bereichen ist überwiegend umsatzbezogen gezahlt worden, das wird sich jetzt umstellen auf eine fixe Bezahlung. Das heißt, der Unternehmer muss das genau aufzeichnen und dann sind die 8,50 Euro pro aufgezeichneter Stunde fällig, egal wie viel Umsatz er in dieser Zeit eingefahren hat."
    Wenn nicht gerade Weihnachten oder Wochenende sei oder ein Kongress in der Stadt veranstaltet werde, sei das nicht zu schaffen, stellt Steve Schneider fest. Der Jungunternehmer verfügt über mehr als 20 Fahrzeuge und beschäftigt 36 Fahrer, die meisten in Vollzeit. Er wird trotz Tariferhöhung sein Angebot künftig einschränken.
    "Das bedeutet für uns, dass wir unter der Woche von Montag bis Donnerstag, nur noch bis 22 Uhr respektive 24 Uhr Nachtdienst machen und danach reduzieren wir den Fuhrpark auf ein Fahrzeug, um unserer Bereitstellungspflicht nachzukommen."
    Fallen die Nachtdienste weg, fallen auch Beschäftigungszeiten weg. Steve Schneider schickt daher einen Teil seiner Minijobber nach Hause. Mit nur noch etwa 50 Stunden, die sie im Monat für 450 Euro arbeiten dürfen, seien sie nicht mehr flexibel genug einsetzbar. Und die meisten Minijobber seien nicht daran interessiert, den steuerfreien Verdienstrahmen zu überschreiten, weil viele Rentner darunter seien. Schneider setzt daher auf seine Festangestellten. Allerdings ist er unsicher, wie das neue Entlohnungssystem auf Stundenbasis auf seine Beschäftigten wirken wird.
    Taxis stehen am Flughafen Berlin
    Für Taxifahrer gilt der gesetzliche Mindestlohn. (picture alliance / ZB / Britta Pedersen)
    "Das ist von uns eine große Angst, dass Fahrpersonal diese Situation ausnutzt und sagt, OK, ich habe heute zehn Stunden für dich gearbeitet. Abzüglich meiner gesetzlichen Pausen möchte ich jetzt 8.50 Euro die Stunde dafür haben und hier habe ich 60 Euro Umsatz gefahren."
    Schneider will die Fleißigen belohnen. Wer viel Umsatz erwirtschaftet, soll über die 8,50 Euro hinaus daran beteiligt werden. Dieses Anreizsystem kann jedoch nur funktionieren, wenn all jene, die sich ohne Lizenzen auf dem Markt tummeln in die Schranken gewiesen werden. Dazu zählen Fahrdienste wie Uber oder Wundercar, die private PKW und private Fahrer für den Transport nutzen. Sie scheren sich nicht um Verbote, die vor Gericht gegen sie erstritten werden. Aber auch gegen Unternehmer aus den eigenen Reihen, die ihre Fahrer schwarz beschäftigten, müsse vorgegangen werden, wenn der Markt sich gesund entwickeln soll, fordert Schneider.
    "Wenn diese schwarzen Schafe weg sind, dann geht es dem einen oder anderen Unternehmer deutlich besser."
    Zoll kontrolliert auch Einhaltung des Mindestlohns
    Der Zoll hat die Aufgabe, den Mindestlohn zu überprüfen. Die Behörde wird deshalb personell verstärkt. Die Mindestlohnkontrollen würden ab dem ersten Tage beginnen, hat der Zoll noch Ende des Jahres angekündigt. Das betreffe alle Branchen, aber man werde auch Schwerpunkte setzen, etwa in der Gastronomie. Auch Kleinbetriebe stehen im Fokus der Fahnder.
    Eine Zollpatrouille auf der Autobahn A 4, Köln Richtung Olpe, ein paar Kilometer vor dem Rastplatz Aggertal-Süd. Es nieselt an diesem Morgen, wenige Tage vor Weihnachten, die Sicht ist schlecht.
    "Ja, das gehört dazu, bei Wind und Wetter machen wir unsere Kontrollen, und behelfen uns dann zum Teil, dass wir dann trockene Plätzchen suchen", erzählt Zolloberinspektor Jens Ahland vom Hauptzollamt Köln, während sein Kollege, Amtsinspektor Thorsten Bonrath, den weiß-grünen Vito mit mäßiger Geschwindigkeit Richtung Engelskirchen fährt. Ihre Aufgabe: Autos kleiner und mittlerer Betriebe aus dem fließenden Verkehr auf Parkplätze zu lotsen und dort die arbeitsrechtliche Situation von Fahrer und Beifahrer zu klären. Wen es trifft, hängt von Zufällen ab:
    "Das wichtigste Kriterium ist erst einmal eine Tätigkeit, sprich, dass derjenige für uns erkennbar eine Tätigkeit ausübt, also Privatfahrzeuge sind für uns weniger interessant. Und sonst ist es eine Mischung aus Bauchgefühl, Erfahrungswerten, ja, und alles was sich so im Bereich von Sprintern bewegt, 7,5-Tonnern, das ist für uns immer recht interessant."
    Interessant an diesem Morgen ist zum Beispiel ein Lieferwagen mit einem Anhänger voller Weihnachtsbäume:
    "Und jetzt geht's los, anscheinend hat mein Kollege etwas gesehen, was ihn interessiert, dann schauen wir mal."
    Zügig überholt der Zollwagen einen LKW:
    "Wenn man vorbeifährt, kann man immer noch mal sehen, okay, was steht draußen dran, dann erkennt man vielleicht auch schon die Branche. Hier sehen wir Weihnachtsbäume, die hinten auf dem Hänger liegen. Und zwei Leute, was dann auch sich sehr gut eignet. Und dann schauen wir mal, was die zu erzählen haben, für wen die das machen."
    Thorsten Bonrath setzt den Zollwagen vor den Weihnachtsbaumverkäufer, der jetzt rot und in großen Lettern "Bitte Folgen" liest. Eine Dienstfahrt findet ihr vorläufiges Ende auf dem Rastplatz Aggertal-Süd. Ein junger Mann öffnet die Fahrertür, etwas überrascht, aber keineswegs nervös: "Wir kommen aus dem Sauerland", sagt der Beifahrer. Warum die Zollfahndung sie anhält, ist ihnen schon bekannt: "Ja gut, wegen Schwarzarbeit und Schwarzverkauf und so weiter."
    Nach der Ausweis- und Führerscheinkontrolle beginnt die obligatorische Befragung. Seit wann er für die Firma Weihnachtsbäume verkauft, möchte Jens Ahland wissen.
    - "Seit dem 13.12."
    - "Diesen Jahres?"
    - "Diesen Jahres, genau, und letztes Jahr habe ich das auch schon gemacht."
    - "Okay, das wäre die nächste Frage, das ist ja ein Saisongeschäft, letztes Jahr war ja Beschäftigungszeitraum wie lange?"
    - "Auch genau so, über neun Tage oder zehn, glaube ich."
    - "Und was ist ihre Tätigkeit?"
    - "Ich verkaufe die Bäume."
    - "Und wo verkaufen sie?"
    - "In Düsseldorf."
    - "Haben sie noch eine selbstständige Tätigkeit?"
    - "Nein."
    - "Sie sagten aber, das ist Ihr Nebenjob."
    - "Ich bin Student."
    - "Sie sind Student."
    - "Jawohl."
    - "Okay."
    Nach einer Viertelstunde ist die Kontrolle beendet, eine Unterschrift, das war's für die Studenten und für die Zollfahnder, die nach einer Wende in Engelskirchen wieder Richtung Köln fahren.
    Zoll-Innendienst kontrolliert Angaben
    Ob die Angaben der Studenten stimmen, ob sie wirklich ein Nebenjob auf 450-Euro-Basis haben oder doch ein ausbeuterisches Arbeitsverhältnis, das klären die Kollegen des Innendienstes:
    "Sehr viel spielt sich dann auf der Dienststelle ab, wo wir dann auf verschiedenen Abteilungen diese Angaben überprüfen und dann natürlich auch regelmäßig in die Firmen gehen und dann über den Abgleich verschiedenster Daten und auch Stundenaufzeichnungen, diese Angaben auf Richtigkeit überprüfen."
    Der Kampf gegen die Schwarzarbeit und die damit verbundene Kontrolle, ob der Mindestlohn von 8,50 Euro gezahlt wird, das sind personalintensive Aufgaben. Ohne zusätzliche Mitarbeiter lassen sie sich nicht bewältigen. Das zuständige Bundesfinanzministerium hat diese Stellen bewilligt. Ob sie jedoch ausreichen, um flächendeckend zu prüfen, muss die Praxis zeigen. Ohnehin konzentrieren sich die Kontrollen oft auf bestimmte Bereiche.
    "Es gibt sicherlich Schwerpunktbranchen für uns, aber ich sage auch immer ganz gerne, es gibt genug Beispiele, wo wir Schwarzarbeit, oder ich sage mal, Nebenerscheinungen der Schwarzarbeit, wie zum Beispiel Scheinselbstständigkeit, Leistungsmissbrauch oder Ähnliches aufgedeckt haben in Bereichen, wo man erst einmal gar nicht daran denkt. Aber die Branchen, die Sie ansprechen, ich sage mal ganz klassisch Bau, Gastronomie, Gebäudereinigung, Personenbeförderung, das sind schon Bereiche, in denen wir Schwerpunkte setzen. Aber wir sind auch bemüht, dass wir keinen Bereich außen vor lassen, denn die Bereiche, die Erscheinungsformen, die ich gerade ansprach, die kann es wirklich in jeder Branche geben."
    An der deutsch-französischen Grenze bei Iffezheim (Baden-Württemberg) finden am 12.06.2014 grenzüberschreitende Kontrollen statt. Damit soll Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung bekämpft werden.
    Der Zoll kontrolliert auch die Einhaltung des Mindestlohns. (picture alliance / dpa / Uli Deck)
    Langsam fährt der Wagen über eine schmale Brücke wieder auf die andere Seite der Autobahn. Kurz vor der Auffahrt suchen die Zollfahnder im fließenden Verkehr das nächste Kontrollziel. Wer hier arbeitet, trägt übrigens eine Waffe, benutzt hat sie Jens Ahland noch nicht.
    "Nein, soweit war es glücklicherweise noch nicht, aber es gibt immer wieder Kontrollen, wo wir mit Leuten zu tun haben, die das in dem Moment nicht so schön finden, die dann vielleicht eine gewisse Aggressivität als Ausstiegsvariante sehen oder hoffen, dass das klappt. Da muss man in erster Linie mit seinem Auftreten und in der Zusammenarbeit mit seinen Kollegen dafür sorgen, dass es erst gar nicht dazu kommt, dass man die Waffe ziehen müsste. Also bisher habe ich eine solche Situation zum Glück noch nicht erlebt."
    Zumal auf den Autobahnen in den meisten Fällen keine Arbeitgeber kontrolliert werden, sondern die Arbeitnehmer. Für diese Klientel sehe man sich als Anwalt.
    "Wir machen den Job ja in erster Linie, um die rechtlichen Ansprüche auf Sozialversicherung oder Mindestlohn für die Arbeitnehmer zu überprüfen und den zu sichern. Aber auch Arbeitgebern, die sich die Arbeit machen, den Steuerberater bezahlen müssen, der für sie die Lohnbuchhaltung macht, auch denen sage ich dann mal ganz gerne, sie machen alles richtig. Und wenn es niemand überprüfen würde, dann müssten sie sich die Arbeit ja nicht machen. Oder anders gesagt, wir wollen ja die finden, die es nicht korrekt machen und die dadurch auch den fairen Wettbewerb nicht ermöglichen."
    Autobahn A 4, Köln Richtung Olpe auf Höhe des Rastplatzes Aggertal-Süd. Es nieselt noch immer, die Sicht ist nicht besser geworden, kein Problem für Kölns Zollfahnder:
    "Neue Runde, neues Glück, wir werden jetzt drehen, fahren die Raststätte wieder an und dann geht das Spiel von vorne los."