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Griechenland-Krise
Tsipras nach Gipfel-Einigung unter Druck

Der innenpolitische Druck auf den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras steigt. Um die erforderliche Mehrheit für die von der Eurozone geforderten Reformvorhaben zu erreichen, plant er offenbar eine Kabinettsumbildung. Athen gerät zudem weiter in Zahlungsverzug beim Internationalen Währungsfonds.

14.07.2015
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras nach dem EU-Gipfel in Brüssel.
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras sprach von einem schwierigen Kampf nach den Verhandlungen in Brüssel. (picture alliance / EPA / Laurent Dubrule)
    Alexis Tsipras wird ohne Unterstützung seines Koalitionspartners in die von der Eurozone geforderten Parlamentsabstimmungen zu den Reformvorhaben gehen. Der Vorsitzende der "Unabhängigen Griechen", Panos Kammenos, erklärte, seine Partei könne den Kompromiss nicht billigen. Da auch etliche Abgeordnete von Tsipras' Partei Syriza die Vereinbarung nicht mittragen, plant dieser übereinstimmenden Medienberichten zufolge eine größere Kabinettsumbildung.
    Zu den Ressortchefs, die gehen sollen, zählen demnach Energieminister Panagiotis Lafazanis und der Minister für Soziales, Dimitris Stratoulis. Sie gelten als die Anführer des Linksflügels des Syriza-Bündnisses und sollen eine große Gruppe von bis zu 40 Abgeordneten hinter sich haben. Syriza hat insgesamt 149 von 300 Sitzen im Parlament in Athen. Die Oppositionspartei Potami brachte eine Regierung der nationalen Einheit ins Gespräch. Die Gewerkschaft der Staatsbediensteten rief aus Protest gegen die Reformpläne zu einem landesweiten Streik auf.
    Griechenland ist unterdessen beim Internationalen Währungsfonds weiter in Zahlungsverzug geraten. Die gestern fällige Rate von 456 Millionen Euro sei nicht eingegangen, teilte IWF-Sprecher Gerry Rice mit. Die beim Währungsfonds überfällige Summe stieg damit auf gut zwei Milliarden Euro. Ein weiterer Termin steht am Montag an. Dann wird eine Rückzahlung Athens in Höhe von 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank fällig.
    Demonstranten protestieren in Athen gegen die von der Eurozone geforderten Reformen.
    Demonstranten protestieren in Athen gegen die von der Eurozone geforderten Reformen. (AFP / Louisa Gouliamaki)
    Freitag Sondersitzung des Bundestages
    Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder hatten sich gestern nach rund 17 Stunden Beratungen bereit erklärt, mit Griechenland über ein drittes Hilfspaket im Umfang von mehr als 80 Milliarden Euro zu verhandeln. Voraussetzung sind Reformen, die das griechische Parlament bis morgen auf den Weg bringen soll. Ziel sind unter anderem höhere Mehrwertsteuereinnahmen und die Einleitung einer Rentenreform. Allerdings müssen auch mehrere nationale Parlamente der Euroländer zustimmen. In einigen Staaten gibt es Widerstand. Der Deutsche Bundestag soll am Freitag zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel hob nach der Grundsatzeinigung von Brüssel die Bedeutung der Kompromissbereitschaft für Europa hervor. Bei allen Herausforderungen dürfe man nicht aus dem Blick verlieren, wie bedeutsam die Idee der europäischen Einigung sei, sagte Merkel beim Empfang für das Diplomatische Corps in Berlin. Die Meinungsvielfalt gehöre ebenso wie die Fähigkeit zum Kompromiss zu den großen Stärken Europas. Mit Blick auf die anwesenden Botschafterinnen und Botschafter betonte Merkel, angesichts der vielen Probleme auf der Welt sei das Wirken der Diplomaten als Brückenbauer heute wertvoller denn je.
    (hba/adi)