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Griechenland
Präsidentenwahl könnte Regierung stürzen

Vor der anstehenden Präsidentenwahl in Griechenland bringt sich Oppositionschef Alex Tsipras in Stellung und kündigt ein Ende der Sparpolitik an. Denn wenn sich keine Mehrheit für einen Präsidenten findet, wird auch die Regierung neu gewählt - und Tsipras' Partei liegt in Umfragen vorne.

Von Thomas Bormann | 17.12.2014
    Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras am 07.11.2014 bei einer Pressekonferenz
    Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras möchte Neuwahlen unbedingt vermeiden. (dpa / picture-alliance / Katia Christodoulou)
    Viel Macht hat ein griechischer Staatspräsident nicht; er hat vor allem repräsentative Pflichten, ähnlich wie der Bundespräsident in Deutschland. Aber die griechische Verfassung schreibt ein verzwicktes Verfahren vor, um den Staatspräsidenten zu wählen, sodass die heute beginnende Präsidentenwahl in Griechenland eine Kettenreaktion auslösen kann – bis hin zum Sturz der jetzigen Regierung in Athen.
    Genau darauf spekuliert Oppositionschef Alexis Tsipras von der griechischen Linkspartei Syriza. Er rechnet fest damit, dass die Präsidentenwahl im Parlament in allen drei Wahlgängen scheitert. Dann nämlich gibt es automatisch Neuwahlen.
    Den Tag des dritten Wahlgangs, den 29. Dezember, hat sich Alexis Tsipras dick im Kalender angestrichen: "Jetzt kennen wir endlich das entscheidende Datum: Der 29. Dezember wird der Tag sein, an dem die katastrophalen Taten dieser Sparpolitik-Koalition enden werden."
    Tsipras ist so optimistisch, weil seine Partei in Umfragen tatsächlich weit vorn liegt. Wenn er die Wahlen gewinnt, dann will er alle Entlassenen wieder einstellen, die Löhne wieder anheben und die Sparpolitik sofort beenden. Das kommt an bei den gebeutelten, griechischen Wählern. Tsipras hat auch eine Botschaft, die deutsche Steuerzahler aufhorchen lässt: All die Hilfskredite, die die anderen Euro-Länder an Griechenland überwiesen haben, will Tsipras nämlich nicht zurückzahlen, zumindest nicht in voller Höhe.
    Finanzkommissar Moscovici warnt
    Das aber wäre "selbstmörderisch", so warnte der EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici überraschend deutlich bei seinem Besuch am Montag in Athen: "Die Idee zu erwägen, Schulden nicht zurückzuzahlen, wäre selbstmörderisch. Das geht nicht. Das würde die Staatspleite bedeuten - genau das, was wir jahrelang verhindern wollten."
    Die bisher erzielten Erfolge der Sparpolitik in Griechenland wären dann für die Katz – so warnt der EU-Kommissar – und Ministerpräsident Antonis Samaras fügt noch eine Warnung hinzu: "Die Märkte im Ausland haben mit Panik reagiert, als sie von den Plänen der Opposition hörten. Wir müssen gar nichts mehr sagen. Die Angst, die die Opposition verbreitet, spricht für sich."
    Um den Präsidenten zu wählen, wären heute und im zweiten Wahlgang 200 Stimmen nötig – das erscheint völlig unerreichbar. Im dritten Wahlgang, am 29. Dezember, reichen die Stimmen von 180 Abgeordneten.
    Die beiden Regierungsfraktionen im griechischen Parlament haben zwar nur 155 Abgeordnete, also 25 zu wenig für die nötige Mehrheit. Aber: Ministerpräsident Samaras redet allen Abgeordneten der zersplitterten Opposition ins Gewissen, doch bitte, bitte den Präsidentenkandidaten Stavros Dimas zu wählen, damit es keine vorgezogenen Neuwahlen gibt, damit Griechenland nicht zurück in die tiefste Krise stürzt.
    Ob Samaras es schafft, Neuwahlen zu verhindern und weiter zu regieren, das wird sich erst in zwölf Tagen zeigen, nach dem alles entscheidenden dritten Wahlgang im Parlament von Athen.