Freitag, 19. April 2024

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GIFs
Die Lingua Franca des Internets

Das Graphic Interchange Format – kurz GIF – gibt es schon seit den späten 80ern. Die kurzatmige Smartphone-Kultur hat den kleinen Bewegtbildchen das Leben gerettet, so Tilman Baumgärtel im DLF. Für den Medienwissenschaftler, sind GIFs sogar zur Verkehrssprache des Netzes avanciert.

Tilman Baumgärtel im Corsogespräch mit Sigrid Fischer | 19.10.2020
Loop in einem endlosen Meer: künstlerische Darstellung des Unendlichzeichens
GIFs treten als Loops in Erscheinung (imago /Science Photo Library)
Trauer, Liebe, Hoffnung: GIFs sind im Internet für die großen Gefühle zuständig. Egal, ob in den sozialen Medien oder in privaten Chatverläufen. "GIFs sind sehr gute Werkzeuge", so Medienwissenschaftler Tilman Baumgärtel. Sie sagen mehr als 1.000 Worte und haben auch pragmatischen Wert. Lange Statements und emotionale Zustände lassen sich mit ihnen komprimiert auf den Punkt bringen.
Nicht ohne Ambivalenzen
Allerdings auch nicht ohne Ambivalenzen. "In einem meiner Bücher nenne ich so ein Beispiel aus einer Szene von dem Hauptdarsteller von 'The Big Lebowski', der sich so einen Drink rührt und so einen komischen Gesichtsausdruck macht, den man als Fragestellung betrachten kann: Ist das eigentlich ernst? Es kann auch heißen, ich höre dir zu. Diese kleinen GIF-Animationsbildchen sind halt vieldeutiger geworden", so Baumgärtel.
Andere Bilder sind wiederum klarer, mit eindeutiger kultureller Konnotation. Dazu zählt zum Beispiel die Facepalm-Geste von Patrick Stewart als Kapitän des Raumschiffs Enterprise.
Von Amateurkultur zum Geschäftsmodell
GIFs werden heutzutage auch monetarisiert. Das GIF-Archiv Giphy wurde kürzlich von Facebook für 400 Millionen Dollar gekauft. Skurril an diesem Kauf ist die Tatsache, dass Facebook vor nicht allzu langer Zeit, den Einsatz von GIFs untersagte und sie als "visuelle Graffiti" ablehnte. Der Kauf bleibt daher rätselhaft. Tilman Baumgärtel vermutet jedoch, dass es Facebook durch die Analyse, welche GIFs zu welchen Themen benutzt werden, leichter falle, das Internet zu durchleuchten und so besser Trends und Entwicklungen voraussehen zu können. "Was als liebenswerte Amateurkultur mit klassischem Internet-Spirit angefangen hat, ist zum Teil eines Geschäftsmodells geworden", so Baumgärtel.