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Goldhandel in der Schweiz
Trügerischer Glanz

Es geht um Milliarden-Umsätze: Die Schweiz ist eine Drehscheibe für den globalen Goldhandel. Doch bei der Herkunft des Edelmetalls tun sich gewaltige Probleme auf: Zwar beteuert die Branche, nicht mit Blutgold und Schmuggelware zu arbeiten, doch kann sie das wirklich garantieren?

Von Hans-Jürgen Maurus | 10.08.2017
    Ein-Kilogramm Goldbarren im Lager der Goldverarbeitungsfirma Argor-Heraeus, aufgenommen am 13.03.2008 in Mendrisio, Tessin, Schweiz.
    Begehrte Ware: Goldbarren der Tessiner Goldverarbeitungsfirma Argor-Heraeus. (dpa / Karl Mathis)
    Uhren, Schoki, Käse - dafür ist die Schweiz bekannt, doch auch eine Drehscheibe für den globalen Goldhandel? Allerdings, meint Jean Claude Wagnon, Hauptabteilungsleiter der Eidgenössischen Zollverwaltung, und er belegt dies mit eindrucksvollen Zahlen.
    "Also, in 2016 wurde für 80 Milliarden Franken importiert und 80 Milliarden Franken exportiert. Und für 2017 haben wir ungefähr die gleichen Werte."
    Dunkle Kapitel in der Handelsgeschichte
    Trotz erstklassiger Produkte hat der Goldhandel eine unrühmliche Vergangenheit, erinnert Christoph Wiedmer, Geschäftsführer der Gesellschaft für bedrohte Völker. Vor allem in den 80er-Jahren wurden die Goldgeschäfte geheim gehalten.
    "Anfang der 80er Jahre hat der Schweizer Bundesrat entschieden, dass sämtlicher Goldhandel nicht mehr nach Ländern aufgeschlüsselt wird. Hintergrund war, dass die Schweiz ganz viel Gold von Südafrika, das unter Boykott war von der UNO, importiert hat. Also ein sehr dreckiges Kapitel der Schweizer Geschichte."
    Doch diese Zeiten sind vorbei, dafür machen andere Probleme der Branche zu schaffen. Illegales Gold, Blutgold, schmutziges Gold, Schmuggelgold - es geht um die Herkunft des Rohstoffs, meint Christoph Wiedmer.
    "Es wird nicht gesagt, woher das Gold kommt. Andererseits wird immer gesagt ‚wir sind ja tausendfach zertifiziert, es kommt kein dreckiges Gold‘. Wir haben aber die Belege, dass trotzdem dreckiges Gold in die Schweiz kommt. Wir haben ganz genaue Ausfuhrstatistiken zum Beispiel aus Peru, wo wir nachweisen konnten, dass illegales Gold zumindest in der Vergangenheit in die Schweiz kam und hier aufbereitet wurde."
    Wie wird das Gold abgebaut?
    Auch der Aargauer Nationalrat Cédric Wermuth kennt das Problem.
    "Es ist heute praktisch unmöglich, wirklich bei Gold nachvollziehen zu können, ob es in unter annehmbaren Bedingungen abgebaut wurde. Es ist sehr sehr schwierig, diese Lieferkette zu prüfen, weil der politische Wille nicht besteht, und weil der Wille auch in der Branche nicht besteht, das offenzulegen."
    Doch in der Branche hat man die Herausforderung erkannt, so der Geschäftsführer der deutschen Raffinerie Argor-Heraeus in Mendrisio, Christoph Wild, die Goldbarren umschmilzt und Schmuck- und Uhrenindustrie beliefert. Nachverfolgbarkeit sei der Schlüssel:
    "Es ist für uns ganz wichtig, unseren Kunden die Gewissheit zu geben, dass das Edelmetall, das weiterbearbeitet wird, aus nachhaltiger Quelle kommt. Es ist nicht immer hundertprozentig möglich. Im Moment gibt es da nur eine Devise: Wenn man nicht weiß, woher das Edelmetall kommt: Hände weg!"
    Gold von bewaffneten Rebellengruppen
    Klare Ansage. Die Herausforderung besteht darin, dass auch die Raffinerien nicht immer wissen, ob gelieferte Ware sauber ist oder über diverse Zwischenhändler wanderte. Argor-Heraeus landete 2005 in den Schlagzeilen, als herauskam, dass die Raffinerie rund drei Tonnen Gold einer bewaffneten Rebellengruppe aus der Demokratischen Republik Kongo verarbeitet hatte. Das Gold war über Uganda an die Gesellschaft British Hussar Limited mit Sitz auf den Kanalinseln verkauft worden. Argor-Heraeus hat die Lehren aus dem Fall gezogen, räumt Geschäftsführer Wild freimütig ein.
    "Was damals geschehen ist, bedauern wir aus heutiger Sicht, sind überzeugt, dass das so nicht mehr passieren kann mit den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Und wir haben unsere Lehren daraus gezogen."
    Männer arbeiten in Goldmine. In Mgusu, einer typischen Minenstadt, arbeiten ca. 4.000 Menschen in den Minen.
    Die Swiss-Better-Gold Initiative soll helfen, die Umwelt- und Gesundheitsrisiken beim nichtindustriellen Goldabbau zu verringern. (dpa / Sandra Gätke)
    Argor arbeitet zudem mit der Max-Havelaar-Stiftung bei der Swiss-Better-Gold-Initiative zusammen, die mit fairen Standards bessere Arbeitsbedingungen beim Goldabbau, die Herkunft von Goldlieferungen klar zuordnen und vor allem kleineren Minenbetreibern helfen will, so Goldspezialist Adrian Höninger.
    Fair-Trade-Standard hat seinen Preis
    Das heißt: "Der Fairtrade-Standard, er verbietet missbräuchliche Kinderarbeit, Zwangsarbeit, andere Formen der Diskriminierung. Und das Fairtrade-Gold stammt aus Minen, in denen die Arbeitsbedingungen geregelt sind, und wo dadurch auch die Umwelt geschützt wird."
    Die Jahresproduktion von Gold liegt weltweit bei rund 3.158 Tonnen, doch nur zehn Prozent werden von Kleinminen abgebaut. Über die Better-Gold-Initiative landen daher nur kleine Mengen beim Verbraucher. Hinzu kommt, dass viele Endkunden den höheren Goldpreis für Fairtrade-Goldprodukte nicht bezahlen wollen.