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Giftpflanzen an Spielplätzen

Ihr Sohn hat Eibenfrüchte gegessen - an diesen Anruf aus dem Kindergarten vor zwei Jahren kann sich Angelika Eppel-Hotz noch gut erinnern:

Von Christoph Kersting | 24.04.2003
    Das ist eigentlich nicht weiter schlimm, denn der Samenmantel ist ungiftig. Aber wenn die Samenkerne zerbissen werden, dann kann das ganz schnell lebensbedrohlich werden. Und das war für mich so ein Auftakt zu schauen: Wenn schon im Kindergarten eine hochgiftige Eibe steht, was steht dann auf den Spielplätzen so rum.

    Weil Eppel-Holtz nicht nur Mutter, sondern auch Biologin an der bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau unweit von Würzburg ist, untersuchte sie daraufhin 22 Spielplätze in Bayern und Baden-Württemberg. Das Ergebnis war Besorgnis erregend: In Einzelfällen fand sie hochgiftige Pflanzen in unmittelbarer Nähe von Sandkästen:

    Das hat mich also sehr überrascht. Mit schwach giftigen hätte ich ja gerechnet, also z.B. Liguster oder die Knallerbse, die jeder kennt. Aber mit einem Goldregen oder einem Pfaffenhütchen, da hätte ich überhaupt nicht gerechnet, denn die sind wirklich lebensbedrohlich.

    Ein Klettergerüst stand unmittelbar unter einer in allen Teilen außer der Blüte giftigen Robinie, und auch mehrere Eiben fand die Biologin auf den untersuchten Spielplätzen. Auch wenn es sich nur um eine stichprobenartige Untersuchung handelt, so muss man laut Eppel-Hotz davon ausgehen, dass die Situation bundesweit nicht anders aussieht. Dafür sprechen auch Zahlen der Giftnotrufzentralen, allein bei der Giftnotrufzentrale in Bonn gehen pro Jahr bis zu 3000 Anrufe besorgter Eltern ein, deren Kinder in Gärten oder auf Spielplätzen mit Giftpflanzen in Kontakt gekommen sind. Dabei gebe es durchaus Richtlinien für die Bepflanzung von Spielplätzen, erklärt die Biologin:

    Gerade diese hochgiftigen Arten, die sind ja laut einer DIN-Vorschrift verboten. Aber es kann sein, dass die anfliegen. Das sind ja heimische Pflanzen, das Pfaffenhütchen ist eine heimische Pflanze – oder durch Gartenabfälle verbreitet wird, durch Vögel verbreitet wird – und wild aufwachsen und einfach übersehen werden. Dass die absichtlich dahin gepflanzt worden sind, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

    Problematisch an der bestehenden Richtlinie sei jedoch, dass dort lediglich vier hochgiftige Pflanzen genannt sind: Pfaffenhütchen, Seidelbast, Stechpalme und Goldregen. Von der Eibe, der Robinie oder dem China-Wacholder etwa steht in der Vorschrift jedoch nichts. Zuständig für die Kontrolle der Spielplätze sind die städtischen Gartenämter. Dieter Müller etwa, Leiter des Würzburger Gartenamtes, hat bereits reagiert und lässt die in der Untersuchung genannten Giftpflanzen von den städtischen Spielplätzen entfernen. Von einer Verschärfung der bestehenden Richtlinien hält er jedoch wenig:

    Aus meiner Sicht meine ich, dass dieser Hinweis in der DIN-Norm 18034 ausreichend ist. Auch der Bundesverband Garten- und Landschaftsbau ist der Meinung, dass man die Artenvielfalt auf den Spielplätzen erhalten sollte, für und ist die Pflanze auf dem Spielplatz eine wesentliches Gestaltungselement. Und die Kinder sollen auch mit der Pflanze aufwachsen, man muss aber im Kleinkindbereich auf diese Pflanzen schon achten. Es gibt ja z.B. diesen Riesenbärenklau, wenn der am Spielplatz stehen würde, der darf keine fünf Minuten dort stehen, der muss dann sofort entfernt werden. Ich meine, dass einfach auch die Pädagogik nicht außen vor bleiben darf, weil das Umgehen mit einer Pflanze, dass sie auch mal stachelt, dass sie sticht, dass man sich dran brennen kann wie an der Brennessel, das sind einfach auch Lebenserfahrungen für ein Kind. Und darum meine ich, gehören solche Lebenserfahrungen ganz einfach dazu.

    Eine Broschüre mit Pflanzen, die für Kinder unbedenklich sind, hat die Landwirtschaftskammer Rheinland herausgegeben.

    Download unter www.landwirtschaftskammer.de/more/pdf/pflanzenverwkiga.pdf (pdf-Datei)