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Griechenland
Schicksalsfrage in Athen

In Athen entscheidet heute das griechische Parlament über einen neuen Präsidenten. Wenn das scheitert, hätte Alexis Tsipras sein Ziel wohl erreicht. Der Chef des Linksbündnisses Syriza hofft auf Neuwahlen, denn er würde vermutlich als Sieger hervorgehen. Ein Szenario, das sich die internationalen Geldgeber nur ungern vorstellen möchten.

Von Katrin Erdmann | 29.12.2014
    Der Spitzenkandidat der Europäischen Linken Alexis Tsipras
    Der Spitzenkandidat der Europäischen Linken Alexis Tsipras (picture alliance / dpa / Simela Pantzartzi)
    Alexis Tsipras hat es noch nie an Selbstbewusstsein gemangelt und so ist er auch jetzt sicher: Der Sack wird heute zugemacht, der Kandidat der Regierung Samaras fällt bei der Präsidentenwahl durch und es gibt Neuwahlen:
    "Weder das Parlament noch das Volk werden Herrn Samarás einen Blankoscheck geben, damit er seine Sparprogramme fortsetzen kann."
    In diesem Satz steckt, worauf der Syriza-Chef seit Monaten spekuliert. Auf Neuwahlen. Aus denen würde sein Linksbündnis als Sieger hervorgehen, das sagen bisher alle Umfragen.
    Er verspricht den Griechen ein Ende des Sparkurses. Die Löhne und Renten sollen wieder steigen, Sozialleistungen wieder großzügiger ausfallen. Das Volk habe genug von dem Sparkurs, begründet Alexis Tsipras seinen Vorsprung:
    "Ich denke, dieses Ergebnis ist unausweichlich, denn nichts anderes kann etwas an der Unzufriedenheit der griechischen Bevölkerung ändern. Das zeigt einfach, wie wenig Volkes Wille und die Politik der Regierung zusammenpassen."
    Politischer Stillstand droht
    Dass die Umfragen auch zeigen, dass eine Mehrheit der Griechen gegen vorgezogene Neuwahlen ist, ficht ihn nicht an. Ebenso blendet er ein anderes Ergebnis aus: Sein Vorsprung zur konservativen Nea Demokratia ist kleiner geworden. Und im Falle von Neuwahlen hätte er nicht genügend Stimmen für eine Alleinregierung. Ein möglicher Koalitionspartner könnte die Demokratische Linke sein. Angeblich hat ihr Syriza-Chef Tsipras den Präsidentenposten dafür versprochen. Parteichef Fotis Kovelis bleibt jedoch vage:
    "Die Abgeordneten der Demokratischen Linken haben mit ihrem Nein klar gemacht, dass die Sackgassen-Politik, in der Land und Volk gefangen sind, nicht weitergehen kann. Demokratisches Vorgehen wird dem Land jetzt den Weg weisen."
    Ohne einen Koalitionspartner könnte Griechenland monatelang politisch lahmgelegt werden - von der wirtschaftlichen Krise ganz zu schweigen. Doch auch davon will Alexis Tsipras in diesen Tagen nichts wissen. Im Gegenteil - er sieht sich mehr als eine Art moderner "Merlin der Zauberer":
    "Wenn sich zeigt, dass sich die ängstlichen Vorhersagen nicht bewahrheiten und die Katastrophe ausbleibt, dann wird ein Sieg von Syriza wie ein Zauber wirken, der all die bösen Geister vertreibt, die seit Jahren Panik an den Märkten verbreiten. Ich glaube, dann werden die Märkte Griechenland wieder freundlicher gesinnt sein, Investoren werden zurückkommen und Europa wird auch einen neuen Weg gehen."
    Europa soll vor allem nicht die ganze geliehenen Milliarden Euro von Griechenland zurückbekommen. Der Syriza-Chef will die Verträge mit den Geldgebern neu verhandeln, möglicherweise einen Gipfel mit den südlichen Krisenländern einberufen und dann gemeinsam einen Schuldenschnitt fordern.
    "Die Syriza-Partei ist sind keine große Bedrohung für Griechenland und Europa. Sie ist die Hoffnung für einen realistischen Weg aus der Krise. Im vergangenen Jahr musste Griechenland das Versuchskaninchen für das Sanierungsprogramm spielen, um aus der Krise zu kommen. Das ist gescheitert, das Ziel wurde verfehlt. Jetzt muss Griechenland genau das entgegengesetzte Experiment für Europa sein, eines für Wachstum, soziale Zusammenarbeit und Demokratie."
    Harsche Töne aus dem radikalen Lager
    Scharf weist Alexis Tsipras Äußerungen zurück, in denen bereits über einen Ausstieg Griechenlands aus dem Euro spekuliert wurde. Man könne Griechenland nicht so einfach rausschmeißen, kontert er dann. Harsche Töne, die in diesen Tagen auch vom anderen radikalen politischen Lager zu hören sind. Auch die rechtspopulistische Partei "Unabhängige Griechen" mit ihrem Vorsitzenden Panos Kamenos will sich nicht länger dem Spardiktat der internationalen Geldgeber und vor allem nicht dem der Deutschen unterwerfen:
    "Demokratische Verfahrensweisen werden fortgesetzt, um diese Regierung zu ersetzen und eine Befreiung des Landes aus fremder Besatzung durch Berlin und die Europäische Zentralbank zu erreichen."
    Für Verwirrung sorgte vor dem dritten Wahlgang noch die neonazistische "Goldene Morgenröte". Die griechische Partei wollte sich offenbar als "Präsidentenmacher" präsentieren und dem Kandidaten Stavros Dimas nun doch ihre Stimme geben. Der lehnte jedoch ab.