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Getreide mit Sonnenschutz

Biologie. - Experten prognostizieren für die Zukunft eine Zunahme der Hungerkrisen, bedingt durch eine wachsende Weltbevölkerung und Ernteausfälle durch den Klimawandel. Einen Ausweg verspricht die grüne Gentechnik, die Pflanzen an die neuen Bedingungen besser anpassen will.

Von Volkart Wildermuth | 14.04.2008
    Die Welt wird heißer und das heißt für die Bauern in der dritten Welt vor allem: sie wird trockener. Gerade Hochleistungssorten benötigen viel Wasser, und das ist schon heute Mangelware. Vielleicht wächst die Antwort auf dieses Problem schon heute auf Feldern in den USA und in Australien. Der amerikanische Konzern Monsanto will in den nächsten Jahren einen trockenresistenten Mais auf den Markt bringen, erläutert der Chef der Entwicklungsabteilung Robert Fraley.

    "Wir haben mehrere Gene identifiziert, die einen dramatischen Einfluss auf die Auswirkungen von Trockenheit haben. Diese Gene haben wir in Mais, Soja und Baumwolle eingebaut und dann mit Feldversuchen begonnen. Besonders beim Mais sind die Versuche weit fortgeschritten und die Effekte sind dramatisch. In einem sehr trockenen Jahr konnten wir mit unserem Mais mit dem Dürre-Gen zehn, 15, 20 Prozent mehr Ertrag erzielen. Das ist sehr viel für die Bauern und wird den Gewinn und den Ertrag verbessern."

    Welche Gene genau verändert wurden, will Fraley noch nicht verraten. Einige sollen die Photosynthese ankurbeln, andere schützen die Zellen direkt vor dem Dürrestress. Dazu könnten zum Beispiel Gene gehörten, die zur Bildung von Trehalose führen. Dieser Zucker erlaubt Wüstenpflanzen Trockenphasen zu überstehen. Ein Eiweiß namens HVA1 hat einen ähnlichen Effekt. Es stabilisiert Proteine, die bei Wassermangel drohen, ihre Form zu verlieren. In Australien erprobt das Zentrum für Agro-Biotechnologie dreißig verschiedene trockenresistente Weizensorten in Feldversuchen. Auch hier soll die Vermarktung in den nächsten Jahren beginnen. Viele dieser Sorten sind auch in der Lage, mit versalzten Böden zurecht zu kommen. Auch das ist ein Problem, das durch den Klimawandel immer häufiger auftreten wird. Welchen Einfluss diese robusteren Sorten aus dem Genlabor auf die Welternährung haben werden, lässt sich derzeit schlecht abschätzen. Die genetisch veränderten Pflanzen der ersten Generation, zum Beispiel Baumwolle und Mais, die Fraßinsekten den Appetit verderben, werden inzwischen auch von Millionen von Kleinbauern in der dritten Welt erfolgreich angebaut.

    Gerade in der Anfangsphase gab es aber massive Probleme. Beispiel Indien. Monsantos Insekten resistente Bt-Baumwolle wurde massiv vermarktet, viele Bauern verschuldeten sich, um das viel versprechende Saatgut zu bekommen. Die Erträge blieben aber weit hinter den Erwartungen zurück, viele Bauern verloren ihr Land. Der Erfolg einer Pflanze lässt sich nicht auf ein einziges Gen reduzieren. Erst wenn die genetische Veränderung in eine Vielzahl von an ganz unterschiedliche Standorte angepassten Sorten eingekreuzt wird, kann der Vorteil des neuen Gens zum Tragen kommen. In der Zwischenzeit gibt es die richtigen Bt-Sorten für Indien. Kleinbauern, die sie nutzen, müssen weniger Pestizide sprühen, erzielen höhere Erträge und verdienen am Ende auch mehr Geld. Das schafft auch neue Arbeitsplätze gerade für Frauen, wie eine noch nicht veröffentlichte Studie der Universität Göttingen zeigt. Ob neue Dürre unempfindliche Sorten tatsächlich Vorteile für die Kleinbauern bringen, wird maßgeblich davon abhängen, dass sie nicht vermarktet werden, bevor sie an die örtlichen Gegebenheiten angepasst wurden.

    Nicht nur große Konzerne forschen an der Dürreresistenz. Auch Universitäten und die 15 über die ganze Welt verteilte Institute der Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung verfolgen eine Vielzahl von Projekten. Sie kümmern sich auch um Pflanzen wie die Cassava, die zwar kommerziell nicht wichtig sind, aber viel zur Ernährung der Landbevölkerung beitragen. Auch hier gibt es gute Ansätze. Eine große Schwierigkeit besteht aber darin, genveränderte Pflanzen in der dritten Welt auch zugelassen zu bekommen. In vielen Ländern fehlen die Gesetze, zum Teil sind die Verfahren so teuer, dass sie sich nur große Konzerne leisten können. Die direkte gentechnische Veränderung ist aber nicht der einzige Weg, trockenresistente Sorten zu erzielen. Das Internationale Zentrum zur Verbesserung von Mais und Weizen hat von Mexiko aus Feldversuche in Afrika organisiert. Hunderte von Kleinbauern erprobten eine Vielzahl von Sorten unter widrigsten Bedingungen. Die besten Sorten erzielten eine um 20 Prozent höhere Ernte als die traditionellen Varianten. Die Wissenschaftler in Mexiko identifizierten dann genetische Marker für die Trockenresistenz, mit deren Hilfe sich die Züchtung neuer Sorten deutlich beschleunigen ließ. Ähnliche Erfolge gab es auch beim Reis. Hier wurden ertragreiche asiatische Sorten mit robusten afrikanischen Varianten gekreuzt. Die klassische Züchtung mit Hilfe von biotechnologischen Markern bietet wohl das größte Potential für die Anpassung der Nutzpflanzen an eine wärmere Erde.