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Glaubensdisput als Oratorium
Ist des Menschen Wille frei?

Erasmus von Rotterdam verfasste 1524 seine Streitschrift "Vom freien Willen". Der große Humanist hielt selbigen für gegeben. Martin Luther antwortete ihm ein Jahr darauf in einem Brief, "der freie Wille sei nichts". Daraus entstand ein Disput, der bis heute ungemindert von Bedeutung ist.

Von Magdalene Melchers | 30.05.2017
    Das Bild zeigt vorne links K. Gundermann mit einem Notenblatt, im Hintergrund den Chor des evangelischen Seminars in der Klosterkirche Maulbronn.
    Setzt den Glaubensstreit zwischen Luther und Erasmus in Musik um: der Komponist Karsten Gundermann (Conrad Jakob)
    Der Hamburger Komponist Karsten Gundermann gab diesem Streit aktuell eine musikalische Form. In seinem von der Klosterschule Maulbronn beauftragten Oratorium lässt er die Protagonisten ein fiktives Streitgespräch führen, das aus Zitaten alter Schriften zusammenbaut ist. Ein Chor - bestehend aus Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften des Evangelischen Seminars - wägt die Standpunkte ab und kommentiert sie in Texten, die unter Mitwirkung der Schüler entstanden. Das Opus endet mit einer Chorfassung des "Vater unser": Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Autorin Magdalene Melchers begleitete die Einstudierung der Komposition bis zur Uraufführung am 21. Mai dieses Jahres. Dieses Projekt lehrte weitaus mehr als Melodien und Harmonien - es forderte jeden Beteiligten heraus, nach der Freiheit der eigenen Gedanken zu fragen.