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Griechenland
Die Start-up-Szene boomt

Die Reformen in Griechenland stocken, die Wirtschaft des Landes kommt nicht in Schwung. Gerade viele gut ausgebildete Griechen haben ihre Heimat in den vergangenen Jahren verlassen. Aber es gibt sie, junge Leute mit Ideen, die sich entscheiden, in Griechenland zu bleiben - und dort den Durchbruch schaffen.

Von Rodothea Seralidou | 10.12.2015
    Ein Taxi fährt durch das Hafenviertel von Piräus.
    Ein griechisches Start-up hat Erfolg mit einer Taxi-App. (imago/MiS)
    In den Büros der griechischen Start-up-Firma Taxibeat im Herzen Athens. Das Ambiente ähnelt eher dem eines modernen Appartements als einer Firmenzentrale. Ein hipper Konferenzraum mit einer großen, hellgrünen Samtcouch und handgeschriebenen Notizen an den Wänden, eine Bar mit schwarzen Hochstühlen. Maria Mouzakiti ist die Pressefrau des Unternehmens. Sie erklärt wie die Handy-App von Taxibeat funktioniert: "Du brauchst nur auf eine Τaste deines Smartphones zu drücken und schon hast du innerhalb weniger Minuten einen Fahrer vor deiner Tür. Für die Kunden ist das umsonst. Die Taxifahrer zahlen eine Provision an uns, haben dafür aber viel mehr Kundschaft: Statt die Straßen rauf und runter zu fahren oder stundenlang am Taxistand zu warten, werden sie über die App angefordert."
    Was vor vier Jahren als Drei-Mann-Start-up anfing, sei heute ein Unternehmen mit 35 Angestellten, sagt Mousakiti und lächelt stolz. Mehr als 3.500 Taxifahrer machten mittlerweile mit und über 300.000 Smartphone-Nutzer hätten die App auf ihrem Handy - Tendenz steigend.
    Umdenken mit der Krise
    Solche Erfolgsgeschichten machen anderen Jungunternehmern Mut, sagt Giorgos Doukidis von der Wirtschaftsuniversität Athen. Im Innovationszentrum seiner Hochschule hilft der Professor Studenten und Absolventen seiner Uni dabei, ihre Ideen in die Praxis umzusetzen und sich selbstständig zu machen: "In Griechenland ist die Forschung auf einem sehr guten Level, und jetzt mit der Krise hat ein Umdenken stattgefunden. Die Studenten nehmen an Wettbewerben teil, sie haben innovative Ideen und versuchen ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Früher wollten sogar unsere besten Studenten eine Stelle im öffentlichen Sektor. Die Krise hat geholfen, dass sich das ändert."
    Doch mit der Gründung eines Start-ups allein sei es nicht getan, sagt der Wirtschaftsprofessor. Oft scheiterten die Jungunternehmer nach kurzer Zeit, weil sie nicht an ausreichend Kapital kämen. Denn wenn es darum gehe, ausländische Investoren anzulocken, hätten es griechische Start-ups richtig schwer: "Das Image Griechenlands ist nicht das beste. Ein Start-up muss sich erst bewähren. Erst wenn es gezeigt hat, dass sein Produkt international erfolgreich sein kann und dass es Leute hat, die in der Branche wirklich top sind, erst dann fließt das Geld."
    Die meisten Jungunternehmer versuchten deshalb erst einmal, an eine Finanzierung durch Investoren in Griechenland zu kommen, zum Beispiel durch den griechischen Fonds Openfund, der ausschließlich in griechische Technologie-Start-ups investiert. Doch die Kapazitäten des Fonds sind begrenzt, weiß Wirtschaftsprofessor Doukidis: Openfund könne nicht mehr als zehn Start-ups im Jahr unterstützen. Ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn man bedenkt, dass allein im Technologiesektor jährlich mehr als 500 Unternehmen gegründet werden.
    Und dieser Boom hat durchaus seine Gründe, erklärt Stefanos Prokos. Als Absolvent der Athener Wirtschaftshochschule erhält auch er Rat und Unterstützung vom Innovationszentrum der Uni: "Entweder gehst du ins Ausland oder du machst etwas Eigenes und da bietet sich der Technologiesektor sehr gut an. Du brauchst keine Vorräte, kein Lager. Wenn du das Know-how hast, setzt du deine Idee um und wenn alles gut läuft, kannst du sogar ins Ausland expandieren."
    Der 30-Jährige hat zusammen mit drei Freunden eine Handy-App namens "Frink" auf den Markt gebracht. Registrierte User können täglich aufs Shaker-Symbol der App klicken und Getränke in teilnehmenden Bars gewinnen. Das komme vor allem bei jungen Griechen extrem gut an, sagt Stefanos: "Wir wollen nun auch in anderen Städten Fuß fassen, vor allem dort, wo es viele Studenten gibt, denn die sind unsere Hauptzielgruppe. Und wir kooperieren jetzt schon mit Unternehmen, die uns helfen sollen, in sechs weitere Länder zu expandieren: Nach Portugal, Polen, Irland, Zypern, Russland und Mexiko."
    Und auch inhaltlich will sich das Unternehmen breiter aufstellen. Ab 2016 soll es neben den alkoholischen Getränken auch kostenlosen Kaffee und kostenlose Theater- und Kinotickets geben.