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Griechenland
Europäische Bankenrichtlinie soll eingeführt werden

Mehrwertsteuererhöhung und Teile der Rentenreform hat der griechische Präsident im Parlament schon durchgesetzt. Doch es braucht noch mehr Reformen. Weil die Banken wackeln, soll die europäische Bankenrichtlinie nun auch für Griechenland umgesetzt werden.

Von Michael Braun | 22.07.2015
    Alpha Bank-Filiale in Athen (09.03.2011).
    Banken sollen geregelt abgewickelt werden können, ohne dass Staat und Steuerzahler als erste Retter antreten. (dpa / picture-alliance / Orestis Panagiotou)
    Wie es um Griechenland steht, hat die Ratingagentur Standard & Poor's gezeigt: Sie hat das Bonitätsurteil für Griechenland leicht angehoben, in Schulnoten gesprochen etwa von sechs minus auf sechs. Es bleibt also schlecht. Das heißt: Die Staatsanleihen im Besitz griechischer Banken sind ausfallgefährdet. Auch die schwache Konjunktur in Griechenland, die die gesamtwirtschaftliche Leistung dieses Jahr womöglich um mehr als zwölf Prozent einbrechen lassen wird, lastet auf dem Land wie den Banken. Denn die dürften immer mehr unsichere Kredite in ihren Büchern haben. Der Anteil der faulen Kredite hat sich nach Schätzung von Moody's von 35 auf bis zu 45 Prozent erhöht.
    Das Bankensystem wackelt also. Auch deshalb soll die europäische Bankenrichtlinie heute auch für Griechenland umgesetzt werden. Warum Griechenlands Geldgeber so darauf drängten, ist Professor Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management allerdings nicht ganz klar:
    "Sie wollten einfach diese Regeln jetzt auch hier sehen. Sie wollten darüber keine Debatten mehr sehen."
    Aber über kurz oder lang hätte Griechenland diese Richtlinie sowieso einführen müssen:
    "Der Abwicklungsmechanismus ist ja nicht für Griechenland erfunden worden. Dieser Mechanismus ist erfunden worden für die gesamte Europäische Union, eine der wichtigsten Lehren aus der Finanzkrise, eine der wichtigsten Lehre aus 2008, wo – nebenbei – auch viele deutsche Banken mit Steuergeld gerettet wurden, irische, portugiesische und so weiter. Also, das ist keine, sag ich mal, Lex, die ausdrücklich für Griechenland geschaffen wurde."
    Geregelte Abwicklung der Banken
    Die wichtigste Folge dieser Richtlinie: Banken sollen geregelt abgewickelt werden können, ohne dass Staat und Steuerzahler als erste Retter antreten. Zuerst müssen Aktionäre und Gläubiger der Banken auf ihre Ansprüche verzichten. Sparer bleiben außen vor, jedenfalls mit einem Sparguthaben von bis zu 100.000 Euro. Darüber hinausgehende Spareinlagen werden aber herangezogen, wenn die Bank nicht anders saniert werden kann. Das kann viele Selbstständige und Handwerker in Griechenland treffen. Dort sind etwa 31 Prozent alle Erwerbstätigen selbstständig. In Deutschland liegt die Quote nur bei gut zehn Prozent.
    In einer Übergangszeit wird die EZB die griechischen Banken wohl zahlungsfähig halten. Sie hat erst vorige Woche ihre Notfallhilfen um 900 Millionen Euro auf knapp 90 Milliarden Euro erhöht. Das werde nicht das letzte Wort sein, meint Stefan Mitropoulos von der Landesbank Hessen-Thüringen:
    "Sollten die 900 Millionen mehr an Liquidität nicht ausreichen, dürfte die EZB entsprechend den Rahmen noch mal ausweiten."
    Zur Stunde berät der EZB-Rat darüber.
    Doch das wird keine Dauerlösung sein. Die vier großen griechischen Banken, die etwa 95 Prozent des Marktes ausmachen, werden nicht alle überleben können. DZ-Bank-Analyst Daniel Lenz meint, die Bankenlandschaft in Griechenland werde schrumpfen:
    "Die Politik muss wahrscheinlich auch mehrere Institute zusammenschließen."
    Piräus Bank, Alpha Bank, Eurobank und National Bank of Greece haben zwar schon in hohem Maße vorgesorgt und sich darauf eingestellt, dass sie nur noch rund 40 Prozent ihrer faulen Kredite noch zurückerhalten werden. Aber es gibt noch eine weitere Schwäche: Das Eigenkapital der vier großen Banken besteht in hohem Maße aus Steuerforderungen an den Staat. Die Angaben schwanken zwischen 46 und 57 Prozent. Doch was, wenn dieser Staat nicht zahlen kann? Dann muss das dritte Rettungspaket einspringen. Von den geplanten 86 Milliarden Euro sind bis zu 25 Milliarden Euro vorgesehen, um die Banken mit frischem Kapital auszustatten. Bei der Abstimmung heute im griechischen Parlament geht es also auch wesentlich um die Zukunft des dortigen, stark sanierungsbedürftigen Bankensystems.