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Giorgio Agamben: "Der Gebrauch der Körper"
Dem Leben das Leben austreiben

Wie konnte das Leben seiner Lebendigkeit verlustig gehen? Dieser Frage geht der italienische Philosoph Giorgio Agamben in „Der Gebrauch der Körper“ nach. Biologie, Politik und globale Ökonomie gäben darauf keine Antworten - mit der Konsequenz, dass wir alle Sklaven einer Ordnung des Wohlstands seien.

Von Thomas Palzer | 13.09.2020
Der italienische Philosoph Giorgio Agamben 2018
Befasst sich mit dem Begriff des Ausnahmezustandes: der italienische Philosoph Giorgio Agamben (imago / Leonardo Cendamo)
Ins Gerede gekommen ist der italienische Philosoph Giorgio Agamben zuletzt mit Äußerungen zur Coronakrise, die ihm erheblichen Gegenwind zumal in seinem Heimatland eingetragen haben – dem Land, das von der Pandemie bekanntlich am stärksten betroffen gewesen ist. Der Philosoph behauptete in einem Blog des Verlags Quodlibet, dass die staatlichen Verordnungen ...
" ... faktisch jedes Individuum in einen potentiellen Überträger verwandelten, so wie einst die Terrorgesetze faktisch und rechtlich jeden Bürger zum potentiellen Terroristen machten".
Der permanente Ausnahmezustand
Wer diese Diagnose für reichlich starken Tobak hält, muss sich klar machen, dass zu Agambens zentralen Denk- und Analysefiguren der Ausnahmezustand zählt – ein Begriff, den der Philosoph von Carl Schmitt entlehnt hat, welcher neben Walter Benjamin und Martin Heidegger zu den bevorzugten Stichwortgebern des Denkers gehört. Corona hat die Welt in den Ausnahmezustand versetzt – und in einem solchen sich zu befinden, das bescheinigt der italienische Philosoph der Gegenwart schon lange. Durch die Pandemie ist es nun für alle sichtbar geworden.
Gemäß Carl Schmitt beweist das Normale nichts, die Ausnahme alles. Und so sieht es auch Giorgio Agamben. Im zweiten Band der "Homo-sacer"-Reihe, dessen Titel "Ausnahmezustand" das Paradigma der Reihe benennt, schreibt der Philosoph:
"Der moderne Ausnahmezustand ist (…) der Versuch, die Ausnahme in die Rechtsordnung selbst einzuschließen, und zwar durch die Schaffung einer Zone der Unbestimmtheit, in der Tatsache und Recht zusammenfallen."
Ein Mann überquert mit einem Fahrrad eine leere Straße
Gesellschaft im Ausnahmezustand
In der Coronakrise sei es zu einer Denormalisierung des Alltags gekommen, sagt der Normalitätsforscher Jürgen Link. Da Notstandsmaßnahmen teilweise diktatorisch seien, sollten sie möglichst schnell beendet werden.
Mit anderen Worten: Jenseits irgendwelcher Pandemien lebt der moderne, zeitgenössische Mensch sowieso in einem permanenten Ausnahmezustand, insofern zum eindringlichsten Kriterium desselben zählt, dass Körper und Seele voneinander abgesondert sind, jedes für sich isoliert. Diese Isolation ist die notwendige Folge eines ebenso destruktiven wie metaphysischen Dualismus, wie er die abendländische Ontologie geradezu begründet – nämlich wo Aristoteles in "De anima" den bios, den biologischen Körper, von der zoe abspaltet, von der Art und Weise, wie man die Natur, die man selbst ist, qualifiziert und also kein allgemeines, biologisches Leben, sondern sein eigenes, persönliches führt.
Dem Leben stellt Agamben die Lebendigkeit gegenüber, die gewissermaßen das genaue Gegenteil von jenem leeren und gespenstischen Leben ist, das die Welt mit dem Lockdown und den teils massiven Einschränkungen der Bürgerrechte zu schützen gedachte, beziehungsweise immer noch gedenkt.
Agamben schreibt in "Der Gebrauch der Körper":
"Wahrscheinlich ist 'De anima' der erste Text, in dem ‚Leben‘ nicht mehr ein Leben, nicht mehr das konkrete Leben eines Individuums meint, sondern eine allgemeine Bedeutung erhält. Ivan Illich hat den modernen Begriff des Lebens als ‚gespenstisch‘, als ‚Fetisch‘ bezeichnet und sein erstes Erscheinen an der Stelle im Evangelium ausgemacht, an der Jesus sagt: ‚Ich bin das Leben.‘ Nicht ‚Ich bin ein Leben‘, sondern ‚Ich bin das Leben‘ tout court.‘ ... Kirche und weltliche Institutionen überbieten sich heute darin, diesen gespenstischen Begriff, der auf alles und nichts anwendbar ist, zum bevorzugten, ja heiligen Gegenstand ihrer Fürsorge zu machen, zu etwas, das manipuliert und verwaltet und zugleich verteidigt und geschützt werden kann."
Buchcover: Giorgio Agamben: „Der Gebrauch der Körper“
Die globale Ökonomie sei nur noch auf die Befriedigung von Bedürfnissen fixiert, so Giorgio Agamben (Buchcover: S. Fischer Verlag; Hintergrund: Gerda Bergs)
Das Lager als Nomos der Moderne
Statt das Leben vom Lebendigen zu isolieren, wie es das aristotelische Schisma vor rund 2.500 Jahren bewerkstelligt hat, ginge es, Agamben zufolge - der an dieser Stelle auf Foucault rekurriert, einen weiteren Gewährsmann – eigentlich darum, dass der Mensch in der Sprache, also im Geistigen, seine Natur auf Spiel setzte. Denn die Natur macht aus einem Menschen keinen Menschen, er selbst muss sich dazu erst machen. Diesen Prozess bezeichnet Agamben als Lebens-Form.
"Das Leben ist durch Leben erzeugte Form."
Der Mensch ist, wie Nietzsche sagt, das nicht fest gestellte Tier. Wird das menschliche Leben jedoch - wie etwa in der modernen Biologie - auf Biologie reduziert, wird er zum Tier gemacht – und als solches ist er in den Vernichtungs- und Internierungslagern des 20. und 21. Jahrhunderts, in den KZs und Gulags auch anschaulich gestellt worden. An Orten wie diesen oder, um Beispiele aus der Gegenwart zu nennen, wie in Guantánamo oder Dadaab, dem größten Flüchtlingslager der Welt im Niemandsland zwischen Kenia und Somalia, fristet der Mensch ein, wie Agamben sagt, nacktes, ein um seine Lebendigkeit beraubtes Leben. Für den italienischen Denker ist der Begriff Lager, wenn es um die Kennzeichnung der Moderne geht, ein zentraler Begriff, der geradezu als deren Nomos gedeutet werden kann. Das Lager ist der institutionalisierte Ausnahmezustand, wo dem Menschen der Zugang zu einer rechtlich-politischen Ordnung verweigert wird.
Eine abendländische Geschichte des lebendigen Seins
Aber nicht nur das Phänomen Lager bestätigt für Agamben, dass der Mensch zum Tier geworden ist – auch die globale Ökonomie ist auf seine Animalität fixiert, auf die Befriedigung von Bedürfnissen. Künftig, so der Philosoph, werde es nur noch darum gehen, ob der "Wohlstand eines Lebens als befriedigend empfunden werden kann".
Einkaufstüten in der Hand einer Frau vor einem undeutlich verschwommenen Hintergrund.
Konsumgesellschaft - "Bequemlichkeit und Komfort aufgeben"
Neues wird gekauft, Altes landet auf dem Müll: Um von einer Wegwerfgesellschaft wegzukommen, müssten Konsumenten ihr Verhalten ändern, sagt der Historiker Wolfgang König.
Die Biologisierung des Lebens kann Leben nur als Allgemeines fassen – als chemo-physikalisches Ereignis -, das Lebendige bekommt sie nicht in den Blick, folglich dasjenige, was gerade die jeweilige Form des Lebens wäre: nämlich wie es sich anfühlt, am Leben und das heißt lebendig zu sein.
Genau darum aber ist es Agamben zum Abschluss seines Homo-sacer-Projektes zu tun: um das Schicksal, das das Leben oder besser: das lebendige Sein im Lauf der abendländischen Geschichte erlitten hat. Der Titel "Der Gebrauch der Körper" ist folglich auch so zu verstehen, dass der Körper von uns in der richtigen Weise gebraucht werden will, um kein bloßer Körper mehr zu sein, sich selbst gewissermaßen zu transzendieren. Um das zu verdeutlichen, hat Agamben seinem Werk eine Bemerkung des französischen Moralisten Montaigne aus dessen Essais vorangestellt:
"Ein Junge aus Sparta, der einen Fuchs gestohlen und unter seinem Rock verborgen hatte, wollte – weil sie die Schande der Dummheit beim Diebstahl mehr fürchten als wir die Strafe – lieber erdulden, dass er ihm den Bauch zerfleische, als sich zu verraten."
Wie will der Mensch leben?
Agamben geht es bei dem, was er Lebens-Form nennt, um etwas, was man auch Haltung nennen könnte. Um einer solchen ist es auch seinem Lehrer Heidegger gegangen, der für Agamben maßgeblich geblieben ist und dessen Seminar im provençalischen Le Thor in den Jahren 1966, 67 und 69 er besucht hat. Das lebendige Sein hat Heidegger Dasein genannt. Der Mensch muss sein Da sein. In diesem einfachen Satz ist zugleich eine Frage miteinbegriffen, die dann aber radikal ausgeschlossen bleibt, wenn dieses Da auf das nackte Dasein des Homo sacer reduziert ist: Wie will der Mensch sein Da denn nun sein – wie will er leben? Woran orientiert er sich? Darauf können die Biologie und können die anderen Wissenschaften, darauf können die westliche Politik und die Ökonomie keine Antwort geben.
Agamben sagt nun zum Begriff des Daseins bei Heidegger:
"Das zentrale Problem ... des ganzen Heidegger‘schen Denkens ist also das, was jeder Philosophiestudent im ersten Semester sofort erkennt und sofort beiseiteschiebt: die Beziehung zwischen dem menschlichen Lebewesen und dem Da-sein."
Martin Heidegger
Peter Trawny: "Heidegger Fragmente. Eine philosophische Biographie"
Peter Trawny gehört zu den besten Heidegger-Kennern. "Heidegger Fragmente" ist das kenntnisreichste, empathischste und vor allem humorvollste Buch, was über den Zauberer aus dem Schwarzwald je zu schreiben gewagt wurde.
Im Dasein, so lassen sich Heidegger und Agamben zusammenführen, ergreift das Tier namens Mensch sein Sein – und zwar genau aus dem Grund, um das Menschliche und das Menschsein überhaupt erst möglich werden zu lassen. Der Mensch ist nicht von Anfang an Mensch. Dieses Menschliche jedoch, so Agamben, bleibt selbst unbestimmt, weil es zunächst ja nur darin besteht, das Tier in sich zu suspendieren.
Ein zum Glück befähigendes Leben
Umgekehrt, nämlich auf das Tier bezogen bedeutet die fehlende Ergriffenheit, um im Jargon Heideggers zu sprechen: Das Tier lebt zwar, aber sein Leben verfügt jenseits des Instinkthaften über keine Form, keine eigentliche Lebensform. Heidegger wiederum drückt den gleichen Gedanken so aus, dass im Gegensatz zum Menschen das Tier über keine Welt verfüge.
In "Der Gebrauch der Körper" heißt es:
"Was wir Lebensform nennen, entspricht dieser Ontologie des Stils, sie bezeichnet die Art und Weise, auf die eine Singularität im Sein von sich Zeugnis ablegt und das Sein sich im einzelnen Körper zum Ausdruck bringt."
Gemäß jener hermeneutischen Verantwortung gegenüber der eigenen Zeitgenossenschaft, die Agambens Philosophie charakterisiert, bezieht sich der Autor in der Deutung dessen, was er Lebensform nennt, auf die historische, nämlich aristotelische Definition der polis:
"... entstanden um des Lebens willen, aber bestehend um des guten Lebens willen - ansonsten gäbe es auch eine polis der Sklaven und der Tiere."
Für Aristoteles ist genau dieses undenkbar, denn eine polis der Sklaven wäre ein Selbstwiderspruch. Was nämlich gehört zur Voraussetzung, um aus einem Leben ein gutes Leben zu machen? Die Antwort findet Agamben wieder bei Aristoteles, diesmal in der Nikomachischen Ethik, wo es heißt, dass als autark dasjenige bezeichnet würde, das "… für sich allein das Leben begehrenswert macht und keines Weiteren bedarf".
Diesen Hinweis aufgreifend, schlussfolgert Agamben:
"Ein autarkes Leben, wie es der Mensch als politisches Tier führt, ist folglich ein zum Glück befähigendes Leben. Das heißt aber auch, dass der Begriff der Autarkie über den rein biologischen Bereich hinausgeht und unmittelbar politische Bedeutung annimmt."
Anders gesagt: Das nackte Leben, das sich nur nährt, ist zwar Leben im Sinne des bios, aber es verfügt über keinerlei Form – und damit über keine Freiheit und Autarkie. Es ist das Leben des Sklaven, der sich selbst nicht gehört – und in den westlichen Gesellschaften sind wir das nach Agamben: alle.
Der Sklave - ein Mensch, der sich nicht selbst gehört
Der in drei Kapitel gegliederte Text, den der italienische Philosoph den Titel "Der Gebrauch der Körper" gegeben hat, beginnt mit einem Essay über den Sklaven – über jenen Menschen, der sich nicht selbst gehört. Auch wir Modernen, so wird uns während der Lektüre nahegelegt, gehören nicht uns selbst, sind vielmehr Sklaven einer Ordnung, die nur noch, wie bereits eben gehört, noch nach dem Wohlstand des Lebens fragt.
An dieser Stelle erschließt sich dem Leser die eigentliche Bedeutung, die mit der ontologischen Aufspaltung des Lebens, seinem aristotelischen Schisma in das nackte und das politische verbunden ist, in bios und zoe – und die aufzuheben der Philosoph glaubt, gute Gründe zu haben. Agamben widmet ihm den zweiten Essay des Buches, der unter dem Titel "Archäologie der Ontologie" firmiert.
Ein auf seine Körperlichkeit und auf seine Bedürfnisse zurückgestutztes Leben verfügt insbesondere über eines nicht: Autarkie. Es ist vielmehr das Leben eines Sklaven, dessen Körper ein Utensil ist – dem Hausrat zuzuordnen, beachtet man, wie Agamben anmerkt, den ursprünglichen Sinn des Wortes Utensil.
Der besondere Status des Sklaven besteht nach Agamben darin, von der Menschheit ausgeschlossen wie zugleich in diese als nicht eigentlich menschlicher Mensch eingeschlossen zu sein. Anders formuliert, ist der Sklave ein Mensch, der sich nicht selbst gehört. Er ist im Ausnahmezustand.
Der Sklave ist ein Vorläufer des Arbeiters und eine Variante des homo sacer im Sinne des Philosophen – eingeschlossen und ausgeschlossen zugleich. Der Gebrauch seines Körpers besteht darin, dass er (von anderen) gebraucht wird, als Werkzeug benutzt. Der Gebrauch ist mithin eine bipolare Geste, die einerseits Aneignung bedeutet und Habitus, andererseits Verlust und Enteignung.
Dagegen meint nun Lebensform, dass es kein "nacktes" Leben gibt, keine bloßen Tatsachen, sondern: Möglichkeiten, Potenzen. Der Mensch kann sich in der Entschlossenheit, um noch einmal mit der Zunge Heideggers zu sprechen, zu einem Menschen entschließen. Oder, um Foucault ins Recht zu setzen: Die Lebensform setzt gewissermaßen das Leben selbst aufs Spiel.
Ähnlich wie Heidegger, der die abendländische Philosophie destruieren und einen anfänglicheren Anfang vor ihrem Anfang setzen wollte, den er bei den Vorsokratikern und deren Teilung der Wirklichkeit in Sein und Seiendes verortet, will auch Agamben zu den Ursprüngen des abendländischen Denkens zurückkehren. Wer die Gegenwart verstehen will, muss tief in die Geschichte hinabsteigen und deren Muster erkennen, da die "Zeit der Moderne abgelaufen" sei – so Agamben, der folgerichtig aus diesem von Heidegger als "ontologisches Problem" betitelten Gedanken eine eigene philosophische Methodik entwickelt, eine, bei der Historie und Philologie das ersetzen, was einst Metaphysik geheißen wurde, die ja seit spätestens Ende des 19. Jahrhunderts in Verruf geraten und heute in den Augen zumindest der analytischen Philosophie nur noch obsolet ist. Diese spezielle Methodik führt in Agambens Büchern häufig zur Gegenüberstellung und Synopse höchst disparater Texte, was gleichwohl äußerst erhellend und aufschlussreich sein kann. So auch in "Der Gebrauch der Körper".
Der französische Philosoph Michel Foucault schaut aus den Augenwinkel an der Kamera vorbei. Er trägt eine große Brille.
Michel Foucault: „Die Geständnisse des Fleisches"
Der vierte Band von Foucaults Hauptwerk "Sexualität und Wahrheit" erscheint über drei Jahrzehnte nach seinem Tod. Das Bild des französischen Philosophen als Denker des Individualismus bekommt damit Risse.
Agamben sieht bei Aristoteles jene buchstäblich zwiespältige Entwicklung einsetzen, an deren Ende das Leben – wir ergänzen: das europäische Leben - seiner Lebendigkeit beraubt ist. Man hat es, wie bei Foucault nachzulesen, kaserniert, diszipliniert und reguliert, um es, wie man am gegenwärtigen China mit seinem System des Sozialkredits ersehen kann, restlos zu kontrollieren – mit dem einzigen Ziel, das da lautet; dem Leben das Leben auszutreiben.
Agamben verweist noch einmal auf den gebürtigen Österreicher und 2002 verstorbenen Philosophen:
"Ivan Illich hat darauf hingewiesen, dass der Begriff des Lebens (nicht ‚eines Lebens‘, sondern ‚des Lebens‘ im Allgemeinen) gemeinhin als ‚wissenschaftliche Tatsache‘ betrachtet wird, die in keinerlei Beziehung zur Erfahrung des Einzelwesens steht. Es ist etwas Namenloses, Allgemeines, das sowohl ein Spermium als auch eine Person, eine Biene, eine Zelle, einen Bären oder einen Embryo bezeichnen kann. Aus dieser ‚wissenschaftlichen Tatsache‘, die so allgemein ist, dass die Wissenschaft meinte, darauf verzichten zu können, sie zu definieren, hat die Kirche den letzten Rückzugsort des Heiligen und die Bioethik den Schlüsselbegriff ihres ohnmächtigen Geschwätzes gemacht. Das ‚Leben‘ hat heute jedenfalls mehr mit dem Überleben als mit Lebendigkeit und individueller Lebensform zu tun."
"Der Gebrauch der Körper" ist ein Buch, das Agamben-Kennern nicht unbedingt Neues verrät – sondern eines, das die Philosophie des Italieners zuweilen überraschend variiert, vielleicht um eine Art Anthropologie erweitert. Trotz manche gedanklicher Wiederholungen, die der Leser von anderer Stelle kennt, ist es zu empfehlen – und sei es nur, um die verschlungenen und unorthodoxen Wege des Agamben‘schen Denkens besser nachvollziehen zu können, wenn er der Frage nachgeht, wie das Leben seiner Lebendigkeit verlustig gehen konnte.
Giorgio Agamben: "Der Gebrauch der Körper"
aus dem Italienischen von Andreas Hiepko, Michael von Killisch-Horn
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main. 480 Seiten, 25 Euro.
Titel der Homo-sacer-Reihe:
I: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben
II/1: Ausnahmezustand
II/2: Stasis. Der Bürgerkrieg als politisches Paradigma
II/3: Das Sakrament der Sprache. Eine Archäologie des Eides
(II/4): Herrschaft und Herrlichkeit. Zur theologischen Genealogie von Ökonomie und Regierung (veröffentlicht als II/2)
II/5: Opus Dei. Archäologie des Amts
III: Was von Ausschwitz bleibt. Das Archiv und der Zeuge
IV/1: Höchste Armut. Ordensregeln und Lebensform
IV/2: Der Gebrauch der Körper