Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Göring-Eckardt: Ich wäre gern in der gesetzlichen Rentenversicherung

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt hat sich für eine Reform der Abgeordnetenbezüge ausgesprochen. Ein Parlamentarier sollte nicht wegen seiner Altersversorgung von einem Mandat abhängig sein, sagte die Grünen-Politikerin. Besser wäre es, wenn Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlten und das auch in einem späteren Beruf fortsetzen könnten. Ausdrücklich begrüßte Frau Göring-Eckhardt die Entscheidung von Bundestagspräsident Lammert, die Nebentätigkeiten von Abgeordneten offenzulegen.

Moderation: Friedbert Meurer | 22.05.2007
    Friedbert Meurer: Es geht aufwärts mit der Wirtschaft und auch die Löhne steigen wieder an: bei den Metallern ja um 4 Prozent etwa oder jetzt zuletzt auch bei den Bauarbeitern. Das bringt auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf den Geschmack. Sie wollen ihre Diäten anheben, was sie seit dem Jahr 2003 immerhin nicht mehr getan haben. Rot-grün hatte den Bundesbürgern mit der Agenda 2010 einiges zugemutet und da passten höhere Diäten nicht in die politische Landschaft. Jetzt aber schon.

    Am Telefon begrüße ich Katrin Göring-Eckardt. Sie ist Vizepräsidentin des Bundestages, von Bündnis 90/Die Grünen. Guten Morgen Frau Göring-Eckardt!

    Katrin Göring-Eckardt: Schönen guten Morgen Herr Meurer.

    Meurer: Ist es Ihrer Meinung nach an der Zeit, nach jetzt schon vier Jahren Pause die Diäten wieder anzuheben?

    Göring-Eckardt: Es gibt ja zwei Diskussionen. Das eine ist die Anpassung der Diäten an die allgemeine Einkommensentwicklung. Darüber kann man diskutieren. Das halte ich nicht für den zentralen Punkt. Das andere ist eine echte Diätenreform. Da geht es vor allen Dingen um die Frage, wie geht man mit der Altersversorgung der Abgeordneten um. Also passiert das so wie bei den anderen in der Bevölkerung auch, dass man entweder Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung ist oder eine private Vorsorge eingeht oder eine Kombination aus beidem. Diese Diskussion finde ich persönlich ehrlich gesagt sehr viel wichtiger.

    Meurer: Machen Sie daraus eine Bedingung, keine Anhebung der Diäten, wenn nicht eine Reform der Alterseinkünfte?

    Göring-Eckardt: Ich finde es muss zusammen diskutiert werden. Einfach nur eine Anpassung der Diäten wäre mir zu wenig und den Vorschlag, bei den Alterseinkünften eine Veränderung vorzunehmen, finde ich ganz zentral, übrigens aus einem ganz einfachen Grund: Es mag ja in vergangenen Jahrzehnten so gewesen sein, wenn man es einmal geschafft hatte, dass man dann ein Leben lang Abgeordneter war. Das ist aber heute bei weitem nicht mehr so, sondern es gibt schlicht und ergreifend eine ganze Menge Menschen, die mal vier Jahre lang Abgeordneter sind, dann wieder in einen anderen Beruf wechseln. Vor allen Dingen möchte man natürlich auch von diesem Abgeordneten-Mandat nicht wegen der Altersversorgung abhängig sein. Deswegen glaube ich ist hier eine Anpassung angesagt.

    Meurer: Aber genau deswegen sagen ja einige Abgeordnete - Entschuldigung, Frau Göring-Eckardt -, dass die Altersversorgung im Bundestag eigentlich gar nicht mehr so üppig sei. Sie ist ja verändert worden.

    Göring-Eckardt: Sie ist schon mal verändert worden und schon einige Male verändert worden, auch zu Recht. Die Abgeordneten-Pensionen sind bei weitem nicht mehr so üppig, wie sie das noch in den 90er Jahren gewesen sind. Trotzdem bleibt ja: es ist ein extra Versorgungswerk, es ist sozusagen nicht ein extra Versorgungswerk, sondern wir werden vom deutschen Steuerzahler auch im Alter bezahlt. Ich persönlich hätte es lieber, ich wäre Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung, würde mir wie jeder andere eine Riester-Rente dazunehmen können und hätte dann eine Absicherung, die ich auch in einem anderen Beruf schlicht und ergreifend weiterführen kann.

    Meurer: Wie stehen die Chancen für diesen Vorschlag?

    Göring-Eckardt: Ich glaube, dass es eine große Diskussion gibt, übrigens insbesondere unter jüngeren Abgeordneten, die diese Auffassung häufig teilen, auch weil die sich natürlich sagen, ich will gar nicht darauf angewiesen sein, ein Leben lang Abgeordneter zu sein. Diese Debatte werden wir führen. Das entspricht ja auch jedenfalls von der Denkweise her dem, was gerade einige vorschlagen die sagen, man will die Altersversorgung um ein Drittel kürzen und deswegen diese Möglichkeit auf die Diäten aufschlagen.

    Meurer: Nun sind aber Abgeordnete keine normalen Arbeitnehmer. Kann man da einfach für die die gesetzliche Rente einführen?

    Göring-Eckardt: Abgeordnete sind keine normalen Arbeitnehmer, aber sie waren es möglicherweise vorher und sind es möglicherweise dann auch hinterher wieder. Insofern finde ich, wenn man Mitglied einer gesetzlichen Rentenversicherung sein will oder sich anderweitig selber versichern will, sollte es diese Möglichkeit durchaus geben.

    Meurer: Nehmen wir mal einmal an, es gäbe eine Reform noch einmal bei den Alterseinkünften. Wären Sie dann dafür, dass die Diäten von jetzt etwas über 7.000 Euro in Stufen auf 7.600 Euro steigen, um wieder das Niveau der obersten Bundesrichter zu erreichen, was ja häufig als Niveau genannt wird?

    Göring-Eckardt: Diesen Vorschlag hat ja eine Kommission mal gemacht, das an die obersten Bundesrichter anzupassen. Ich finde was man in diesen Zeiten machen kann, auch wenn man den Konjunkturaufschwung mit einbezieht und die Tatsache, dass andere Löhne steigen, ist eine Anpassung an die allgemeine Einkommensentwicklung. Aber die muss dann auch nach oben gelten wie nach unten. Wenn die allgemeine Einkommensentwicklung sich nach unten entwickelt, dann müssen die Abgeordneten auch sagen gut, da sind wir dann auch dabei. Wir haben ja sehr bewusst verschiedene Nullrunden verabredet seit dem Jahr 2003. Sie haben es vorhin erwähnt. Das war auch angemessen, wenn man sich die Einkommensentwicklung angeschaut hat. Was ich mir nicht vorstellen kann ist, dass man jetzt nach dem Motto wir nehmen gleich mal einen großen Schluck aus der Pulle verfährt, sondern wenn, dann maximal die Ankoppelung an die allgemeine Entwicklung der Einkommen in Deutschland.

    Meurer: Das würde nicht dazu führen, dass man an das Niveau der obersten Bundesrichter kommt?

    Göring-Eckardt: Das würde bei weitem nicht dazu führen und das würde übrigens auch alle einbeziehen, nämlich auch die Rentnerinnen und Rentner beispielsweise.

    Meurer: Ein anderer Punkt: die steuerfreie Kostenpauschale für Abgeordnete. Der Bundesfinanzhof hat offenbar Probleme mit dieser Pauschale von 3.720 Euro monatlich. Sie auch?

    Göring-Eckardt: Der Bundesfinanzhof hat sich ja schon einige Male damit beschäftigt. Da würde ich nun wieder sagen, das ist etwas, wo die Abgeordneten einen besonderen Status haben, schlicht und ergreifend deswegen, weil das Abgeordnetenmandat frei sein muss, weil ich also frei sein muss, bestimmte Dinge zu tun, mir anzuschauen in der Republik, zu untersuchen, Leute zu besuchen, die den Beistand eines Abgeordneten wollen, die die Meinung eines Abgeordneten wollen wie auch immer, ohne einem Beamten - in der Regel ist es ja ein Steuerbeamter - erklären zu müssen, warum ich das tue, ob ich das jetzt richtig tue an dieser Stelle oder nicht. Ich glaube damit ist man ganz gut gefahren. Die Abgeordneten sind ja öffentliche Personen und alles das, was immer unterstellt wird, was man alles täte mit der kostenfreien Aufwandspauschale, da kann man bei den Abgeordneten ziemlich sicher sein das kommt relativ schnell heraus, weil sie immer unter Beobachtung stehen. Ich halte dann mehr davon, dass die Abgeordneten selber offen legen, was sie mit diesen Geldern tun.

    Meurer: Unter Beobachtung stehen auch die Nebeneinkünfte. Da liegt ja ein bereits beschlossener Codex auf Eis, weil sich das Bundesverfassungsgericht mit dieser Sache beschäftigt, sich aber noch eine Weile Zeit lässt. Stimmen Sie Bundestagspräsident Norbert Lammert zu, der jetzt sagt ich warte nicht mehr auf Karlsruhe, ich will, dass alle Abgeordneten ihre Nebeneinkünfte offen legen, erst einmal allerdings ohne Angabe des Gehalts?

    Göring-Eckardt: Ja, das wurde wirklich Zeit. Wir haben dieses Gesetz nicht umsonst beschlossen, genau aus den Transparenzgründen, die ich eben erwähnt habe. Politik muss transparent sein und die Bürgerinnen und Bürger müssen auch wissen, wenn jemand noch aus einem anderen Beruf Nebeneinkünfte hat, und man muss auch wissen, woher die kommen, weil man sich einfach die Frage beantworten können muss, gibt es dort eine Beeinflussung der Abgeordnetentätigkeit oder nicht. Deswegen finde ich ist es längst überfällig, dass die Nebeneinkünfte offengelegt werden, dass jede und jeder weiß, der am Wahlzettel ankreuzt, hier gibt es jemanden, der noch mal so viel verdient mit einem anderen Beruf oder ein kleines Nebeneinkommen hat wie auch immer. Aufgrund der Klagen beim Verfassungsgericht sagt jetzt der Bundestagspräsident kann ich noch nicht die Höhe veröffentlichen, aber ich hoffe, dass es auch dazu kommt, dass die Höhe veröffentlicht wird, weil da ist der Abgeordnete nun eben nicht wie jeder andere Beruf, sondern das, was er zu beschließen hat, kann von außen beeinflusst werden und natürlich insbesondere dadurch, dass er möglicherweise noch bei Leuten Geld verdient, die ganz bestimmte Gesetze wollen. Das muss transparent und durchschaubar sein.

    Meurer: Das war Katrin Göring-Eckardt, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, von Bündnis 90/Die Grünen. Schönen Dank und auf Wiederhören Frau Göring-Eckardt!

    Göring-Eckardt: Danke, Ihnen auch. Auf Wiederhören!