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Gewerkschaften
Keine Angst vor Kälte

Am Wochenende bekommt die IG Metall einen neuen Vorsitzenden. Nach sechs Jahren an der Spitze tritt Berthold Huber ab. In der Wirtschaft wird befürchtet, dass der Ton mit seinem Nachfolger Detlef Wetzel schärfer werden könnte. Und auch andere Gewerkschaften haben neue Spitzenleute mit großen Forderungen.

Von Michael Braun | 22.11.2013
    Auch wenn es zuletzt wenig Anlass gab – öffentliche Aktionen scheut Berthold Huber nicht. Da ist er durch und durch Gewerkschafter. Etwa als es bei Opel 2009 Spitz auf Knopf stand. Da hatte die IG Metall Ende Februar zu einem Aktionstag nach Rüsselsheim gerufen. Ihr Vorsitzender Berthold Huber trat trotz der frischen Temperaturen nur im Jackett auf:
    "Keine Angst vor der Kälte, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Beschäftigten von GM in Europe, in Europa, haben heute eine Botschaft: Opel darf nicht sterben, Kolleginnen und Kollegen. Und Opel wird nicht sterben."
    Er könne laut sein, sagt er von sich. Aber meist ist er es nicht. Meist gehört er zu den Leisen, Nachdenklichen, Präzisen. Da sucht er dann auch schon mal während eines Vortrages einen Spickzettel, eine Unterlage, auf die er sich gerne beziehen möchte. Dabei verlangsamt er den Redefluss und seine Entourage ist heilfroh, wenn er den Zettel endlich gefunden hat. Und gewiss in dieser unaufgeregten Art wird er an diesem Wochenende die IG Metall in die Hände seines Nachfolgers Detlef Wetzel übergeben, in guter alter Tradition.
    "Brüder zur Sonne, zur Freiheit..." Das Lied der Linken, der Gewerkschafter und Sozialdemokraten gehört auch zum Kulturgut der IG Metall. Am kommenden Sonntag, zu Beginn des sechsten außerordentlichen Gewerkschaftstages, werden es die IG Metaller wohl wieder singen. Berthold Huber wird dann als Erster Vorsitzender gehen. Michael Hüther, als Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft quasi Teil des tarifpolitischen Gegenübers, zieht eine positive Bilanz der Ära Huber:
    "Die Tarifpolitik gerade auch in dem Bereich der Metall- und Elektroindustrie im Rahmen der Krise war höchst erfolgreich und verantwortlich, nämlich Beschäftigung zu halten und dann auch die Löhne stabil zu halten, danach aber auch nicht in eine übertriebene Nachschlagsdiskussion wirklich einzusteigen."
    Die Gewerkschaften können es sich leisten, kooperativ zu sein
    Lob von der falschen Seite? Nein, sagt der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser.
    "Für die deutsche Wirtschaftskultur ist sehr wichtig eine kooperative, man könnte auch sagen: korporative Struktur der Arbeitsbeziehungen. Das heißt: Die Gewerkschaften sind stark und können es sich deshalb leisten, kooperativ zu sein in den Unternehmen, wenn es denn sein muss. Sie sind aber auch stark genug, um die Interessen ihrer Mitglieder durchzusetzen, wenn es sein muss."
    Leicht war es für Berthold Huber nicht, zu gestalten. Es war die Zeit, als die für Deutschland wichtige Automobilindustrie in einer Sackgasse steckte, als etwa im größten Lastwagenwerk Europas, bei Daimler in Wörth, nicht mehr 400 Fahrzeuge am Tag, sondern 40 in der Woche gebaut wurden. Wie also die Belegschaft von 15.000 Leuten durch diese Krise bringen?
    Die Tarifpolitik in der Konjunkturkrise war nicht leicht
    Die Tarifpolitik in der Konjunkturkrise war nicht leicht (picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    Da ging es der IG Metall nicht um höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, längere Pausen oder steigende Zuschläge. Vor allem ging es darum, Arbeitsplätze zu erhalten, langfristig zu erhalten. Eine Hilfsmaßnahme war die Abwrackprämie für alte Autos - eine Idee von Berthold Huber.
    Die aktuelle Lösung jedoch hieß Kurzarbeit. Die bedeutete Lohnverzicht der Arbeitnehmer, Teillohnausgleich durch die Arbeitgeber, Hilfen der Bundesagentur für Arbeit, auch für die betriebliche Fortbildung, die in der freien Zeit dann möglich war. Auch dafür hatte sich Huber eingesetzt:
    "Die Alternative sind Massenentlassungen, das Teuerste. Und ich glaube nicht, dass man Menschen mit der Peitsche, nur mit Druck zu etwas bringt. Überall dort, wo die Unternehmensleitungen und die Betriebsräte sagen, wir machen Kurzarbeit, sind diese Qualifizierungsmaßnahmen während der Kurzarbeit ein Renner. Ich sage ausdrücklich: Beide müssen dazu kommen, die Arbeitnehmerseite, aber auch das Unternehmen und die Arbeitgeberseite. Und dann funktioniert das.
    Die klare Entscheidung, Mitarbeiter aus strategischen Gründen zu halten
    Das tat es. Die deutschen Maschinenbauer zum Beispiel hatten 2009 einen Produktionseinbruch von knapp 25 Prozent erlebt. Ein großer Teil der 920.000 Arbeitsplätze war in Gefahr. Dass letztlich nur "nur" 34.000 Stellen gestrichen wurden, könne man als Erfolg werten, meint der damalige Präsident des Maschinenbauverbandes, Manfred Wittenstein:
    "Die Unternehmen hielten dieses Mal auf Biegen und Brechen ihre Mitarbeiter länger als in früheren Abschwüngen. Legt man den Einbruch in der Produktion zugrunde, hätten die Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht vermutlich mehr als 100.000 Stellen abbauen müssen. Es gibt also offensichtlich eine klare Entscheidung zahlreicher Unternehmen, die Mitarbeiter aus strategischen Gründen zu halten."
    Gewerkschaften denken auch unternehmerisch, sind oft unverzichtbarer Teil der Unternehmensstrategie - das hat sich in der Krise gezeigt. So hielt sich die IG Metall auch noch zurück, als die Hoffnung auf wieder bessere Konjunkturdaten aufkam. Im Februar 2010 kam sie mit einer Tarifforderung von Null Prozent heraus - ein Nachkriegspremiere. Berthold Huber wusste sie zu begründen.
    "Dass die IG Metall hier keine Lohnzahlen nennt, ist natürlich ungewöhnlich. Aber für uns ist das die logische Konsequenz aus der jetzigen tiefen Krisensituation und aus den bisherigen Gesprächen."
    Mindestlohndebatte geht an der Branche völlig vorbei
    Außerdem gab es "Pforzheim": Ein Tarifabkommen schon aus dem Jahr 2004, das es den Unternehmen erlaubte, Löhne und Arbeitszeiten innerhalb tariflicher Grenzen nach oben und unten anzupassen. Sozusagen ein atmender Tarifvertrag. Berthold Huber sagt, spätestens seitdem könne kein Unternehmer behaupten, er scheitere an zu hohen Lohnkosten:
    Mindestlohn ist kein Thema
    Mindestlohn ist kein Thema (picture alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand)
    "Kein Unternehmen, das verbandsgebunden ist, wird an irgendwelchen Kostenproblematiken scheitern. Jedenfalls haben wir alle Instrumente dazu schon längst geboren."
    Dennoch sind die Löhne und Gehälter in der Metall- und Elektroindustrie alles andere als mickrig. Die aktuelle politische Mindestlohndebatte um 8,50 Euro pro Stunde gehe, was die Höhe anbelangt, an der Branche völlig vorbei, bestätigt der Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbandes Hannes Hesse:
    "Für die Maschinenbauindustrie ist ein Mindestlohn in dieser Höhe kein Thema, weil bei uns die Tariflöhne im Metalltarif für Hilfsarbeiter bei rund 15 Euro anfangen."
    Wettbewerbsfähig sind die beschäftigungsintensiven Branchen Auto-, Maschinenbau- und Elektroindustrie gleichwohl – so wettbewerbsfähig, dass die Beschäftigung ständig steigt. Das strahlt aus. Ende Oktober zählte das Statistische Bundesamt erstmals mehr als 42 Millionen Erwerbstätige in Deutschland. Das waren 7,5 Prozent mehr als 2006: eine Folge von Ingenieurskunst, von der Erschließung ausländischer Märkte durch die Unternehmer und ganz sicher auch der Sozialpartnerschaft.
    Im internen Machtkampf setzte sich zunächst Peters durch
    Als Bertold Huber an die Spitze der IG Metall kam, gab es keine zukunftsfähige Strategie für die Organisation. Da gab es Streit. Vor zehn Jahren hatte der damalige Gewerkschaftschef Klaus Zwickel einen zweiwöchigen Streik in Ostdeutschland abgeblasen, der dort die 35-Stunden-Woche durchsetzen sollte. Der Arbeitskampf sei nicht zu gewinnen: kaum Unterstützung im Osten, zu wenig Solidarität im Westen, die öffentliche Meinung angesichts der hohen Arbeitslosigkeit schwer für einen Streik zu mobilisieren.
    Seine Vize, Jürgen Peters, für Tarifpolitik zuständig, fühlte sich brüskiert. Der Hardliner Peters galt Beobachtern der Gewerkschaftslandschaft schon zuvor als Traditionalist mit wenig Blick für die sich wandelnde Arbeitswirklichkeit. Der Historiker, Politologe und Soziologe Jürgen Kocka urteilte damals:
    Hubers Vorgänger Jürgen Peters
    Hubers Vorgänger Jürgen Peters (AP)
    "Die Gewerkschaften sind sehr stark Produkt einer Zeit, in der Wachstum normal war und Massenfabrikationen mit Normalarbeitsverhältnis weit verbreitet. Deswegen setzen sie einen erheblichen Teil ihrer Anstrengung für die Erhöhung der Löhne einerseits und die Reduzierung der Arbeitszeit andererseits ein. Diese Forderungen passen derzeit und auf absehbare Zeit wohl schwer in die wirtschaftliche Situation."
    Aber im internen Machtkampf setzte sich Peters durch. Zwickel trat ab, wollte als seinen Nachfolger Berthold Huber durchsetzen. Das misslang.
    Was gelang, war ein Pakt: Peters wurde Vorsitzender, Huber zweiter Vorsitzender, zuständig für die Tarifpolitik. Und bekam die Zusage, sich nach vier Jahren um die Nachfolge Peters' bewerben zu können, denn dieser werde nicht ein zweites Mal kandidieren. So kam es dann 2007 auch. Aber 2003 ließ Huber erkennen, wie viel Kompromissbereitschaft es ihn gekostet hatte, um der Einheit der Gewerkschaft willen sich mit Peters auf eine Teamlösung einzulassen:
    "Diese heutige Entscheidung des Vorstandes ist eine Vernunftpartnerschaft auf Zeit. Sie ist keine Liebesheirat. Beide Seiten sind sie mit klarem Kopf und klaren gegenseitigen Absprachen eingegangen."
    Mitgliederrückgang wurde gestoppt
    Das Tandem trat an in der Zeit der Agenda 2010, der Privatisierungen, der Flexibilisierung von Arbeitsbeziehungen, des Strukturwandels auch in den Belegschaften: Maschinenbauer entwickelten sich vom Schrauber zu Ingenieurunternehmen. Ein Drittel der Berufseinsteiger kam schon damals über Hochschulen und nicht mehr über die Lehre in die Metallerbranche. Darauf war die IG Metall kaum vorbereitet. Angestellte fanden nicht den Weg zu ihr.
    Hinzu kam die hohe Arbeitslosigkeit von zwölf, 13 Prozent in den Jahren 2004, 2005 und 2006. Erwerbslose sparten sich den Gewerkschaftsbeitrag. Die IG Metall verlor Mitglieder und bekam kaum neue. Die Beitragseinnahmen sanken in dieser Zeit um zwei Millionen Euro.
    Berthold Huber, 2007 verabredungsgemäß zum Ersten Vorsitzenden der IG Metall gewählt, konnte erst für das Jahr 2008 die Wende melden:
    "Die IG Metall hat nach 15 Jahren den Mitgliederschwund gestoppt. Wir sind stärker geworden in den Betrieben. Wir haben partizipiert an den Strukturveränderungen der Beschäftigung. Das können Sie sehen an unseren guten Zahlen bei der Gewinnung und Organisierung von angestellten Kolleginnen und Kollegen. Und unterm Strich – das ist mindestens ebenso wichtig, vielleicht das Wichtigste - die IG Metall wird jünger."
    Die IG Metall war wieder da. Geholfen hatte auch der ERA, der Entgelt-Rahmentarifvertrag. Der sorgte für differenziertere Lohngruppen. Es gab mehr Punkte für den, der mehr praktisches Wissen mitbrachte, der Arbeiten nach allgemeiner Anweisung selbstständig erledigte, der Mitarbeiter führte - alles Dinge, die nicht mehr nur den Facharbeiter, sondern auch den Angestellten interessierten.
    Walter Riester ging von der IG Metall in die Politik
    Walter Riester ging von der IG Metall in die Politik (AP)
    Die IG Metall hat ein Netzwerk in die Politik hinein
    Die Tarifpolitik folgte der Differenzierung, die in der Produktion schon längst eingesetzt hatte. Die Beschäftigten verdienten ihr Geld immer seltener mit Kohle und Eisen, sondern mit dem Wissen darüber, wie man Materialien verarbeitet. Der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser:
    "In Deutschland ist eben diese neue Kategorie von Industrie abhängig von den Facharbeitern. Heute – die meisten der Produkte dieser Branchen, die am Weltmarkt gehandelt werden, haben eine immaterielle Wertschöpfung von über 90 Prozent. Also den materiellen Anteil kann man vernachlässigen."
    Dem öffnete sich die IG Metall. Zugleich sorgte sie weiter für ein Netzwerk in die Politik hinein. Walter Riester, einer ihrer stellvertretenden Vorsitzenden, hatte es 1998 aus dieser Funktion in das Amt des Bundesarbeitsministers geschafft.
    Ähnliches könnte sich jetzt wiederholen. Denn Andrea Nahles, die SPD-Generalsekretärin, könnte dieses Ressort in der kommenden großen Koalition übernehmen. Als sie 2002 nicht mehr über die Liste in den Bundestag gewählt worden war, kam sie vorübergehend im Berliner Büro der IG Metall unter.
    Der Einfluss der IG Metall in der Wirtschaft basiert auch auf der Mitbestimmung. Huber sitzt deshalb an führender Stelle in den Aufsichtsräten von Siemens und VW. Er sorgte dafür, den Q3 von Audi in Spanien bauen zu lassen, statt die beinahe überlasteten deutschen Werke damit zu befassen.
    Wo möglich, dringt die IG Metall auf Erweiterung der Mitbestimmung. Beinahe spektakulär war, als der Autozulieferer Schaeffler, ein fränkisches Familienunternehmen, sich mit der Übernahme von Continental übernommen hatte, in der Krise 2009 unter der Schuldenlast zu zerbrechen drohte und auch bei der IG Metall vorsprach: Die Gewerkschaft solle Schaeffler bei der Bitte um Staatshilfe unterstützen. Die Gewerkschaft sagte zu, im Gegenzug müsse der Familienkonzern aber endlich die Mitbestimmung einführen. Maria-Elisabeth Schaeffler, die Firmenchefin, gestand der Organisation den gewünschten Einfluss zu:
    "Deswegen treten mein Sohn und ich für die zukünftige Einführung der Mitbestimmung ein, wie wir es in dem Dokument festgelegt haben. Wir werden unseren Gesellschafteranteil reduzieren, um damit einen Beitrag zum Abbau der Schulden zu leisten."
    Bei Schaeffler die Mitbestimmung durchgesetzt
    Maria-Elisabeth Schaeffler mag das als Niederlage empfunden haben. Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft erkennt die Mitbestimmung als einen Faktor an, der die deutsche Industrie international so wettbewerbsfähig macht:
    Schaeffler hatte sich mit Continental übernommen und wandte sich an die IG Metall
    Schaeffler hatte sich mit Continental übernommen und wandte sich an die IG Metall (AP)
    "Die Nähe, die durch die Mitbestimmungsformen entsteht und generell die Sozialpartnerschaft führt natürlich dazu, dass Gewerkschaften dann auch eine gesamtunternehmerische Perspektive mit einnehmen müssen. In dem Rahmen ist das schon etwas, was beispielsweise in Frankreich völlig unvorstellbar ist, dass man auch fragt, wie kriegt man gemeinsam ein Unternehmen, das in schwieriger Verfassung ist und in schwieriger Führungsverfassung ist, wieder nach vorne.
    Anders auch als in England, dem Mutterland der Industrialisierung, mit lange scheinbar mächtigen Gewerkschaften. Der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser:
    "In England beruhte die Stärke der Gewerkschaften in ihrer Militanz. Denn sie hatten das Problem, dass England im 20. Jahrhundert Schritt für Schritt deindustrialisiert worden ist, sodass eigentlich die Möglichkeit zur Operation für Gewerkschaften immer geringe wurde. Das hat die Gewerkschaften immer militanter gemacht – je schwächer sie wurden."
    Bei der IG Metall beginnt nun am Sonntag das Leben nach Berthold Huber. Auch andere Gewerkschaften haben kürzlich einen Wechsel an der Spitze vollzogen. Vor knapp zwei Wochen rückte Michaela Rosenberger als erste Frau an die Spitze einer der ältesten deutschen Gewerkschaften. Sie führt nun die NGG, die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Ihr Programm: die schwindende Tarifbindung umkehren und neue Mitglieder gewinnen.
    Im September hatte die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Robert Feiger zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er löste Klaus Wiesehügel ab, der 18 Jahre im Amt war und im Wahlkampfteam des SPD-Kandidaten Peer Steinbrück zum Arbeitsminister ausersehen war. Feigers Programm: gegen Niedriglöhne, gegen Scheinselbstständigkeit und "ausbeuterische" Leiharbeit, gegen "sachgrundlose" Befristungen von Arbeitsverträgen.
    Arbeitgeber fürchten Ende der Flexibilität des Arbeitseinsatzes
    Ähnliche thematische Ambitionen gibt es bei der IG Metall. Dort heißt der einzige Kandidat für Hubers Nachfolge Detlef Wetzel. Er ist bisher der Zweite Vorsitzende. Wetzel wirkt im Auftritt schärfer als Huber. Bisher hat er sich damit profiliert, ausgedehnte Leiharbeit anzuprangern, Zeitarbeit als ausbeuterisch darzustellen, Werkverträge auch als Instrument der Lohndrückerei zu bewerten:
    "Das Thema Werkverträge ist ein grundsätzliches Problem unserer industriellen Wertschöpfung. Denn wo wollen wir hin? Wo will die deutsche Industrie hin? Will sie in festen, einigermaßen ordentlichen Arbeitsverhältnissen, wo Gesamtmetall eine Umfrage macht, dass die Menschen sehr zufrieden sind. Sie hätten mal die fragen sollen, die in Werkverträgen sind. Wir fühlen uns für alle Beschäftigten verantwortlich, die in unseren Industrien beschäftigt sind.
    Das klingt ähnlich wie bei den anderen Neuen an der Spitze der großen Gewerkschaften. Und deshalb fürchten die Arbeitgeber, künftig werde das vernichtet, was die hiesigen Unternehmen stark gemacht habe, die Flexibilität des Arbeitseinsatzes. Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft sieht Parallelen zur Stoßrichtung der SPD in den laufenden Koalitionsverhandlungen und warnt:
    "Die Zeitarbeit hat ihren Höchststand hinter sich. Es sind also nicht mehr als zwei Prozent aller Erwerbstätigen. Und da muss man fragen. Das Geschrei – ist das angemessen dafür?
    Und auch der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie fürchtet, die Agenda 2010 werde zurückgebaut. Ulrich Grillo:
    "Das Thema Werkverträge, Zeitarbeit, die Liste ist lang, diese Eingriffe da, all diese Themen – wir waren 2005 der kranke Mann Europas. Da haben wir richtige Maßnahmen – nicht nur -, aber auch Agenda 2010 ergriffen, wir haben das Land wettbewerbsfähig gemacht. Und was machen wir jetzt? Wir drehen alles zurück.
    Die Gewerkschaften haben also bei aller Flexibilität weder ihre Rolle noch ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt verloren. Sie haben sich nicht "zu Tode gesiegt", wie seit dem Ende der klassischen Arbeiterschaft immer wieder behauptet wird. Der Streit geht weiter. Bisher hat er Deutschland nicht geschadet.
    "Brüder zur Sonne, zur Freiheit..."