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Glückliche Musik von glücklichen Männern

Über acht Millionen Tonträger hochmelodischen Gitarrenpops hat die schottische Band Travis bereits umgesetzt. Nach Hits wie "Sing" oder "Why Does It Always Rain On Me" meldet sich das Quartett aus Glasgow nun nach fünf Jahren Pause mit dem Album "Where You Stand" zurück.

Von Marcel Anders | 15.08.2013
    "Da ist ein Teil von mir, der das nie wieder erleben möchte. Einfach, weil ich ein normales Leben mit meiner Familie führen will. Und weil das, was wir mit 'The Man Who' erlebt haben, wie ein Tsunami war, der alles unter sich begraben hat. Sollte das noch einmal passieren, wären davon auch unsere Kinder betroffen – was ich nicht will. Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe. Ich hoffe zwar, dass wir im Radio laufen und auf Tour gehen, aber auch nicht mehr."

    Ein Ansatz, den sich Fran Healy nach den Erfolgen der 2000er leisten kann – und konsequent auslebt: als 40-Jähriger, der das beschauliche Leben eines hauptberuflichen Vaters führt, die Gigantomanie der Vergangenheit kein bisschen vermisst und sich in Berlin pudelwohl fühlt. Mit einer Ausnahme:

    "Ich versuche die Autobahn zu vermeiden - einfach, weil sie Furcht einflößend ist. Du schaust in den Rückspiegel und denkst: 'Jetzt überhole ich.' Doch sobald du ausscherst, klebt jemand, der gerade noch 400 Meter hinter dir war, an deiner Stoßstange und gibt dir die Lichthupe. Denn hier ist jeder Schumacher. Es werden zwar immer die türkischen Fahrer hervorgehoben, aber das gilt für alle."

    Für "Where You Stand" haben Travis denn auch die zivilisatorische Flucht angetreten und sich nach Norwegen verkrochen: aufs Land. Der perfekte Ort, um genau die Art von Songs zu schreiben, für die Fran Healy & Co. berühmt sind: tiefenentspannter Breitwandpop mit schwelgerischen Harmonien. Vielleicht ohne den ganz großen Hit, aber doch glückliche Musik von rundum glücklichen, reifen Männern. Was sich auch in den Texten niederschlägt.

    "Ein Merkmal des Albums ist, dass die meisten Songs vom Reisen handeln. Gleich der erste, 'Mother', beschreibt unsere kollektiven Erlebnisse der letzten Jahre. Weshalb ich das Ganze erst 'The Odyssey', die Odyssee, nennen wollte. Außerdem ist da 'Boxes', ein Stück, das das Leben als Reise beschreibt. Und wobei man erkennt, wie lange wir schon dabei sind, und wie viele Trennungen von Kollegen wir erlebt haben."

    Bei Travis beantwortet sich die Frage nach der Halbwertszeit dagegen von selbst. Denn wer so ausgeglichen ist, wie Fran Healy, der hat nur noch zwei Ziele: So weiter machen, wie bisher – und nebenbei noch das eine oder andere Spaßprojekt.

    "Ich würde gerne ein Album mit Coverversionen machen. Einfach, weil wir das noch nie getan haben, und es uns ziemlich leicht fallen dürfte. Wir würden uns ein gutes Studio suchen und einen Song nach dem anderen raus hauen. Genau, wie wir es vor Kurzem für die CD einer großen, britischen Boulevardzeitung gemacht haben. Da sollten wir zwei eigene Songs und eine Popnummer aus den Charts einspielen. Also haben wir die von Pink mit dem Typen von Fun genommen, was großartig geworden ist."

    Die kleinen Freuden einer Band, die dem maßlosen Musikbiz eine völlig unbekannte Mentalität entgegenstellt. Eben, dass es nicht immer größer und größer werden muss. Sondern: Es geht auch bescheiden.