Das ganze 19. Jahrhundert hindurch blieb er durch seine Erfindungen – allen voran die Rumford-Suppe – im Gedächtnis der Zeitgenossen, heute kennt ihn kaum noch jemand, nur Grass-Lesern dürfte er aus dem "Butt" vertraut sein. Leider wird sich mit der vorliegenden Biographie des emeritierten britischen Chemieprofessors George I. Brown an diesem Umstand wenig ändern. Das atemraubend vielschichtige Leben des Grafen mit seinen komplizierten politischen Implikationen lässt sich kaum auf 200 Taschenbuchseiten erzählen, und wer das wagt, muss notwendigerweise fast tabellarisch vorgehen. Obwohl die Übersetzerin Anita Ehlers die deutschen Episoden ausführlicher dokumentiert, als es das englische Original tut, rauscht das Leben des Grafen Rumford am Leser nur so vorbei. Die vielfältigen amourösen Eskapaden, unabdingbare Mittel des Aufstiegs und der Diplomatie, werden abgehakt, selbst technische Einschübe, in denen Erfindungen und Entdeckungen zur Sprache kommen, bleiben kurzatmig und trotz aller Bebilderung unplastisch. Das Verdienst von Brown liegt darin, auf eine historische Gestalt hingewiesen zu haben, die einer echten Monographie mit komplett ausgewerteten bayrischen Quellen noch harrt. Dass man Benjamin Thompson alias Graf Rumford auch zum Helden von Romanen und Filmen machen könnte, legt der Stoff nahe, nicht aber seine vorliegende Aufbereitung. Die beschränkt sich auf die spröde Chronistenpflicht und lässt anmutige Pirouetten der literarischen Kür vermissen.
Graf Rumford
Man nehme getrocknete gelbe Erbsen, Suppengrün und Liebstöckl, Perlgraupen und Kartoffeln und die harten Brotkanten der letzten Wochen. Alles zusammen in einen Topf geben, aufkochen, durch ein Sieb passieren und mit durchwachsenem Speck garnieren. Fertig ist der Nahrungsbrei, der Millionen Menschen in aller Welt, vornehmlich in den Armenhäusern und Armeen des 19. Jahrhunderts, vom nagenden Hunger befreite. Was heute wie eine triviale Resteverwertung aussieht, war gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine nahrungsphysiologische Revolution: die Rumfordsuppe. Benannt nach einem Abenteurer, politischen Hasardeur, Naturwissenschaftler und Frauenhelden, der in den Umbruchzeiten zwischen amerikanischer Unabhängigkeitserklärung, französischer Revolution und europäischer Reaktion geschickt zwischen den Fronten agierte, mal der einen, mal der anderen Seite als Spion diente und immer noch genügend Zeit zur Weltverbesserung fand. Die Münchner verdanken ihm den Englischen Garten, die Briten die "Royal Institution" – ein bis heute bestehendes Wissenschaftskolleg –, und der Rest der Menschheit theoretische Erkenntnisse über Thermodynamik, aus denen ganz praktische Anwendungen wie hellere Öllampen, bessere Herde und wärmere Öfen resultierten.
Das ganze 19. Jahrhundert hindurch blieb er durch seine Erfindungen – allen voran die Rumford-Suppe – im Gedächtnis der Zeitgenossen, heute kennt ihn kaum noch jemand, nur Grass-Lesern dürfte er aus dem "Butt" vertraut sein. Leider wird sich mit der vorliegenden Biographie des emeritierten britischen Chemieprofessors George I. Brown an diesem Umstand wenig ändern. Das atemraubend vielschichtige Leben des Grafen mit seinen komplizierten politischen Implikationen lässt sich kaum auf 200 Taschenbuchseiten erzählen, und wer das wagt, muss notwendigerweise fast tabellarisch vorgehen. Obwohl die Übersetzerin Anita Ehlers die deutschen Episoden ausführlicher dokumentiert, als es das englische Original tut, rauscht das Leben des Grafen Rumford am Leser nur so vorbei. Die vielfältigen amourösen Eskapaden, unabdingbare Mittel des Aufstiegs und der Diplomatie, werden abgehakt, selbst technische Einschübe, in denen Erfindungen und Entdeckungen zur Sprache kommen, bleiben kurzatmig und trotz aller Bebilderung unplastisch. Das Verdienst von Brown liegt darin, auf eine historische Gestalt hingewiesen zu haben, die einer echten Monographie mit komplett ausgewerteten bayrischen Quellen noch harrt. Dass man Benjamin Thompson alias Graf Rumford auch zum Helden von Romanen und Filmen machen könnte, legt der Stoff nahe, nicht aber seine vorliegende Aufbereitung. Die beschränkt sich auf die spröde Chronistenpflicht und lässt anmutige Pirouetten der literarischen Kür vermissen.