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Golan gegen Frieden

Im Sechstagekrieg 1967 besetzte Israel die bis dahin zu Syrien gehörenden Golanhöhen. Syrien fordert sie zurück und macht weitere Nahost-Friedensverhandlungen davon abhängig. Jedem Bürger Israels ist klar, das die Golanhöhen zur Disposition stehen. Corinna Emundts berichtet.

15.12.2007
    Der Wind pfeift auf diesem Aussichtspunkt mitten auf den Golanhöhen. Ein paar Touristen bestaunen die Landschaft: Dünn besiedeltes Land über weite Hügelreihen Richtung Damaskus. Doch die Weiten der Golanhöhen sind fruchtbar, unter uns liegen Apfel- und Weinplantagen. Eine Oase im kargen, steinigen Israel.

    Eine freundliche Stimme erklärt per Knopfdruck den Touristen nicht nur, was hier zu sehen ist. Sie beschreibt, wie wichtig dieser Landstrich für Israel ist - aus militärischen Gründen, wegen der Windenergie und der Landwirtschaft. Die Schönheit und der Blütenreichtum werden gepriesen. Das ist die eine Seite. Die andere: Das Land ist vermint und die derzeitige Grenze Israels zu Syrien ist markiert von einer als Feldmarke abgesetzten Pufferzone: Überall Warnschilder, wo man hinsieht: "Vermintes Gelände". Auch der Aussichtpunkt selbst hat trotz des Blickes in die schöne Landschaft eher herben Charme: Hier oben lässt sich ein ehemaliger Militärbunker besichtigen, die schwierige Geschichte des Golans ist hier in Zement gegossen.

    Denn dieses syrische Gebiet ist von den Israelis im Sechstagekrieg 1967 erkämpft und besetzt worden. Syrien fordert es nachhaltig zurück und macht weitere Nahost-Friedensverhandlungen davon abhängig. Und jedem Bürger Israels ist klar, das die Golanhöhen zur Disposition stehen. Doch manche wehren sich vehement gegen solche Überlegungen - wie David Krausz von der National-Religiösen Partei, in deren Programm der religiös begründete Anspruch auf das "gelobte Land" steht.

    "Wir sind nicht von Orten wie Manchester und Liverpool umgeben, sondern immer noch von Feinden. Ob bei der Westbank oder bei Syrien, immer geht es darum, dass eine Friedensinitiative die Formel 'Land für Frieden' beinhalten muss. Ist das ein ernsthafter Weg, über Normalisierung im Nahen Osten zu reden? Wir akzeptieren diese Lösung nicht, schon gar nicht als Ausgangspunkt."

    Doch Israel ist in dieser Frage gespalten. Yariv Oppenheimer von der israelischen Friedensbewegung sieht keine andere Möglichkeit, als sich gegenüber Syrien ebenso zu verhalten wie gegenüber den anderen Nachbarländern, mit denen man über Landrückgabe zu friedlichen Beziehungen kam. Und da hieß der Umtauschkurs immer "Land gegen Frieden".

    "Wenn wir echten Frieden wollen, müssen wir die Golanhöhen wohl aufgeben. Ich wünschte, wir könnten sie behalten. Es ist so schön dort. Und wir haben dort unsere Wasserreserven. Es ist wichtig für Israels Sicherheit. Aber vielleicht hat seinerzeit Ministerpräsident Begin den Preis festgelegt, als er von uns 1967 besetztes Land später an Ägypten zurückgab. Ebenso in Jordanien und Gaza. Es wird keine Chance auf Frieden mit Syrien geben, ohne zu den international festgelegten Grenzen zurückzukehren. Wir kennen den Preis."

    Wenn so wenige Menschen auf den Golanhöhen leben, fragt sich, weshalb das Land für Israel so entscheidend ist. Viele Israelis erklären das mit dem Gefühl der Verwundbarkeit, das größer wäre ohne die schützende Hügelkette. Sie erinnern sich noch immer an die Zeit vor 1967 mit militärischem Beschuss durch die Syrer. Und doch glaubt auch der Politologe Shmuel Sandler von der staatlichen Bar Ilan Universität, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Landstrich zurückgegeben ist.

    "Wir stehen unter großem Druck, Frieden mit Syrien zu schließen. Wir kennen den Preis. Einmal schon sind die Verhandlungen nur knapp gescheitert wegen ein paar hundert Metern. Das waren für uns entscheidende Flächen am See Genezareth, die Syrien 1948 besetzt hatte, darauf hat es bestanden. Aber man muss noch einen anderen Punkt sehen: Wir wollen offene Grenzen, so dass Israels nach Damaskus reisen können und Syrer nach Jerusalem, so wie es offene Grenzen zu Ägypten gibt. Davor hat ein totalitäres Regime wie Syrien Angst."

    Die israelische Regierung unter Ministerpräsident Olmert nimmt dieselbe Position ein. Sie misstraut Syrien, solange es sich in einer strategischen Partnerschaft mit dem Iran befindet. Doch auch hier klingen die offiziellen Signale so, als wäre Israel bereit, die Golanhöhen zu räumen. Amit Gilad, Sprecher im Jerusalemer Außenministerium, kann sich vorstellen, dass Frieden mit Syrien sogar der Beginn eines Friedensprozesses in Nahost sein könnte. Allerdings müsste es offenbar ein anderes Syrien sein als das heutige.

    "Der Golan steht zur Debatte, und wir wollen mit Syrien ohne Vorausbedingungen verhandeln. Die Syrer haben ihre Vorstellungen gezeigt, und wir wissen es, auf dem Verhandlungstisch können wir über alles reden. Aber bis wir den erreichen, müssen wir sicher sein, dass die Syrer nicht nur den Golan haben wollen, sondern dafür Frieden bieten."