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Griechenland
Der nächste finanzielle Engpass droht

Es klingt wie eine Rückblende. In die schlimmsten Zeiten der griechischen Finanzkrise vor einem Jahr. Denn ohne neue Milliardenkredite aus dem dritten EU-Hilfsprogramm kann Athen seine Milliardenrückzahlungen an den IWF und an die Europäische Zentralbank in den nächsten Monaten nicht leisten.

Von Ralph Sina | 05.04.2016
    Graffiti in Athen: Das Abbild einer griechischen Euro-Münze, bedroht von einem roten Drachen
    Wenn die Regierung-Tsipras nicht das Reformtempo erhöht, droht Griechenland die Staatspleite. (imago / Florian Schuh)
    "Yes, I've got my money back."
    Im letzten Jahr freute sich Christine Lagarde noch, sie habe tatsächlich pünktlich eine Kreditrate von Griechenland zurückgezahlt bekommen. Doch mittlerweile ist sich die IWF-Chefin nicht mehr sicher, ob weitere Kredite des Internationalen Währungsfonds an Athen noch Sinn machen. Denn der Leiter der Europa-Abteilung des IWF soll in einem mitgeschnittenen und Wikileaks zugespielten internen Telefongespräch mit der IWF-Delegationsleiterin für Griechenland die Reformbemühungen der Tsipras-Regierung als "Micky-Maus-Kram" bezeichnet haben. Und auch Lagarde betonte jetzt in einem Brief an Griechenlands-Premier Alexis Tsipras, noch sei kein kohärentes griechisches Reform-Programm in Sicht.
    Für Lagarde gibt es nur einen Weg - der Schuldenschnitt
    Niemand beim IWF glaubt daran, dass Athen trotz der massiven Belastungen durch die Flüchtlingskrise tatsächlich wie von den Kreditgebern verlangt in den nächsten Wochen sein Renten-und Einkommenssteuersystem umfassend reformiert. Und Staatsbetriebe in einen Privatisierungsfond überführt glaubt beim IWF niemand. Deshalb gibt es aus der Sicht Lagardes nur einen Weg: einen Schuldenschnitt für Griechenland. Die Euroländer als die größten Kreditgeber sollen auf einen Teil der Rückzahlungen verzichten.
    "Ja, es wird noch ein paar Diskussionen geben. Das ist mir auch klar."
    Die Schuldenschnitt-Debatte werde kommen warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits nach dem Treffen mit seinen EU-Kollegen im letzten Monat in Brüssel. Schließlich strebt nicht nur der IWF, sondern auch Eurogruppenchef Dijsselbloem zügige Verhandlungen über mögliche Schuldenerleichterungen für Athen an. Doch Schäuble will sich auf diese Verhandlung nicht einlassen. Und auf keinen Fall für einen Schuldenerlass oder eine nochmalige Verlängerung der Kreditlaufzeiten im Bundestag werben.
    "Ich hab kein richtiges Argument für den deutschen Gesetzgeber."
    Schäuble: Blankoscheck für Nichtstun
    Kein Schuldenerlass. Und kein Reformerlass lautet Schäubles Devise. Der in Brüssel gerne auf den Tisch haut, um den Reformforderungen an Athen Nachdruck zu verleihen.
    "Im Fokus der Debatte muss sein, dass Griechenland Schritt für Schritt umsetzt, und dass wir dabei helfen, was wir können."
    Eine Schuldenerleichterung für Griechenland ist aus Sicht des Bundesfinanzministers ein Blankoscheck für Nichtstun und Reformverweigerung. Doch Schäuble weiß, dass ohne eine Reduzierung des griechischen Schuldenbergs durch die Europäer die Beteiligung des IWF am dritten Griechenland-Hilfsprogramm gefährdet ist. Diese Beteiligung ist aber für die Kanzlerin und für den Deutschen Bundestag die Bedingung dafür sich überhaupt an dem neuen 86 Milliarden Rettungsprogramm zu beteiligen. Das laufende IWF-Programm für Griechenland ist bereits Ende März ausgelaufen. Die Uhr tickt also. Für Griechenlands Fürsprecherin Angela Merkel. Und für Alexis Tsipras. Denn ohne neue Milliardenkredite aus dem dritten EU- Hilfsprogramm kann Athen seine Milliardenrückzahlungen an den IWF und an die Europäische Zentralbank in den nächsten Monaten nicht leisten. Das Gespenst der griechischen Staatspleite ist erschreckend aktuell.