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Gleiche Rechte, gleiche Bildungschancen

In den USA leben etwa 1,8 Millionen Kinder und Jugendliche ohne Aufenthaltsgenehmigung. Ohne Papiere haben sie auch keinen Zugang zu staatlicher Hilfe für ein Studium. Das könnte der sogenannte DREAM Act ändern - ein Gesetzesentwurf, der allen, die vor dem 16 Lebensjahr in die USA kamen, den Weg zur Staatsbürgerschaft eröffnet.

Von Kerstin Zilm | 21.07.2010
    Ein kleiner Büroraum. An den Wänden lehnen Plakate: "DREAM ACT - JETZT!" steht darauf und "Wir haben Träume!". Unter Neonlicht sitzen sechs Studenten an Computern und Telefonen. Sie bereiten die nächsten Aktionen im Kampf für den DREAM Act vor - ein Gesetzesentwurf, der Studenten, die illegal in die USA kamen bevor sie 16 Jahre alt waren die Möglichkeit zur Legalisierung ebnet. Nancy Meza leitet das Projekt. Die Sozialkunde-Studentin war zwei Jahre alt, als ihre Eltern sie über die Grenze von Mexiko in die USA brachten. Sie kehrte nie zurück.

    "Ich wurde dort geboren, habe aber keine Ahnung, wie es aussieht, sich anfühlt, riecht, schmeckt. Ich erinnere mich an nichts. Ich bin in den USA aufgewachsen, hier zur Schule gegangen. Ich kenne nur die Aspekte der mexikanischen Kultur, die wir hierher bringen konnten."

    In der fünften Klasse erfuhr Nancy, dass sie illegal in den USA ist - weil sie den ersten Preis in einem Aufsatzwettbewerb ohne Sozialnummer nicht annehmen konnte. Auch Politikstudentin Stefanie engagiert sich für den DREAM Act. Sie kam als Kleinkind mit ihren Eltern von den Philippinen nach Kalifornien und weiß erst seit ihrem 18. Geburtstag, dass sie keine US-Aufenthaltsgenehmigung hat.

    "Ich wollte meinen Führerschein machen, einen Pass beantragen, bei der nächsten Wahl meine Stimme abgeben. Da hat mir meine Mutter gesagt, dass ich alle diese Dinge nicht tun kann. Weil wir keine Papiere haben."
    Laut US-Recht müssen auch Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung Zugang zu Schulen und Universitäten haben. Nancy und Stephanie machten ihren Highschool-Abschluss mit Auszeichnung und wurden von der University of California in Los Angeles akzeptiert. Nancy bekam finanzielle Unterstützung von Freunden. Stephanie hat gerade ihr Studium zum zweiten Mal unterbrochen, um zu arbeiten und für die Fortsetzung zu sparen. An der Universität schlossen sie sich einer Organisation an, die Studenten ohne Papiere unterstützt: IDEAS. Und entdeckten, dass sie nicht allein mit ihren Sorgen sind:

    "Die größte Sorge ist die Finanzierung. Die meisten Einwandererfamilien verdienen weniger als 20.000 Dollar im Jahr. Das ist gerade mal die University of California - Studiengebühr. Wir haben keinen Zugang zu Stipendien oder gut bezahlten Jobs. IDEAS sammelt Spenden. Im letzten Jahr konnten wir über 40.000 Dollar an Stipendien vergeben."
    Außerdem hilft IDEAS Studenten, die mit der Angst vor Abschiebung leben und dem Frust, dass sie selbst mit besten Noten keine Chance auf einen qualifizierten Arbeitsplatz haben bei Jobvermittlung, Zimmersuche und mit psychologischer Unterstützung. Der DREAM Act würde ihnen einen Weg zur Staatsbürgerschaft eröffnen. Selbst Gegner der Lockerung von Einwanderungsgesetzen unterstützen den Gesetzesentwurf. Darunter Mark Krikorian, Präsident des konservativen Zentrums für Immigrationsstudien in Washington.

    "Illegale Einwanderer dieser Kategorie sind eindeutig diejenigen, mit denen man am meisten Verständnis haben kann. Sie haben sich nicht ausgesucht, in die USA zu kommen, also nicht willentlich gegen Gesetze verstoßen. Allerdings ist es eine Amnestie, die nicht die wirklichen Probleme löst. Wir müssen die Beschäftigung illegaler Einwanderer verhindern, damit Eltern keinen Anreiz haben, ihre Kinder dieser Situation auszusetzen."
    Präsident Obama hat im Wahlkampf versprochen, den DREAM Act zu unterschreiben. Nancy Meza und ihre Kommilitonen ohne Papiere kämpfen dafür, dass er sein Versprechen hält und sie ihre Träume verwirklichen können.

    "Ich liebe es, zu lernen, möchte einen Doktor in Verfassungsrecht machen und die politische Bewegung von Studenten ohne Papiere dokumentieren. Am liebsten würde ich Professorin werden - das ist der beste Job, den ich mir für mich vorstellen kann."